Arbeitsgenehmigungspflicht-EU Ausländer Minijob Bußgeld Ordnungswidrigkeit (OWi) Hauptzollamt
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Arbeitsgenehmigung-EU
Ein Betriebsinhaber, der heute einen kroatischen Staatsangehörigen ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung beschäftigt, muss mit einem Bußgeld von bis zu € 500.000,00 rechnen, vgl. § 404 Abs. 2, Nr. 3 in Verbindung mit § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III.
Grundsätzlich benötigen die Staatsangehörigen der EU-Mitgliedsstaaten keine Arbeitsgenehmigung, wenn sie in Deutschland arbeiten. Eine Ausnahme stellen kroatische Arbeitnehmer deutscher Betriebe dar. Denn sie werden noch bis zum 30. Juni 2015, längstens bis zum 30. Juni 2020, eine Arbeitsgenehmigung-EU benötigen.
Ein Arbeitgeber, der einen kroatischen Staatsangehörigen ohne Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit in seinem Betrieb beschäftigt, begeht grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit. Der Arbeitgeber muss vor Aufnahme der jeweiligen Beschäftigung für das Vorliegen einer Arbeitsgenehmigung sorgen, indem er entsprechende Anträge bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Agentur für Arbeit oder der Minijob-Zentrale stellt. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht vorsätzlich oder fahrlässig ohne Genehmigung beschäftigt. Dies sind die höchst seltenen Fälle, in denen der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer über dessen Nationalität getäuscht wird; der Arbeitgeber meldet den Arbeitnehmer dann nicht mit dem korrekten Status bei der Sozialversicherung an. Kann die für die Festsetzung der Bußgelder in solchen Angelegenheiten zuständige Zollbehörde dem Arbeitgeber Vorsatz oder Fahrlässigkeit nachweisen, so ist das Bußgeld verwirkt. Ein Arbeitgeber, der einen EU-Ausländer ohne die erforderliche Arbeitsgenehmigung-EU beschäftigt, hat damit zu rechnen, dass er eine Geldbuße von bis zu € 500.000,00 zahlen muss. Das Bußgeld fällt übrigens auch an, wenn die Meldepflicht zur Sozialversicherung beachtet wird, der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aus Kroatien also zur Sozialversicherung anmeldet, aber das Erfordernis der Arbeitsgenehmigung-EU nicht beachtet.
Der hier beschriebene Bußgeldtatbestand galt bis vor Kurzem für die Unionsbürger aus Bulgarien und Rumänien sowie deren Familienangehörige. Diese durften in Deutschland bis zum 31. Dezember 2013 nicht ohne eine Arbeitsgenehmigung-EU in Deutschland arbeiten. Seit dem 01. Januar 2014 haben Bulgaren, Rumänen und deren Familienangehörige jedoch freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Nun dürfen sie erlaubnisfrei in Deutschland arbeiten.
Ab dem 01. Januar 2014 gilt für Bulgaren, Rumänen und deren Familienangehörige ein Zustand, der ab dem 01. Juli 2015 (evtl. ab dem 01. Juli 2020) auch für Kroaten gelten wird. Dann werden sie alle genehmigungsfrei Beschäftigungen in Deutschland ausüben dürfen.
Nehmen wir an, ein deutscher Unternehmer hat in 2013 einen bulgarischen oder rumänischen Staatsangehörigen ohne erforderliche Genehmigung beschäftigt. Nehmen wir weiter an, das für seinen Betriebssitz zuständige Hauptzollamt ermittelt schon seit 2013 gegen ihn und ist bestrebt, ein Bußgeld gegen ihn zu verhängen. Ab dem 01. Januar 2014 gilt aber eine neue Rechtslage, nach der die Beschäftigung des Arbeitnehmers genehmigungsfrei ist und die genehmigungsfreie Beschäftigung deshalb auch aus heutiger Sicht nicht bußgeldbewehrt ist. Solche Fälle kommen in der Praxis vor.
Und dieser bzw. ein ähnlicher Fall wird auch in Zukunft Relevanz haben. Denn der Fall betreffend den Arbeitgeber, der heute einen Kroaten ohne eine Arbeitsgenehmigung-EU in seinem Betrieb beschäftigt und gegen den heute oder demnächst Ermittlungen aufgenommen werden und in dessen Bußgeldverfahren die Behörde erst im Juli 2015 oder 2020 eine Entscheidung treffen wird, wird ebenso zu lösen sein wie der vorbeschriebene Fall.
Bußgelder, die die Behörde vor Änderung der Gesetzeslage verhängt hat, die nach Änderung der Gesetzeslage aber noch nicht rechtskräftig sind, stellen hier ein Problem dar. Die Behörden sind bestrebt, die Bußgeldbescheide durchzusetzen. Die Unternehmer berufen sich auf die Gesetzeslage. Nach § 4 Abs. 3 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ist das „mildeste“ Gesetz anzuwenden, wenn das Gesetz, das bei Beendigung der Tat noch galt, vor der Entscheidung in der Sache geändert worden ist. Dann greift also das so genannte Meistbegünstigungsprinzip. Vorliegend gibt es nur ein Gesetz, das zu betrachten ist, und zwar die jeweils alte sowie die jeweils neue Version des § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III. Das mildere Gesetz ist dann in diesen Fällen die jeweils neue Version des § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III. Nach geänderter Gesetzeslage verwirklicht der Unternehmer in jedem der genannten Fälle keinen Bußgeldtatbestand im Sinne des § 404 Abs. 2, Nr. 3 SGB III. Damit ist die jeweils geänderte Gesetzeslage anzuwenden, weil sie die günstigere ist. Und die Behörde darf kein Bußgeld erhängen. Die Verfahren sind einzustellen.
Auch unter Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang viel diskutierten Zeitgesetze ergibt sich kein anderes Ergebnis. Zeitgesetze sind von vornherein zeitlich konkret befristet. § 4 Abs. 4 S. 1 OWiG regelt, dass ein solches Gesetz auch dann auf Handlungen, die während der Geltung des Gesetzes begangen wurden, angewendet werden soll, wenn das Gesetz schon längst außer Kraft ist. Zunächst ist jedoch der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 404 Abs. 2, Nr. 3 SGB III, der auf § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III verweist, kein Zeitgesetz. § 404 Abs. 2, Nr. 3 SGB III normiert lediglich, dass derjenige ordnungswidrig handelt, der entgegen § 284 Abs. 1 S. 1 SGB III (oder entgegen einer anderen Norm aus dem Aufenthaltsgesetz) vorsätzlich oder fahrlässig einen Ausländer beschäftigt. Aus dem Wortlaut des § 404 Abs. 2, Nr. 3 SGB III ergibt sich demnach weder ein Zeitpunkt noch ein Ereignis, mit dem die Norm außer Kraft treten würde. Auch aus dem Zweck der Norm ergibt sich keine konkrete zeitliche Beschränkung. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit mag in Europa ein hehrer Grundsatz sein. Die wenigen normierten Ausnahmen von dem Grundsatz sind allerdings nicht von vornherein konkret zeitlich befristet.
Und selbst wenn die Norm nun doch ein Zeitgesetz wäre, so wäre dennoch das Meistbegünstigungsprinzip anwendbar. Eine Auslegung des § 4 Abs. 4 S. 1 OWiG, wonach das Meistbegünstigungsprinzip auf einen Altfall nicht anwendbar sein sollte, weil ein Zeitgesetz vorliegt, wäre eine Auslegung, die über den Wortlaut des Gesetzes hinausginge. Und Auslegungen von Straf- oder Bußgeldtatbeständen, die über den Wortlaut hinausgehen, sind durch die Verfassung verwehrt. Hier gilt das Bestimmtheitsgebot für Straf- und Bußgeldvorschriften.
Ausnahmsweise erspart die Gesetzgebung dem Arbeitgeber die sehr teuren Rechtsfolgen nicht eingeholter Genehmigungen der Bundesagentur für Arbeit.
Alexander J. Fischer
Rechtsanwalt
-Fachanwalt für Steuerrecht-
Kanzlei Rechtsanwalt Alexander J. Fischer, Wuppertal
mehr Informationen auf: www.af-rechtsanwalt.de
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