Auswirkungen und Folgen der Mehrwertsteuersenkung auf Bauverträge

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Am 03.06.2020 wurde seitens der Bundesregierung als flankierende Maßnahmen zur Vorbeugung wirtschaftlicher Ausfälle infolge der Corona-Pandemie die Senkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 16% befristet für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 beschlossen. Was bedeutet das aber nun für bestehende Bauverträge und Immobilienverträge?

1. Grundsatz

Es gilt: Für die Frage, welcher Mehrwertsteuersatz für die Zahlung von Rechnungen gilt, ist in Bauangelegenheiten immer der Zeitpunkt der Erbringung der Leistung relevant. Bei einem Bauvertrag ist die Leistung dann erbracht, wenn sie nach Fertigstellung von dem Auftraggeber / Bauherren abgenommen wird. Die Abnahme ist somit in aller Regel der für die „Bewirkung“ der Leistung maßgebliche Zeitpunkt. Das bedeutet, wenn am 01.07.2020 ein Bauvertrag unterschrieben wurde, 16% Mehrwertsteuer im Kaufpreis enthalten sind. Wird die Leistung aber erst 2021 erbracht und die Mehrwertsteuer bis dahin wieder auf 19% angehoben, so gilt der Zeitpunkt der Leistung im Jahr 2021, und somit muss dann wieder 19% Mehrwertsteuer gezahlt werden.

Das gilt auch für die Leistung eines Architekten. Diese werden ebenfalls dem Werkvertragsrecht angesiedelt, so dass die oben genannten Grundsätze auch bei deren Leistungen gelten.

 

2. Was gilt bei Abschlagszahlungen?

Wurde bspw. eine Bauleistung aus dem Jahr 2019 erst im Juli 2020 vollendet und wurden auf diese Leistung bereits Abschlagszahlungen geleistet, gilt für die Schlussrechnung, wenn diese im Zeitraum der verminderten Mehrwertsteuer gestellt wurde, das für die gesamte erbrachte Leistung der Umsatzsteuersatz von 16% gilt. Es müssen dann nachträglich auch die zuvor mit 19% per Abschlag abgerechneten Leistungsanteile in der Schlussrechnung mit 16% angesetzt werden. Insofern kann es zu einer Verminderung des Zahlbetrages kommen. Der abgesenkte Mehrwertsteuersatz ist anzuwenden. Die Schlussrechnung muss dann detailliert aufführen, wann welche Abschläge mit welchem MwSt.-Satz geleistet wurden. Dies ist natürlich ein enormer Verwaltungsaufwand für den Unternehmer, den dieser jedoch auf sich nehmen muss, um nicht steuerrechtliche Konsequenzen drohen zu müssen.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Leistung bereits vor Juli 2020 ausgeführt wurde und damit vollständig erbracht ist, jedoch die Rechnungsstellung erst nach dem 01.07.2020 erfolgt. Dann richtet sich der Mehrwertsteuersatz nach dem Zeitpunkt der Vollendung der erbrachten Leistung, d.h. es sind dann noch 19% anzusetzen. Die Erbringung der Leistung muss in diesem Fall ggf. vom Unternehmer bewiesen werden muss, wenn es hier zu Problemen kommen sollte.

Im umgekehrten Fall, wenn man also zwischen dem 01.07.2020 und 31.12.2020 eine Abschlagszahlung mit 16% Mehrwertsteuer versieht und die Werkleistung nach dem 31.12.2020 vollendet wird, kann sich mit der Schlussrechnung und dem Schlussrechnungsbetrag von 19% eine Nachzahlung für den Bauherren ergeben.

 

3.  Vereinbarung eines Pauschalpreises

Ist vertraglich ein Pauschalpreis ohne Mehrwertsteuer vereinbart, ist auf diesen Betrag die Mehrwertsteuer anzusetzen, die zum aktuellen Stand galt. Es bleibt dann beim Bruttobetrag incl. MwSt. Änderungen wirken sich auf die Höhe des Preises nicht aus.

 

4. Sollte man auf eine Abnahme drängen?

Die Frage die sich stellt ist, ob Bauherren auf eine Abnahme bis Ende des Jahres 2020 drängen sollten, um sich den niedrigeren Mehrwertsteuersatz zu sichern. Das kann nicht empfohlen werden. Dies birgt die Gefahr, das Leistungen zu früh abgenommen werden, obwohl diese noch nicht fertig sind und Mängel aufweisen. Es ist davon abzuraten, Bauzeitenpläne so zu straffen, um Beschleunigungen und hohen Zeitdruck auszuüben.

Anzudenken ist, einen bestehenden Vertrag derart aufzuspalten, indem Teilleistungen aufgespalten werden und Teilabnahmen von Gewerken und Leistungen erfolgen. Das Problem ist, dass für die abgenommene Teilleistung das Mängelrisiko in der Bauphase auf den Bauherren übergeht und die Gewährleistungsfristen für diese Teilleistung an zu laufen beginnen, obwohl die Teilleistung möglicherweise noch im Zusammenhang mit anderen Gewerken stehen kann. Auch bedeutet dies für den Bauherren eine Vielzahl an unterschiedlich ablaufenden Gewährleistungsfristen.

 

5. Was gilt bei Bauträgerverträgen?

Gegenstand des Bauträgervertrages ist nicht nur der Verkauf eines Grundstücks, sondern auch die Verpflichtung, darauf ein Bauwerk zu errichten. Diese Verträge bleiben im Grundsatz außen vor. Nach § 4 Nr. 9a UstG werden diese Geschäfte steuerlich als Grundstücksgeschäfte bewertet, die nicht mehrwertsteuerpflichtig sind. Dafür zahlt der Käufer bei einem Bauträgervertrag auf Grundstück und Haus/Wohnung die Grunderwerbsteuer.

Jedoch ist die Umsatzsteuer für den Bauträger eine Kalkulationsgröße, weil die von ihm an die am Bau beteiligten Unternehmen zu zahlenden Werklöhne umsatzsteuerpflichtig sind. Erhöht sich mithin die Umsatzsteuer, kann der Bauträger einerseits den mit den Erwerbern vereinbarten Preis nicht erhöhen. Auf der anderen Seite muss er den beauftragten Unternehmern den um die Mehrwertsteuererhöhung erhöhten Werklohn bezahlen. Dieser Widerspruch lässt sich gesetzlich nicht durch sog. Ausgleichszahlungen oder Ersatzansprüche des Bauträgers ausgleichen.

Allerdings kann der Bauträger in dem Vertrag in Grenzen regeln, dass er die mit dem Käufer vereinbarten Raten nach MaBV und damit den Gesamtpreis anpassen kann, wenn er durch eine Mehrwertsteuererhöhung höhere Kosten gegenüber seinen Nachunternehmern hat. Der Anwendung einer solchen Klausel sind aber enge Grenzen gesetzt. Der Bauträger muss in diesem Fall u.a. den tatsächlichen Mehraufwand auch nachweisen können und die erste Rate, die sogenannte Grundstücksrate, muss von der Preisanpassung ausgenommen sein . Da auf das Grundstück keine Umsatzsteuer anfällt und die in der ersten Rate enthaltenen Planungsleistungen bei Vertragsabschluss meist schon erbracht und zum alten Umsatzsteuersatz in Rechnung gestellt sind, bleibt die Höhe der 1. Rate bei Mehrwertsteueränderungen unverändert.

 

6. Hat der Bauherr Schadensersatzansprüche bei Verzögerung der Leistung?

Folgender Fall: Die Abnahme verzögert sich und kann deshalb nicht mehr bis Ende des Jahres 2020 erfolgen, sondern erst 2021.

Hat der Unternehmer einen Zeitverzug zu verantworten, kann dadurch der vereinbarte Fertigstellungstermin nicht mehr realisiert werden. Der Unternehmern hat dann den Verzugsschaden auszugleichen. Dieser besteht darin, dass der Bauherr nunmehr auf die erbrachte Werkleistung den erhöhten Mehrwertsteuersatz zu zahlen hat. Hierfür haftet der Auftragnehmer, weil es sich um einen Verzugsschaden handelt. Im Ergebnis hat somit der Bauherr an den Auftragnehmer nur Mehrwertsteuer in Höhe von 16% zu entrichten, während der Auftragnehmer Umsatzsteuer in Höhe von 19% an das Finanzamt abführen muss.



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