Vorkaufsrecht der Gemeinde: Wann es besteht und welche Folgen es für (Ver)Käufer hat
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Das Vorkaufsrecht der Gemeinde ermöglicht es dieser, bei Verkauf eines bebauten oder unbebauten Grundstücks unter bestimmten Bedingungen an die Stelle des Käufers zu treten. Dies setzt jedoch ein öffentliches Interesse voraus. Beide Vertragsparteien behalten bis zur Ausübung des Rechts die Möglichkeit, den Vertrag zu ändern oder sogar vom Kauf zurückzutreten. Wichtig ist die Beachtung der Dreimonatsfrist für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde. Ein Negativzeugnis ist erforderlich, um den neuen Eigentümer ins Grundbuch eintragen zu lassen, falls die Gemeinde kein Interesse am Kauf zeigt. In bestimmten Fällen, wie beim Verkauf an nahe Verwandte oder bei Nutzung des Grundstücks gemäß den städtebaulichen Zielen, besteht kein Vorkaufsrecht. Eine Abwendungsvereinbarung kann das Vorkaufsrecht der Gemeinde außer Kraft setzen. Ein erfahrener Anwalt kann helfen, Fristen einzuhalten und das Vorkaufsrecht effektiv anzufechten oder abzuwenden.
Der Kauf oder Verkauf eines Hauses ist für die meisten mit dem Termin beim Notar und der Unterzeichnung des Kaufvertrages abgeschlossen. Dem Glück im neuen Eigenheim oder dem erfolgreichen Verkauf steht scheinbar nichts mehr im Wege. Doch eines kann den Deal noch zum Scheitern bringen – zum Leidwesen des Käufers und manchmal auch zum finanziellen Nachteil des Verkäufers: das Vorkaufsrecht der Gemeinde.
Ob Sie Eigentümer sind oder auf der Suche nach Ihrer Traumimmobilie: Dieser Ratgeber bietet Ihnen wichtige Informationen zum Vorkaufsrecht der Gemeinde. Lesen Sie, unter welchen Voraussetzungen Kommunen ihr Vorkaufsrecht ausüben können, welche Rechte Käufer und Verkäufer in diesem Fall haben und wie Sie das Vorkaufsrecht unter Umständen noch abwenden können.
Was ist das Vorkaufsrecht der Gemeinde?
Wird zwischen dem Käufer und dem Verkäufer eines bebauten oder unbebauten Grundstücks ein Kaufvertrag geschlossen, so hat die Gemeinde in bestimmten Fällen das Recht, durch einseitige Erklärung in den bereits geschlossenen Kaufvertrag einzutreten und das Grundstück anstelle des Käufers zu erwerben. Der Kaufvertrag, wie er zuvor zwischen Verkäufer und Käufer geschlossen wurde, gilt dann auch für die Gemeinde. Damit muss die Gemeinde grundsätzlich auch den vereinbarten Kaufpreis zahlen, sodass der Verkäufer durch das Vorkaufsrecht finanziell nicht benachteiligt wird.
Auch wenn die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen will, haben beide Vertragsparteien bis zur wirksamen Ausübung das Recht, den Vertrag noch zu ändern. Der Verkäufer kann auch vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausübt.
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Hat die Gemeinde immer ein Vorkaufsrecht?
Da das gemeindliche Vorkaufrecht in die Vertragsfreiheit eingreift – also in die Freiheit, darüber zu entscheiden, ob, mit wem und mit welchem Inhalt man einen Vertrag abschließen will –, darf die Gemeinde von diesem Recht nur unter engen Voraussetzungen Gebrauch machen. Das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinden ist in den §§ 24–28 Baugesetzbuch (BauGB) geregelt.
Die Gemeinden dürfen das Vorkaufsrecht nur ausüben, wenn dies dem Wohl der Allgemeinheit dient. Es muss ein öffentliches Interesse vorliegen, das die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt. Das gemeindliche Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken besteht zudem nur in ganz bestimmten Fällen, die in § 24 Abs. 1 aufgeführt sind. Dazu gehört unter anderem der Erwerb von Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, für die eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist, sowie von Flächen, die für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen bestimmt sind. Das Vorkaufsrecht gilt auch in Gebieten, die aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht bebaut werden dürfen, oder in Gebieten mit städtebaulichen Missständen, die zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld führen.
Ob die Gemeinde das Vorkaufsrecht für ein Grundstück hat, lässt sich durch Einsicht in die Gemeindesatzung in Erfahrung bringen. In der Regel erfahren Käufer und Verkäufer jedoch erst vom Notar, der den Kaufvertrag beurkundet, ob ein Vorkaufsrecht besteht und ob die Gemeinde davon Gebrauch machen will. Im Rahmen der Beurkundung des Kaufvertrags informiert der Notar die Gemeinde über den geplanten Verkauf und stellt gleichzeitig eine sogenannte Vorkaufsrechtsanfrage. Dazu übersendet er der Gemeinde alle erforderlichen Angaben – Bezeichnung des Grundstücks mit Gemarkung, Flurnummer, Straße, Angaben zu Käufer und Verkäufer, Kaufpreis – sowie eine Abschrift des Kaufvertrags.
Wozu braucht man ein Negativzeugnis?
Wenn die Gemeinde kein Interesse am Erwerb des Grundstücks hat oder kein Vorkaufsrecht an dem Grundstück besteht, muss sie darüber unverzüglich ein Negativzeugnis (den Negativbescheid) erteilen. In der Regel beantragt der Notar bei der Gemeinde die Ausstellung des Negativzeugnisses. Das Vorliegen dieses Negativzeugnisses ist Voraussetzung dafür, dass der Käufer eines Grundstücks als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Für das Zeugnis ist eine Gebühr zu entrichten, die sich nach der Verwaltungsgebührensatzung der jeweiligen Gemeinde richtet.
Vorkaufsrecht der Gemeinde: Fristen
Die Gemeinde muss innerhalb von drei Monaten schriftlich mitteilen, dass sie ihr Vorkaufsrecht ausüben will. Die Frist beginnt, sobald der Gemeinde der Kaufvertrag über das Grundstück vorliegt. Macht die Gemeinde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, so ist sie berechtigt, den Kaufpreis nach dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Kaufs zu bestimmen, wenn der ursprünglich zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarte Preis den Verkehrswert in erkennbarer Weise deutlich übersteigt. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, diesen Kaufpreis zu akzeptieren, sondern kann innerhalb eines Monats, nachdem er das Angebot der Gemeinde erhalten hat, vom Vertrag zurücktreten. Die bis dahin angefallenen Vertragskosten trägt in diesem Fall die Gemeinde.
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Wann besteht kein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht der Gemeinde besteht nur beim Verkauf von bebauten und unbebauten Grundstücken. Wenn Sie also eine Eigentumswohnung verkaufen wollen, müssen Sie nicht befürchten, dass die Gemeinde ihr Veto einlegt. Das Vorkaufsrecht ist nur relevant, wenn ein Kaufvertrag vorliegt, es gilt also nicht bei:
Schenkungen
Tauschverträgen
Auseinandersetzungen (Vermögensaufteilung bei Auflösung einer Erbengemeinschaft oder bei Scheidung)
treuhänderischen Übertragungen
der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft
Kommunen dürfen ihr Vorkaufsrecht auch nicht ausüben, wenn
der Eigentümer an seinen Ehepartner oder an eine Person verkauft, mit der er verwandt oder verschwägert ist.
ein öffentlicher Träger (Bundespolizei, Zollverwaltung etc.) das Grundstück kauft oder Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts das Grundstück für Zwecke des Gottesdienstes oder der Seelsorge erwerben.
das Grundstück bereits entsprechend dem Bebauungsplan und den städtebaulichen Zielen genutzt wird und keine baulichen Missstände vorliegen.
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Warum hat die Gemeinde ein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht soll helfen, die Bauleitplanung und die städtebaulichen Ziele umzusetzen, indem sich die Gemeinde bestimmte Grundstücke sichern kann, bevor sie an Dritte verkauft werden. Andererseits ist das Vorkaufsrecht als Enteignung durch die Hintertür sehr umstritten. In der Vergangenheit haben Gemeinden – insbesondere in Großstädten mit knappen Wohnraum – immer wieder von ihrem Vorkaufsrecht zum Zwecke des Milieuschutzes Gebrauch gemacht, um zu verhindern, dass Immobilienunternehmen oder Investoren die Grundstücke erwerben, sanieren und die Wohneinheiten anschließend deutlich teurer vermieten oder als Eigentumswohnungen verkaufen.
Manchmal sind die Gemeinden aber nicht bereit, den ursprünglich zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, sondern nur einen deutlich geringeren Betrag. Die Gemeinden orientieren sich dabei am sogenannten Verkehrswert des Grundstücks. Dieses Vorgehen steht jedoch in der Kritik, da sich die Kommunen auf diese Weise Grundstücke zu Preisen sichern, die deutlich unter dem Marktniveau liegen.
Ein umstrittenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (09.11.2021, Az.: 4 C 1.20) hat dieser Praxis jedoch einen Riegel vorgeschoben. Kommunen dürfen ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben, nur weil sie befürchten, dass der Käufer Altbewohner durch Sanierung und steigende Mieten verdrängt. Der Milieuschutz als Grund für das Vorkaufsrecht reicht also nicht aus, insbesondere dann nicht, wenn das Grundstück entsprechend den städtebaulichen Zielen genutzt wird.
Vorkaufsrecht der Gemeinde abwenden
Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde kann unwirksam sein, wenn kein Interesse der Allgemeinheit vorliegt, das die Entscheidung rechtfertigt, oder wenn das Vorkaufsrecht durch ein nicht zuständiges Gemeindeorgan ausgeübt wird. In jedem Fall haben Käufer und Verkäufer das Recht, das Vorkaufsrecht durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung anzufechten. Kommunen haben drei Möglichkeiten, auf einen solchen Antrag zu reagieren:
Die Gemeinde kann auf ihr Vorkaufsrecht verzichten und es nicht ausüben.
Die Gemeinde kann ihre Entscheidung korrigieren, indem sie sich beispielsweise bereit erklärt, den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Die Gemeinde bleibt bei ihrer Entscheidung, das Vorkaufsrecht auszuüben.
Im letzteren Fall muss die Gemeinde durch entsprechende Unterlagen nachweisen, dass das Vorkaufsrecht besteht und ausgeübt werden darf. Das Gericht prüft dann, ob die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausüben durfte und ob der von ihr festgesetzte Kaufpreis angemessen ist, sofern er von dem zwischen dem ursprünglichen Käufer und dem Verkäufer vereinbarten Kaufpreis abweicht.
Was ist eine Abwendungsvereinbarung?
Teilt die Gemeinde schriftlich mit, dass sie ihr Vorkaufsrecht ausüben wird, kann der Käufer dies unter Umständen noch durch eine Abwendungsvereinbarung verhindern. Das ist jedoch nur innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluss der Gemeinde möglich. In der Abwendungsvereinbarung verpflichtet sich der Käufer,
das Grundstück innerhalb einer angemessenen Frist entsprechend den baurechtlichen Vorschriften beziehungsweise den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen zu nutzen.
Missstände oder bauliche Mängel auf dem Grundstück innerhalb einer angemessenen Frist zu beseitigen.
Mit einer Abwendungsvereinbarung kann die Gemeinde also sicherstellen, dass das Grundstück der vorgesehenen Nutzung zugeführt wird, ohne das Vorkaufsrecht ausüben zu müssen.
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(THH)
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