Barrierefreiheitserklärung – Pflicht, Inhalt & Muster 2025
- 5 Minuten Lesezeit
Was ist eine Barrierefreiheitserklärung?
Die Barrierefreiheitserklärung ist ein zentrales Element der digitalen Barrierefreiheit in Deutschland und der Europäischen Union. Sie beschreibt in strukturierter Form, wie barrierefrei eine Website oder mobile Anwendung gestaltet ist – also inwiefern sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Diese Erklärung ist für viele Organisationen nicht nur empfehlenswert, sondern gesetzlich vorgeschrieben.
Unsere Spezialisten für IT-Recht beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die Barrierefreiheitserklärung und das BFSG:
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz BFSG: Ein umfassender Überblick vom Anwalt
Zweck und Zielsetzung
Ziel der Barrierefreiheitserklärung ist es, Transparenz zu schaffen. Besucherinnen und Besucher mit Einschränkungen – etwa beim Sehen, Hören oder bei der Mobilität – sollen wissen, ob und wie sie digitale Angebote uneingeschränkt nutzen können. Zudem ermöglicht sie Feedback durch betroffene Nutzer, was zur kontinuierlichen Verbesserung beiträgt.
Rechtlicher Hintergrund in Deutschland und der EU
Die Verpflichtung zur Barrierefreiheitserklärung basiert auf mehreren Gesetzen und Richtlinien, die für unterschiedliche Organisationstypen gelten.
Überblick über die wichtigsten Regelungen:
Gesetz | Geltungsbereich | Gültigkeit |
---|---|---|
EU-Richtlinie 2016/2102 | Öffentliche Stellen in der EU | seit 2018 |
BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) | Öffentliche Einrichtungen in Deutschland | seit 2019 |
BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) | Wirtschaftsakteure (ab 2025) | ab Juni 2025 |
Geltungsbereich der Vorschriften
Diese Vorschriften gelten vor allem für:
Öffentliche Einrichtungen wie Behörden, Schulen, Krankenhäuser
Unternehmen mit öffentlichen Aufträgen
Private Unternehmen (teilweise ab 2025)
Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Stellen
Während öffentliche Stellen bereits seit Jahren verpflichtet sind, eine Barrierefreiheitserklärung zu veröffentlichen, gelten diese Pflichten für private Unternehmen erst mit dem Inkrafttreten des BFSG im Jahr 2025 – und auch dann nur für bestimmte Dienstleistungen.
Inhalte einer Barrierefreiheitserklärung
Die Erklärung muss strukturiert und transparent sein. Die EU gibt in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1523 genaue Vorgaben zum Inhalt.
Technische Barrierefreiheit
Hier wird beschrieben, auf welchen technischen Standards (z. B. WCAG 2.1) die Website basiert und in welchem Maße diese erfüllt werden. Die Einhaltung dieser Standards ist das Herzstück der Erklärung.
Stand der Vereinbarkeit
Ein Abschnitt bewertet, wie konform das digitale Angebot mit den geltenden Anforderungen ist – vollständig, teilweise oder nicht konform. Auch bekannte Mängel werden dort aufgeführt.
Barriere melden – Feedbackmechanismus
Ein Pflichtbestandteil ist der Feedbackmechanismus: Nutzer sollen einfache Möglichkeiten haben, Barrieren zu melden – z. B. per Kontaktformular oder E-Mail. Ebenso müssen Informationen zum Schlichtungsverfahren enthalten sein.
Gestaltung und Struktur – So sieht eine gute Erklärung aus
Sprache und Verständlichkeit
Ideal ist die Nutzung von einfacher Sprache, damit möglichst viele Menschen die Inhalte verstehen. Auch Übersetzungen in Gebärdensprache oder leichter Sprache sind empfehlenswert.
Formatierung und Positionierung auf der Website
Die Erklärung sollte leicht auffindbar und direkt auf der Startseite oder im Footer verlinkt sein. Sie muss als eigenständige Seite verfügbar sein und barrierefrei lesbar sein.
Häufige Fehler und wie man sie vermeidet
Fehlender oder unvollständiger Feedbackmechanismus
Veraltete Informationen zum Stand der Barrierefreiheit
Zu technische Sprache ohne Erläuterungen
Schlechte Auffindbarkeit auf der Website
Tipp: Eine regelmäßige Prüfung und einfache Sprache erhöhen die Verständlichkeit deutlich.
Barrierefreiheitserklärung regelmäßig aktualisieren
Die Erklärung sollte mindestens einmal pro Jahr überprüft und aktualisiert werden – insbesondere nach größeren Änderungen an der Website oder nach einer technischen Prüfung.
Barrierefreiheit prüfen – Tools und Hilfe
Diese Tools helfen, die Barrierefreiheit zu prüfen:
WAVE Web Accessibility Tool
Google Lighthouse
axe DevTools
BITV-Test
Außerdem gibt es Prüfkataloge und Checklisten, etwa vom BFIT-Bund.
Unterstützung durch Agenturen und Dienstleister
Wer unsicher ist, kann sich an Agenturen für digitale Barrierefreiheit wenden. Diese bieten Beratung, Umsetzung und Barrierefreiheitstests aus einer Hand an – oft auch mit rechtssicherer Dokumentation.
FAQs zur Barrierefreiheitserklärung
1. Wer ist verpflichtet, eine Barrierefreiheitserklärung zu veröffentlichen?
✅ Verpflichtet sind:
- Private Unternehmen (wenn nicht gesetzlich ausgenommen wie Kleinstunternehmen)
Behörden des Bundes (z. B. Ministerien, Bundesämter)
Behörden der Länder (z. B. Schulen, Polizei, Landesämter)
Kommunen (z. B. Rathäuser, Stadtverwaltungen)
Andere Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben erfüllen (z. B. Universitäten, Krankenkassen)
📱 Gilt für:
Websites
Mobile Anwendungen (z. B. Apps)
📌 Warum?
Weil sie nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der BITV 2.0 zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet sind.
2. Muss die Barrierefreiheitserklärung in Leichter Sprache verfasst sein?
✅ Was vorgeschrieben ist:
Die Website oder App muss Informationen in Leichter Sprache anbieten – nicht die ganze Erklärung, sondern:
Kurze Erläuterung des Inhalts der Barrierefreiheitserklärung in Leichter Sprache
Hinweis auf den Feedbackmechanismus (wie man Barrieren melden kann) in Leichter Sprache
Zusätzlich auch in Gebärdensprache (Video mit Gebärdensprachdolmetscher), das denselben Inhalt kurz erklärt.
Diese Anforderungen stehen so in der BITV 2.0, § 4 Absatz 2.
🔍 Beispielhafte Struktur:
Normale Barrierefreiheitserklärung (technisch/juristisch)
Darunter oder separat:
🧩 Abschnitt in Leichter Sprache: z. B. „Was ist Barrierefreiheit?“ „Was macht diese Erklärung?“
🎥 Gebärdensprachvideo mit denselben Infos
3. Wie oft muss ich die Barrierefreiheitserklärung aktualisieren?
📅 Pflicht zur Aktualisierung – wann genau?
Mindestens einmal pro Jahr
Um sicherzustellen, dass die Informationen aktuell und korrekt sind.
Zusätzlich bei Änderungen, z. B.:
Wenn neue Funktionen auf der Website/App dazukommen
Wenn sich der Stand der Barrierefreiheit ändert (z. B. durch neue Tests oder Verbesserungen)
Wenn sich der Feedbackprozess oder die Kontaktstelle ändert
Wenn neue gesetzliche Anforderungen hinzukommen
4. Was passiert, wenn ich keine Barrierefreiheitserklärung bereitstelle?
⚠️ Mögliche Folgen:
1. Verstoß gegen gesetzliche Pflichten
In Deutschland ist das in der BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) geregelt.
Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG).
2. Meldung und Durchsetzungsverfahren
Nutzer können Barrieren melden, inklusive fehlender Erklärung.
Wenn keine angemessene Reaktion erfolgt, kann ein Durchsetzungsverfahren eingeleitet werden:
In der Regel über die Durchsetzungsstelle beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder die entsprechenden Landesstellen.
Diese Stelle prüft und fordert ggf. zur Nachbesserung auf.
3. Öffentliche Kritik / Reputationsschaden
Bei öffentlich-rechtlichen Stellen kann das auch politisch oder gesellschaftlich Druck erzeugen.
In manchen Bundesländern werden Barrierefreiheitstests veröffentlicht – dort kann eine fehlende Erklärung sichtbar negativ auffallen.
4. Mögliche Bußgelder oder Sanktionen
Zwar aktuell selten, aber Bußgelder oder andere Sanktionen sind möglich, wenn die Verpflichtung langfristig ignoriert wird.
Auch wettbewerbsrechtliche Abmahnungen sind möglich.
5. Gibt es offizielle Muster oder Vorlagen einer Barrierefreiheitserklärung?
Es gibt zahlreiche Muster von Barrierefreiheitserklärungen. Gerne beraten wir Sie zu einer individuellen Barrierefreiheitserlärung.
6. Wo sollte die Barrierefreiheitserklärung auf der Website platziert werden?
✅ Pflicht: leicht auffindbar, direkt zugänglich
Nach der BITV 2.0 muss die Erklärung:
einfach zu finden
ohne langes Suchen
von jeder Unterseite aus erreichbar sein
🔧 In der Praxis heißt das:
Im Footer (Seitenfuß) der Website – das ist der gängige und empfohlene Ort
Verlinkt als:
🔹 „Barrierefreiheit“
🔹 „Erklärung zur Barrierefreiheit“
🔹 „Barrierefreiheitserklärung“
👉 Der Link sollte nicht irgendwo im Impressum oder unter „Sonstiges“ versteckt sein.
📱 Was ist mit mobilen Anwendungen?
Auch bei Apps gilt:
Die Erklärung muss leicht zugänglich sein – z. B.:
In den App-Einstellungen
Unter „Informationen“ oder „Über diese App“
Als verlinkte Web-Version, wenn die Erklärung auf einer Website gehostet ist
Fazit: Eine Pflicht mit Mehrwert
Die Barrierefreiheitserklärung ist weit mehr als eine rechtliche Pflicht – sie ist ein Zeichen für Inklusion, Transparenz und digitale Verantwortung. Wer sie richtig umsetzt, fördert nicht nur den Zugang für alle, sondern stärkt auch Vertrauen, Usability und SEO der eigenen Website. Unsere Spezialisten für IT-Recht beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die Barrierefreiheitserklärung und das BFSG:
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz BFSG: Ein umfassender Überblick vom Anwalt
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