Darf der Testamentsvollstrecker auch einen Pflichtteilsanspruch des Erblassers einfordern?

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Der Bundesgerichtshof hatte in dritter Instanz darüber zu befinden, ob es zu dem Aufgabengebiet eines Testamentsvollstreckers gehöre, einen Pflichtteilsanspruch, der sich in dem vom Vollstrecker verwalteten Nachlass befand, geltend zu machen. In diesem Zusammenhang geht es um folgende Angelegenheit:

Der Erblasser war am 02.03.2010 verstorben. Er hatte am 15.02.2010 ein Testament errichtet und dort die A als seine Erbin zu ¼ benannt. Gleichzeitig hatte der Erblasser in seinem Testament angeordnet, dass die A seine Testamentsvollstreckerin sein soll. Die Mutter des Erblassers war am 08.08.2008 vorverstorben. Sie hatte ihren Sohn mit Testament vom 25.12.2003 von der Erbfolge ausgeschlossen. Der Sohn hatte in der Folge auch davon Abstand genommen, den ihn für diesen Fall zustehenden Pflichtteilsanspruch bei den Erben seiner Mutter einzufordern. Nach dem Tod des Erblassers übernahm diese Aufgabe aber die Testamtsvollstreckerin und Miterbin des Erblassers. Sie forderte die Erben der im Jahre 2008 verstorbenen Mutter zur Vorbereitung eines bezifferten Pflichtteilsanspruches auf, über den Bestand und den Wert des Nachlasses der Mutter Auskunft zu geben. Die Erben verweigerten die geforderten Informationen. Sie teilten der A mit, dass sie als Testamentsvollstreckerin gar nicht befugt sei, einen im Nachlass befindlichen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen.

Die A erhob sodann in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin Klage gegen die Erben der Mutter. Das Landgericht und in zweiter Instanz auch das Oberlandesgericht gaben der Klage der Testamentsvollstreckerin statt. Auch die von den Erben zum Bundesgerichtshof (BGH) eingelegte Revision blieb erfolglos.

In der Begründung seiner Entscheidung wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass auch ein im Nachlass befindlicher Pflichtteilsanspruch der Verwaltungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers unterliege, § 2205 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Anderes würde nur dann gelten, wenn der Erblasser der Testamentsvollstreckung einen bestimmten Anspruch ausdrücklich entzogen hätte, wofür im vorliegenden Falle jedoch keine Anhaltspunkte bestünden. Dem Testamentsvollstrecker sei weiter die Geltendmachung höchstpersönlicher Erblasserrechte entzogen, die auch gar nicht vererblich seien. Der Pflichtteilsanspruch sei jedoch gem. § 2317 Abs. 2 BGB vererblich. Auch würde durch die Forderung der Testamentsvollstrecker nicht die Entschließungsfreiheit des Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigt. Der Pflichtteilsberechtigte, also der Erblasser, habe zu Lebzeiten ausreichend Gelegenheit gehabt, sich abschließend mit seiner Pflichtteilsberechtigung auseinanderzusetzen, also etwa auf seinen Anspruch gegenüber seiner Mutter zu verzichten, den Anspruch zu erlassen oder sogar im Testament die Geltendmachung dieses Anspruches aus der Zuständigkeit der Testamentsvollstreckung herauszunehmen. Nachdem dieses nicht der Fall gewesen sei, stand es der Testamentsvollstreckerin frei, den Anspruch zu verfolgen (BGH, Urteil v. 05.11.2014, Az.: IV ZR 104/14).

RA Arno Wolf, Fachanwalt für Erbrecht, Tätigkeitsschwerpunkt Bank- und Kapitalmarktrecht

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