Die Immobilie in der Erbauseinandersetzung

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Wenn mehrere Personen Erben werden und den Nachlass untereinander aufteilen wollen, muss eine „Erbauseinandersetzung“ erfolgen. Hierbei kommt es häufig zu Streit. Vor allem, wenn der Erblasser eine Immobilie hinterlassen hat. Denn Immobilien haben meist einen schwer einschätzbaren Wert. Der zwischen den Erben zu schließende Erbauseinandersetzungsvertrag muss sowohl die rechtlichen als auch die steuerlichen Aspekte der Immobilienaufteilung berücksichtigen.

Häufige Szenarien, in denen eine Immobilie in die Erbauseinandersetzung einbezogen wird, sind:

  • Es liegt kein Testament vor, sodass die gesetzliche Erbfolge in Kraft tritt.
  • Im Testament sind mehrere Erben (Miterben) eingesetzt.
  • Der Erblasser hat keine klare Regelung zur Aufteilung der Immobilie getroffen.

Rechtliche Aspekte bei der Immobilienaufteilung

Erbengemeinschaft

Wenn mehrere Personen eine Immobilie erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Diese Gemeinschaft hat das gemeinsame (End-)Ziel, die Erbschaft aufzuteilen. Bis zur vollständigen Aufteilung des Nachlasses sind alle Mitglieder der Erbengemeinschaft gemeinschaftliche Eigentümer der Immobilie.

Entscheidungen über die Verwaltung, Reparaturen, die Vermietung oder den Verkauf müssen alle Erben gemeinsam treffen. Je nach Art der beabsichtigten Maßnahme sind unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse erforderlich:

  • Ein einzelner Miterbe kann zwingend notwendige Maßnahmen (Gefahrenabwehr) zur Erhaltung der Immobilie erforderlichenfalls alleine treffen.
  • Eine Stimmenmehrheit (gemäß Erbquoten) ist für Maßnahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich.
  • Eine Einstimmigkeit ist für die Veräußerung / Beleihung der Immobilie notwendig.
  • Die Kosten der Immobilie sind grundsätzlich von allen Miterben entsprechend der jeweiligen Erbquote zu tragen.

Je länger die Erbengemeinschaft besteht, desto mehr Probleme entstehen, da Verwaltung und Kostentragung sehr streitträchtige Punkte sind. Deswegen sollte möglichst zeitnah eine Lösung geschaffen werden. Ansonsten kann es auch aufgrund von weiteren Erbfällen geschehen, dass die Erbengemeinschaft nicht mehr handlungsfähig ist und das Objekt faktisch unverkäuflich wird.

Die Aufteilung der Immobilie

Die Aufteilung einer Immobilie kann auf verschiedene Weisen erfolgen:

  • Gemeinschaftlicher Verkauf der Immobilie
    • Die Immobilie wird von der Erbengemeinschaft mit Zustimmung aller Erben verkauft.
    • Der Erlös wird unter den Erben entsprechend ihren Erbanteilen aufgeteilt.
    • Dies kann eine schnelle und unkomplizierte Lösung sein, aber der Marktwert muss von den Beteiligten realistisch eingeschätzt werden, um Einigkeit über den gemeinsamen Verkauf zu erzielen.
  • Teilungsversteigerung
    • Wenn sich die Erben nicht auf einen Verkauf einigen können, kann jeder Erbe bei Gericht die Teilungsversteigerung der gesamten Immobilie beantragen.
    • Die Immobilie wird öffentlich versteigert und der Erlös wird zwischen den Erben aufgeteilt.
    • Dies kann jedoch zu einem geringeren Erlös führen, zumal das Verfahren der Teilungsversteigerung zeitaufwändig und kostenintensiv ist.
  • Übernahme durch einen Erben
    • Ein einzelner Erbe kann die Immobilie mit Zustimmung aller Erben übernehmen.
    • In den meisten Fällen muss dann der eine Erbe die anderen auszahlen.
    • Hierfür fehlen diesem Erben jedoch oftmals die finanziellen Mittel.
  • Aufteilung in Natur
    • Dies ist nur möglich, wenn die Immobilie tatsächlich teilbar ist, wie z.B. bei einem Mehrfamilienhaus oder Grundstücken, die in mehrere Wohneinheiten / Parzellen geteilt werden können.
    • In der Praxis können jedoch die meisten Immobilien nicht so einfach in mehrere gleichwertigen Teile aufgeteilt werden.
    • Hierfür ist die Zustimmung aller Erben erforderlich.

Zu Beginn sollten die Erben miteinander sprechen und entscheiden, welche Möglichkeit konkret in Betracht kommt. Sofern ein Miterbe das Interesse hat, die Immobilie zu verkaufen, sich aber keine Einigung abzeichnet, kann es sinnvoll sein, zügig die ersten Schritte einer Teilungsversteigerung voranzutreiben. Dies erhöht den Druck auf die übrigen Miterben, an einer Einigung mitzuwirken, um eine öffentliche Versteigerung zu vermeiden.

Steuerliche Aspekte bei der Immobilienaufteilung

Erbschaftsteuer

  • Sofern das Testament die Aufteilung der Immobilie zwischen den Erben der Erbengemeinschaft nicht abweichend regelt, muss jeder Erbe seinen Anteil an der Erbschaft und somit auch an der Immobilie versteuern.
  • Ob eine spätere abweichende Aufteilung der Immobilie auch zu einer rückwirkend anderen Besteuerung führt, hängt von den zwischen den Miterben getroffenen Vereinbarungen ab.
  • Eine zu späte Auseinandersetzung und eine falsche Vertragsgestaltung führen oftmals dazu, dass die abweichende Aufteilung erbschaftsteuerlich nicht berücksichtigt wird.

Schenkungsteuer

Hintergrund dieser erbschaftsteuerlichen Nichtberücksichtigung ist, dass die Erbschaft und die Aufteilung steuerlich grundsätzlich zwei verschiedene Vorgänge darstellen. Dies kann sogar dazu führen, dass zusätzlich zur Erbschaftsteuer auch noch Schenkungsteuer anfällt.

  • Im ersten Schritt (Erbschaft) unterstellt das Finanzamt, dass jedem Miterben ein wertmäßiger Nachlassanteil entsprechend seiner Erbquote zugeflossen ist, der der Erbschaftsteuer unterliegt.
  • Wenn durch Aufteilung der Immobilie ein Miterbe wertmäßig mehr vom Nachlass erhält als ihm gemäß seiner Erbquote zusteht, handelt es sich um eine Schenkung der übrigen Miterben an den von der Aufteilung Begünstigten, was Schenkungsteuer auslösen kann.
  • Gerade zwischen Geschwistern kann dies oftmals zu ungeahnten Überraschungen führen.

Veräußerungsgewinnbesteuerung („Spekulationssteuer“)

  • Je nachdem, wann der Erblasser die Immobilie erworben hat, kann von den Erben im Zuge der Erbauseinandersetzung auch unbewusst erhebliche Einkommensteuer ausgelöst werden.
  • Dies kann insbesondere dann passieren, wenn bei der Erbauseinandersetzung Ausgleichszahlungen erfolgen oder Immobilien getauscht werden.

Hintergrund ist, dass Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien (im Privatvermögen) der Einkommensteuer unterliegen, sofern die Immobilie vor weniger als zehn Jahren angeschafft worden ist.

Beispiel: Der Erblasser kauft 2016 eine Immobilie und im Zuge der Erbauseinandersetzung wird diese Immobilie im Jahr 2023 von den Erben verkauft. Der Veräußerungsgewinn unterliegt dann im Veräußerungsjahr der persönlichen Einkommensteuer.

Achtung! Das kann dazu führen, dass im Veräußerungsjahr sowohl der Veräußerungsgewinn als auch das reguläre Jahreseinkommen dem Spitzensteuersatz von annähernd 50% unterliegen. Um dies zu vermeiden, sollte unbedingt geprüft werden, wann und auch wie (!) die Immobilie in den Besitz des Erblassers gelangt ist.

Grunderwerbsteuer

Ferner ist zu beachten, dass die Aufteilung einer Immobilie auch Grunderwerbsteuer (insbesondere bei Tauschvorgängen zwischen Geschwistern) auslösen kann. Diese ist zwar in Bayern (3,5%) noch einigermaßen moderat, sollte aber dennoch nach Möglichkeit vermieden werden.

Bewertung der Immobilie

Die steuerliche Bewertung der Immobilie im Rahmen der Erbauseinandersetzung ist wichtig. Selbst Sachverständigengutachten sind nicht immer taugliche Grundlage für eine optimale Erbauseinandersetzung, da die steuerlichen Werte beispielsweise günstiger sein können. Darüber hinaus sind die Finanzämter verstärkt dazu übergegangen, Gutachten einer kritischen Prüfung zu unterziehen und zurückzuweisen.

Die Kosten einer steuerlichen Bewertung der Immobilie fallen oft ohnehin an, da das Finanzamt in der Regel die Abgabe von sogenannten Bedarfswerterklärungen (das entspricht im Wesentlichen der steuerlichen Bewertung) anfordert. Daher bietet es sich an, diesen für die Planung der Aufteilung überaus bedeutsamen Schritt vorzuziehen.  

Fazit

Die Erbauseinandersetzung unter Einbeziehung einer Immobilie ist oft streitanfällig und mit hohen rechtlichen und steuerlichen Risiken behaftet. Darüber hinaus ist jeder Fall individuell zu betrachten, sodass es keine „Standardlösung“ gibt. Die beste Lösung hängt immer auch davon ab, zu welcher Lösung die Miterben bereit sind. Ein Konsens lässt sich oftmals leichter erzielen, wenn die konkreten Rechts- und Steuerfolgen der verschiedenen Optionen aufgezeigt werden.

Da die Kommunikation zwischen den Miterben erfahrungsgemäß nicht einfacher wird, je länger die Erbauseinandersetzung andauert, lohnt es sich, frühzeitig Unterstützung einzuholen. Der beste Weg ist jedoch, den eigenen Nachlass rechtzeitig im Rahmen eines Testaments steueroptimiert und rechtssicher zu regeln, um den Erben die Mühseligkeit einer unvorbereiteten oder streitigen Erbauseinandersetzung zu ersparen.  

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Ihr Nicolai Utz
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Erbrecht

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