Entschädigung wegen Nichteinladung eines behinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch?
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Besteht wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot ein Anspruch auf Entschädigung u. a. wegen der Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch? Mit dieser Frage hatte sich das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 7.1.2020 zu beschäftigen (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07. Januar 2020 – 5 Sa 128/19 –, juris).
Bewerbung eines Schwerbehinderten
Zugrunde lag die Entschädigungsklage eines schwerbehinderten (bzw. mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 v. H. einem schwerbehinderten Menschen förmlich gleichgestellten) Bewerbers um eine Stelle im öffentlichen Dienst (a.a.O.).
Die beklagte Gemeinde hatte eine zunächst auf 1 Jahr befristete Vollzeitstelle einer/eines Betriebsleiters/in mit einer Eingruppierung nach Entgeltgruppe 11 TVöD öffentlich ausgeschrieben (a.a.O.). Auf diese Stelle hatte der schwerbehinderte Kläger sich beworben und in seinem Bewerbungsschreiben die bestehende Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten besonders hervorgehoben (a.a.O.). Diese habe keinen Einfluss auf seine Arbeitsleistung (a.a.O.).
Keine Einladung zum Vorstellungsgespräch
Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, dass man sich für einen anderen Bewerber entschieden habe (a.a.O.). Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erfolgte nicht (a.a.O.). Der Kläger verlangte daraufhin außergerichtlich eine Entschädigung in Höhe von € 19.875,60 (6-faches monatliches Entgelt von € 3.312,60).
Entschädigungsklage
Als die Beklagte dies zurückgewiesen hatte, erhob er wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots (vgl. §§ 1, 6, 7, 15, 22 AGG; §§ 164, 165 SGB IX sowie § 242 BGB) Entschädigungsklage am ArbG. Dort hatte er zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine angemessene Entschädigung in Geld, welche einen Betrag von € 3.312,60 nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen zu bezahlen (a.a.O.).
Das ArbG hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von € 3.312,60 (eine Bruttovergütung) nebst Zinsen verurteilt. (a.a.O.).
Die Beklagte habe den Kläger wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt, da sie ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe (a.a.O.). Eine Einladung sei auch nicht entbehrlich, da der Kläger für die Stelle nicht offensichtlich ungeeignet sei, da er das Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung erfüllt habe (a.a.O.). Anhaltspunkte für den von der Beklagten bemühten Rechtsmissbrauch wegen diverser erfolgloser Bewerbungen/Entschädigungsverfahren bestünden ebenfalls nicht (a.a.O.).
Urteil des Landesarbeitsgerichts
Das LArbG hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 7.1.2020 zurückgewiesen (a.a.O.). Das ArbG habe zu Recht und mit der zutreffenden Begründung eine Entschädigung von € 3.312,60 festgesetzt (a.a.O.).
Die Verletzung der in § 165 Satz 3 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründe regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung (a.a.O.).
„Offensichtlich“ fachlich ungeeignet sei, wer unzweifelhaft nicht dem Anforderungsprofil der zu vergebenden Stelle entspreche (a.a.O.). Bloße Zweifel an der fachlichen Eignung rechtfertigten es nicht, von einer Einladung abzusehen, weil sich Zweifel im Vorstellungsgespräch ausräumen lassen könnten (a.a.O.). Der schwerbehinderte Mensch solle nach § 165 Satz 3 SGB IX die Chance haben, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren und den öffentlichen Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen (a.a.O.).
Auf Rechtsmissbrauch könne nicht bereits daraus geschlossen werden, dass eine Person eine Vielzahl erfolgloser Bewerbungen versandt und mehrere Entschädigungsprozesse geführt habe oder führe (a.a.O.).
Anspruch auf Entschädigung wegen Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch
Daher bestand in dem zugrunde liegenden Fall Anspruch auf Entschädigung (u. a.) wegen der unterbliebenen Einladung zum Bewerbungs-/Vorstellungsgespräch.
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