Fristlose Kündigung des Mietvertrags bei falscher Selbstauskunft?
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Wohnraum in Deutschland ist knapp – Haus- bzw. Wohnungseigentümer können sich daher ihre Mieter frei auswählen. Um zu verhindern, dass sie die Räumlichkeiten z. B. Messies oder Mietnomaden überlassen, die ihr Eigentum herunterwirtschaften und darüber hinaus keine Miete zahlen, lassen Vermieter nichts unversucht. Sie holen etwa beim Vormieter Einkünfte über den Mietinteressenten ein oder verlangen von diesem eine sog. Selbstauskunft. Hier werden unter anderem Fragen zum Einkommen, zum Familienstand oder zu etwaigen Mietrückständen gestellt. Doch darf der Mietinteressent hier lügen oder berechtigt eine falsche Antwort den Vermieter zur (fristlosen) Kündigung?
Die Selbstauskunft ist freiwillig
Fakt ist: Der Mietinteressent muss die Selbstauskunft nicht abgeben – er verringert mit einer Weigerung jedoch seine Chancen auf die betreffende Wohnung erheblich. Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter eine Frage stellt, die ihn eigentlich nichts angeht. Will der Mietinteressent eine solche Frage nicht beantworten, kann er das Eingabefeld auch unausgefüllt lassen. Keinesfalls sollte er die Frage jedoch durchstreichen – ein Querstrich signalisiert nämlich eine Verneinung und stellt damit die Beantwortung der Frage dar (Landgericht Itzehoe, Urteil v. 28.03.2008, Az.: 9 S 132/07).
Recht des Mietinteressenten auf Lüge?
Ob ein Recht auf Lüge besteht, hängt davon ab, ob die Frage des Vermieters zulässig oder unzulässig ist. Verletzt die Frage etwa das Recht des Mietinteressenten auf informationelle Selbstbestimmung, so ist sie unzulässig – kommt die Lüge später ans Tageslicht, darf der Vermieter deswegen nicht kündigen.
Wann es sich allerdings um eine zulässige bzw. unzulässige Frage handelt, wird in der Rechtsprechung uneinheitlich gehandhabt. Unstreitig sind jedoch sämtliche Fragen nach z. B. der Familienplanung bzw. der privaten Lebensführung des Mietinteressenten unzulässig, Fragen zu seiner Bonität dagegen sind zulässig. Füllt er die Selbstauskunft aus, müssen die Angaben zu beispielsweise Einkommensverhältnissen oder der beruflichen Stellung auch der Wahrheit entsprechen. Denn die Hauptpflicht eines Mieters ist nach § 535 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schließlich die Zahlung des Mietzinses – die Bonität stellt daher ein maßgebliches Entscheidungskriterium für den Vermieter dar (Landgericht München, Urteil v. 25.03.2009, Az.: 14 S 18532/08).
Rechte des Vermieters bei Falschauskunft
Hat der Mietinteressent eine zulässige Frage absichtlich falsch beantwortet und aufgrund dessen die Wohnung bekommen, kann der Vermieter den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten bzw. fristlos kündigen, wenn er hiervon erfährt. Schließlich hat der Mieter gelogen, indem er z. B. Zahlungsfähigkeit vortäuschte, und damit das Vertrauensverhältnis zwischen den Mietvertragsparteien zerstört. Dem Vermieter ist es dann nicht mehr zumutbar, das Vertragsverhältnis fortzuführen. Das gilt vor allem, wenn Vermieter und Mieter im gleichen Haus wohnen, weil sie sich dann täglich über den Weg laufen (Amtsgericht Zittau, Urteil v. 27.11.2005, Az.: 5 C 36/05).
Übrigens: Die Lüge des Mieters über seine Bonität wiegt an sich bereits so schwer, dass es während der Dauer des Mietverhältnisses nicht einmal zu einem tatsächlichen Mietausfall kommen muss. Der Vermieter darf also auch kündigen, selbst wenn der Mieter regelmäßig und pünktlich seine Miete gezahlt hat (Landgericht München, Urteil v. 25.03.2009, Az.: 14 S 18532/08).
Über Bonität der Mieter getäuscht
Ein Ehepaar mietete ein Einfamilienhaus in Grünwald – einer gehobenen Wohngegend in München. Die Miete von 3730 Euro monatlich zahlten die Eheleute von Anfang an nur auf Mahnung der Vermieter. Da sie sich ständig im Zahlungsrückstand befanden – zuletzt sogar mit zwei Monatsmieten – kündigten die Vermieter das Vertragsverhältnis schließlich fristlos.
In diesem Zusammenhang hatten die Vermieter herausgefunden, dass die Eheleute in der – vor Abschluss des Mietvertrags – eingeforderten Selbstauskunft über ihre Einkommensverhältnisse getäuscht hatten. Sie hatten nicht nur über die Höhe ihres Gesamtjahreseinkommens gelogen. Ferner hatten sie die Frage, ob in den letzten fünf Jahren vor Erteilung der Selbstauskunft unter anderem ein Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gegen sie gelaufen sei, wahrheitswidrig verneint. Bereits 2012 hatte der Mieter nämlich eine eidesstattliche Versicherung abgegeben – die übrigens erst seit dem 01.01.2013 Vermögensauskunft des Schuldners genannt wird. Die Mieter zahlten daraufhin die rückständige Miete, weigerten sich jedoch, die Wohnung zu räumen. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.
Fristlose Kündigung war wirksam
Das Amtsgericht (AG) München hielt die fristlose Kündigung für wirksam – die Mieter mussten das Einfamilienhaus räumen. Grund dafür waren nicht nur der Mietrückstand, sondern auch die Falschangaben über ihre Zahlungsfähigkeit. Die Vermieter hätten die Immobilie niemals den Mietern überlassen, wäre ihnen deren wirtschaftliche Situation bekannt gewesen. Zwar haben sie noch innerhalb der sog. Schonfrist die Miete vollständig nachgezahlt, sodass die fristlose Kündigung nach § 569 III Nr. 2 BGB eigentlich unwirksam wäre. Wie bereits erläutert, stellt aber schon die falsche Selbstauskunft eine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass die Kündigung dennoch gerechtfertigt war.
Fazit: Falschangaben bei der Selbstauskunft sind riskant. Wer beim Lügen erwischt wird, muss mit der fristlosen Kündigung bzw. Anfechtung des Mietverhältnisses rechnen.
(AG München, Urteil v. 30.06.2015, Az.: 411 C 26176/14)
(VOI)
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