gerichtlicher Vergleich über EUR 20.000,- / Hüft-TEP-Wechsel, Abrissfraktur Trochanter major
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Ausgangspunkt/OP-Indikation:
Der Kläger litt seit Kindheit an einer Dysplasie (Minderanlage der Hüftgelenkspfannen), daraus hatte sich eine Verschleißerkrankung beider Hüften entwickelt, so dass Jahre zuvor zunächst eine zementfreie Hüftendoprothese rechts und dann mit einigem Abstand ebenso eine zementfreie Hüftendoprothese links eingesetzt wurde. Zunächst war er am linken Hüftgelenk beschwerdefrei gewesen, ca. vier Jahre nach Implantation habe sich aber eine zunehmende belastungsabhängige Schmerzsymptomatik in der linken Hüftregion entwickelt; es wurde daraufhin zu der streitgegenständlichen Wechseloperation geraten, wobei bevorzugt [nur] die Pfanne gewechselt werden sollte
Vorwurf Behandlungsfehler:
Gerichtlich geklärt werden musste, ob im Rahmen eines Hüft-TEP-Wechsels durch den Beklagten ein zementfreier statt eines zementierten Schaftes verwendet werden musste bzw. ob Knochendefekte im metaphysären Bereich - statt mit Zement aufzufüllen - belassen oder mit Spongiosa (Knochenmaterial) aus dem Becken aufgefüllt werden mussten. im Rahmen der operativen Maßnahme zeigten sich intraoperativ sowohl die implantierte Hüftgelenkspfanne als auch der implantierte Hüftgelenksschaft gelockert, so dass ein kompletter Hüftprothesenwechsel erfolgen musste. Im Rahmen der Pfanneneinbringung wurde erneut ein zementfreies Pfannenimplantat verwendet, wobei der Beklagte hierzu die Pfanne größer auffräste, als dies ursprünglich der Fall war; auf Grund von Abriebpartikel des linken Hüftgelenkes kam es offensichtlich zu einer Osteolyse im Bereich des proximalen Femurs, insbesondere in Richtung des kleinen Rollhügels (Trochanter minor).
Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen
Es wurde zunächst ausgeführt und begründet, dass im Rahmen einer Hüftschaftwechseloperation prinzipiell die Verwendung eines zementierten Schaftes keinen operationstechnischen Fehler darstelle. Allerdings stelle die Verwendung eines zementierten Normalschaftes die „schlechteste von mehreren“ Möglichkeiten dar, einen gelockerten zementfreien Hüftschaft zu wechseln. Unter einer solchen Konstellation müsse im Regelfall mit einer vorzeitigen Lockerung der gewechselten zementierten Normalschaftkomponente gerechnet werden. Ferner wurde ausgeführt, dass eine eingetretene Abrissfraktur des großen Rollhügels eine aufzuklärende Komplikation im Rahmen einer Hüftprothesenimplantation bzw. im Rahmen einer Hüftprothesenwechseloperation darstelle. Wenn bei kleineren Abrissfrakturen im Regelfall die Situation so belassen werden könne, sollte im Rahmen größerer Abrissfrakturen des Trochanter major jedoch intraoperativ versucht werden, das abgerissene Knochenfragment an Ort und Stelle zu refixieren; vorliegend wurde die Abrissfraktur des Trochanter major im Rahmen der Operation als „relativ groß" bewertet, so dass hier eine Refixation hätte durchführen werden sollen [diese ist unterblieben, weil die Fraktur zunächst nicht bemerkt wurde].
Folgen bzw. Diagnose post-OP:
Vom Kläger wurden Belastungsschmerzen ein Insuffizienzhinken sowie weiteren Beeinträchtigungen (Gehen nur bis 1 km Strecke möglich, Sport, wie z.B. Tischtennisspielen unmöglich) angegeben.
Abschluss gerichtlich: vergleichsweise Einigung
Auftragsgemäß wurde durch die beteiligten Anwälte ein gerichtlicher Vergleich protokolliert und es erfolgte Zahlung in Höhe von 20.000,- € [Schmerzensgeld und Schadensersatz].
Regensburg, den 06.11.2024
Rainer Beer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
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