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Gerichtsvollzieher - was Sie wissen und beachten müssen!

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Gerichtsvollzieher - was Sie wissen und beachten müssen!

Der Gerichtsvollzieher ist das Vollstreckungsorgan schlechthin im deutschen Rechtssystem. Sein Beruf zählt wohl mit zu den härtesten, weil er tagtäglich mit tragischen menschlichen Schicksalen konfrontiert wird. Und wegen seiner Aufgaben ist der Beamte bei den Betroffenen häufig wenig beliebt. Doch welche Aufgaben hat er und was darf er bei einer Zwangsvollstreckung mitnehmen? 

Die wichtigsten Fakten 

  • Hauptaufgabe des Gerichtsvollziehers ist die (zwangsweise) Vollstreckung von Urteilen und anderen Vollstreckungstiteln (z. B. Vollstreckungsbescheide, Prozessvergleiche, Beschlüsse). 
  • Als Beamter untersteht der Gerichtsvollzieher der Dienstaufsicht des jeweiligen Amtsgerichts. 
  • Der Gerichtsvollzieher gilt als selbstständiges Organ der Zwangsvollstreckung und führt als Beamter des mittleren oder gehobenen Dienstes einen eigenen Betrieb – oft mit eigenen Büroräumen. 

Welche Aufgaben hat der Gerichtsvollzieher? 

Die Hauptaufgabe des Gerichtsvollziehers (GV) ist die Vollstreckung von Vollstreckungstiteln (aus dem Verfahren), z. B. die Beitreibung von Geldforderungen oder die Herausgabe eines Gegenstandes. In der Zivilprozessordnung (ZPO) ist geregelt, dass der Gerichtsvollzieher entweder im Auftrag des Gerichts oder im Auftrag des Gläubigers die Vollstreckung vornimmt (§ 753 ZPO). 

Ebenfalls ist gesetzlich geregelt, welche Möglichkeiten dem zuständigen Gerichtsvollzieher zur Verfügung stehen. Hierzu gehört 

  • eine gütliche Einigung der Sache (z. B. in Absprache mit dem Gläubiger wird eine Ratenzahlung oder ein Zahlungsaufschub vereinbart). 
  • die Einholung einer Vermögensauskunft bzw. die Einholung von Auskünften Dritter über das Vermögen des Schuldners. 
  • die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen (z. B. Pkw, Schmuck, Bargeld etc.). 

Holt der Gerichtsvollzieher eine Vermögensauskunft ein, erstellt er über das Vermögen (Forderungen, körperliche Gegenstände) des Schuldners ein Verzeichnis. Der Schuldner gibt eine eidesstattliche Versicherung ab, dass die Angaben richtig sind. Anschließend wird das Verzeichnis in das amtliche Vollstreckungsportal eingestellt und vom Gerichtsvollzieher eine sog. Eintragungsanordnung erstellt. Danach erfolgt die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis des jeweiligen Zentralen Vollstreckungsgerichts (ZenVG). 

Weitere Aufgaben des Gerichtsvollziehers sind: 

  • Versteigerung von beweglichem Vermögen (gepfändete Gegenstände) 
  • Räumung von Wohnraum (Wohnung, Haus), Gewerberäumen und Grundstücken 
  • Durchführung der Austauschpfändung 

Gegenstände, die vom Gerichtsvollzieher gepfändet werden, werden mit einem Pfandsiegel versehen. Wird das Siegel unberechtigt entfernt, stellt dies eine Straftat gemäß § 136 Abs. 2 StGB dar. Wird eine Urkunde zugestellt, erhält der Absender eine Kopie der Urkunde sowie Angaben zu Ort und Art der Zustellung des Originals. 

Sachverhaltsaufklärung

Bereits im laufenden Verfahren können Gerichte den Gerichtsvollzieher zur Aufklärung verfahrensrelevanter Sachfragen einsetzen. Wird beispielsweise eine eidesstattliche Versicherung in einem Verfahren abgegeben, kann ihn das Gericht damit beauftragen, dem Schuldner Fragen zu stellen, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Das Amtsgericht Königswinter hatte beispielsweise einen Gerichtsvollzieher mit der Terminierung und Befragung eines Schuldners zur Nachbesserung eines Vermögensverzeichnisses beauftragt. Die Richter teilten den Verdacht der Klägerin, dass der Schuldner eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben und zur Verschleierung seines Einkommens mit seinem Arbeitgeber eine fingierte Vergütungsabrede getroffen hatte. Der Schuldner musste dem Gerichtsvollzieher Fragen zu seinen Einkommensverhältnissen beantworten, zum Beispiel warum er tatsächlich so wenig verdient, obwohl er auf dem Arbeitsmarkt ein erheblich höheres Gehalt erzielen könnte, warum er – trotz seines niedrigen Gehalts - keine Sozialleistungen in Anspruch nimmt, wie, wann und was er arbeitet oder auch welchen Fahrzeugtyp, welches Baujahr und welchen Kilometerstand sein Pkw hat (Az.: 6a M 936/07).

Wohnungsdurchsuchung 

Der Gerichtsvollzieher kann darüber hinaus durch richterlichen Beschluss mit der Durchführung einer Wohnungsdurchsuchung beim Schuldner beauftragt werden, um dort verfahrensrelevante Unterlagen zu suchen, z. B. Buchführungsunterlagen, Geschäftspapiere, Urkunden, Sparbücher und vieles mehr. Das Gericht erlässt dazu eine Durchsuchungsanordnung, die sich auf die Privatwohnung, Geschäfts- und Büroräume und auch andere Örtlichkeiten (Garage, Balkon, Garten etc.) erstrecken kann. Mitbewohner des Schuldners müssen ebenfalls grundsätzlich die Wohnungsdurchsuchung durch den Gerichtsvollzieher hinnehmen. 

Ist der Schuldner bei der Durchsuchung nicht anwesend, darf der Gerichtsvollzieher Zwangsmittel anwenden, d. h. die Wohnung öffnen lassen, sie durchsuchen und auch Polizei hinzuziehen. Allerdings nur, wenn er den Schuldner zuvor aufgefordert hat, dem freiwillig nachzukommen. Weigert sich der Schuldner, muss der Gerichtsvollzieher zunächst die Erlaubnis des Gerichts einholen, bevor er Zwangsmittel einsetzen darf. Leistet der Schuldner Widerstand oder ist er nicht anwesend, muss der Gerichtsvollzieher zudem Zeugen hinzuziehen.

Den Energie-Hahn abdrehen 

Wegen der immer weiter ansteigenden Energiepreise können immer mehr Haushalte ihre Strom- oder Gasrechnung nicht mehr bezahlen. Hat der Energielieferant einen entsprechenden Titel beim Gericht erwirkt, kann es Aufgabe des Gerichtsvollziehers sein, den Anschluss zu sperren. Doch dies muss vom Gericht eindeutig so angeordnet werden. Wegen Zahlungsrückstand hat das Amtsgericht Montabaur eine einstweilige Verfügung gegenüber dem Schuldner erlassen, wonach er das Betreten seiner Räumlichkeiten und die Sperrung des Gaszählers zu dulden hatte. Der Gerichtsvollzieher las sich den Beschluss genau durch und verwies ihn an den Gläubiger mit dem Argument zurück, dass es ihm danach nicht erlaubt sei, die Wohnung der Schuldnerin zwangsweise zu öffnen und im Übrigen noch nicht einmal versucht worden sei, mit der Schuldnerin einen Termin für den Ausbau des Gaszählers zu vereinbaren. 

Der Gaslieferant wollte nun vor dem Gericht durchsetzen, dass der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung fortsetzt. Doch die Richter folgten dieser Ansicht nicht. Sie gaben dem Gerichtsvollzieher Recht, weil ihre Anordnung nicht eine gewaltsame Wohnungsöffnung beinhaltete. Hierfür muss gerichtlich – außer bei Gefahr im Verzug – stets eine Durchsuchungsanordnung erlassen werden, die im Ausgangsfall aber vom Gläubiger noch nicht einmal beantragt worden war. Vor der zwangsweisen Öffnung der Räume muss dem Schuldner zumindest die Möglichkeit gegeben werden, dieser freiwillig nachzukommen (Az.: 8 M 1365/07). 

Sachpfändung 

Der Klassiker der Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers ist sicher die Pfändung von Bargeld und Gegenständen: Hat der Schuldner keine Barmittel, darf der Gerichtsvollzieher auch Sachen im Haushalt des Schuldners pfänden. Die Pfändung erfolgt, indem der Gerichtsvollzieher die Sachen beschlagnahmt und mitnimmt oder beim Schuldner belässt und ein Pfandsiegel anbringt. Doch welche Gegenstände dürfen überhaupt gepfändet werden? § 811 Nr.1 Zivilprozessordung (ZPO) verbietet die Pfändung von persönlichen Sachen des Schuldners, soweit sie zu einer seiner Verschuldung angemessenen Lebens- und Haushaltsführung dienen. Entscheidend ist immer der konkrete Einzelfall. 

Pfändung von Sachen des Ehegatten 

Bei Pfändungen in der Wohnung von Ehepaaren gibt das Gesetz dem Gerichtsvollzieher eine Erleichterung zur Hand. Gemäß § 739 Absatz 1 ZPO kann er sich bei der Pfändung auf die Eigentumsvermutung gemäß § 1362 Bürgerliches Gesetzbuch verlassen und sie entsprechend auf den Gewahrsam übertragen: Er darf davon ausgehen, dass die Gegenstände in der ehelichen Wohnung Sachen des Schuldners sind. Entsprechendes gilt für eingetragene Lebenspartnerschaften, § 739 Absatz 2 ZPO. Ausgenommen sind Gegenstände, die offensichtlich nur der andere Ehegatte gebraucht, wie etwa Kleidung oder Schmuck. 

Ob die eheliche Eigentumsvermutung auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft übertragen werden kann, ist juristisch umstritten. Der Bundesgerichtshof hat eine Übertragung der gesetzlichen Eigentumsvermutung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften wiederholt abgelehnt (Az.: IX ZR 92/05). Zwar bedeutet das Urteil eine Benachteiligung der Gläubiger eines Schuldners, der einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft angehört. Denn bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommt es dann nur auf den tatsächlichen Gewahrsam an, so dass ein Partner allein mit dem Hinweis auf seinen Mitgewahrsam die Pfändung verhindern kann. Andererseits erleichtert es das Vorgehen für den Gerichtsvollzieher in der Praxis, der ansonsten zunächst überprüfen müsste, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht. 

Werden Sachen gepfändet, die im Allein- oder Miteigentum des anderen Ehegatten oder Lebenspartners stehen, kann dieser gegen die Zwangsvollstreckung eine sog. Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO einreichen.

Zwangsräumung nach § 721 ZPO 

Außerdem tritt der Gerichtsvollzieher häufig bei der Zwangsräumung von Wohnungen und Häusern in Erscheinung. Erlässt das Gericht beispielsweise wegen Mietrückstands eine Räumungsanordnung, so ist der Gerichtsvollzieher berechtigt, die Anordnung tatsächlich durchzusetzen – je nachdem, welchen Titel der Gläubiger hat. Der Vermieter einer Mietwohnung, kann beispielsweise als Gläubiger nicht nur die Räumung durch den Gerichtsvollzieher veranlassen, sondern auch, dass alle in der Wohnung befindlichen Gegenstände dort zu belassen sind. Denn nach dem Gesetz steht ihm ein Vermieterpfandrecht an den Wohnungsgegenständen des Gläubigers zu. Ob das Vermieterpfandrecht auch tatsächlich vorliegt, muss der Gerichtsvollzieher nicht prüfen. Die Klärung der rechtlichen Fragen ist ausschließlich den Gerichten überlassen. 

Räumung und Grundrechtsschutz 

Im Bereich der Zwangsvollstreckung werden Grundrechte des Schuldners berührt, so dass eine Interessenabwägung zwischen seinen und den Interessen des Gläubigers vorgenommen werden muss. Allerdings obliegt diese Abwägung im Einzelfall nicht dem Gerichtsvollzieher, sondern dem Gericht, das ihn mit der Räumung beauftragt hat. Weil hier der Schutzbereich des Grundgesetzes betroffen ist, hatte sich auch das Bundesverfassungsgericht mit einer Räumung zu befassen. 

(WEL) 

Häufige Fragen und Antworten zum Thema Gerichtsvollzieher

Wie erhält ein Gerichtsvollzieher seine Aufträge?

Ein Gerichtsvollzieher kann direkt vom Gläubiger oder vom jeweiligen Amtsgericht beauftragt werden. Die Vermittlung des Vollstreckungsauftrages beim Amtsgericht erfolgt über die sogenannte Gerichtsvollzieher-Verteilerstelle.

Was darf ein Gerichtsvollzieher pfänden?

Ein Gerichtsvollzieher kann Sachen nur pfänden, wenn er auch Zugang zur Wohnung hat. Sobald er eine gerichtliche Genehmigung besitzt, darf er die Wohnung des Schuldners sogar auch mit polizeilicher Gewalt öffnen und durchsuchen. Grundsätzlich kann der Gerichtsvollzieher das gesamte bewegliche Vermögen eines Schuldners pfänden. Allerdings nur so viel, wie es zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Zwangsvollstreckungskosten erforderlich ist (§ 803 Abs. 1 ZPO).

Foto(s): ©AdobeStock/Wayhome Studios

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