Hannover – Staatsanwalt angeklagt

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Staatsanwalt - plötzlich selbst angeklagt

Gegen einen Staatsanwalt aus Hannover ist Anklage erhoben worden, nachdem dieser mit einem international agierenden Drogenkartell engmaschig zusammengearbeitet und Mitglieder gewarnt haben soll. Führende Köpfe konnten sich absetzen. Es handelte sich in dem gegenständlichen Verfahren um den bis dato größten Drogenfund in ganz Europa, 16 Tonnen Kokain im Wert von mindestens einer halben Milliarde Euro.  Der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft. Ein Mittelsmann ist mitangeklagt.


Was sind die konkreten Tatvorwürfe?

Dem Staatsanwalt wird vorgeworfen, bereits seit Juni 2020 interne Ermittlungsstände an Beschuldigte weitergeleitet und dafür 5.000 € monatlich erhalten zu haben, Bonuszahlungen noch nicht mit inbegriffen. Mindestens 65.000 € soll er auf diesem Wege erlangt haben. Den spannenden Sachverhalt juristisch nüchtern runtergebrochen, wird ihm Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall sowie Geheimnisverrat und Strafvereitelung in insgesamt 14 Fällen vorgeworfen.


Was macht die Tatvorwürfe so besonders?

Dass zumindest manche Staatsanwälte ihren gesetzlich gegebenen Auftrag, neutral zu ermitteln (§ 163 Abs. 2 StPO) äußerst selten wirklich ernst nehmen und eher nach angloamerikanischer Art agieren, ist hinreichend bekannt und eine traurige Gewissheit, mit der Strafverteidiger zu arbeiten haben. Dass ein Staatsanwalt aber sich gewissermaßen als „Maulwurf“ an die Seite der Beschuldigten geschlagen haben soll, stellt eine gänzlich neue Qualität dar, zumal es sich hier nicht um einen kleinen Ladendiebstahl, sondern einen großkalibrigen Fall der organisierten Kriminalität im BtM-Bereich handelt. 


Auch wenn dies für sich genommen reichen würde um massenhaft Schlagzeilen zu produzieren, ist es noch lange nicht die Spitze des Eisberges: Das besonders Pikante an den Tatvorwürfen ist, dass es sich nicht nur um irgendeinen Staatsanwalt handelt, sondern dieser Chefermittler in den Verfahren war, dort  Anklagen erhoben und teilweise hohe Haftstrafen gegen die Verurteilten erwirkt hat, denen er eben noch zugearbeitet hat und von denen er sich bezahlen ließ (so der Vorwurf). 


Noch pikanter: Die Vorwürfe und Anschuldigungen gegen den Ermittler waren im Verfahren bereits bekannt, ohne dass dieser vom Fall zumindest abgezogen worden wäre. Ganz im Gegenteil hat der Staatsanwalt noch im letzten Sommer selbst einen BtM-Prozess geführt, durfte also weiter arbeiten. Und schließlich hat man es in der Justiz auch nicht für notwendig angesehen, die – anfangs noch ergebnislosen – Ermittlungen an eine andere Staatsanwaltschaft abzugeben; diese hat man zunächst gegen einen persönlich bekannten Kollegen im eigenen Hause weitergeführt. Genügend Stoff für eine Netflix-Serie.


Wie wird es weitergehen?

Nachdem die Ermittlungen nunmehr abgeschlossen worden sind und Anklage durch die Staatsanwaltschaft Osnabrück erhoben wurde, wird das Landgericht Hannover nun über die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung zu entscheiden haben. Diese Plausibilitätsprüfung der Anklage geschieht im sogenannten „Zwischenverfahren“ (mehr zum Verfahrensgang in Strafsachen hier), ist aber meist eine reine Formalität – nichts anderes dürfte hier gelten. Sodann wird über die Tatvorwürfe zu verhandeln sein.


Wenn ich als Strafverteidiger gefragt werde, wie ich diese und jene Person nur verteidigen könne, predige ich immer wieder nur eines: 


Es kann jeden treffen.


Dies hat sich hier bestätigt. Und jeder wünscht sich ein faires, rechtsstaatliches Verfahren, egal ob die Vorwürfe sich am Ende bestätigen, oder nicht. Alleine dafür steht anständige  und seriöse Strafverteidigung, nämlich für eine unvoreingenommene und nicht vorverurteilende Interessenvertretung, wenn sonst keiner mehr da ist. 


Sind Sie ebenfalls Beschuldigter in einem Strafverfahren, Geschädigter und benötigen kompetente Verteidigung oder Rat? Gerne stehe ich Ihnen bei strafrechtlichen Angelegenheiten jedweder Coleur als erfahrener Fachanwalt für Strafrecht unterstützend zur Seite.



AS-Strafverteidigung

Adrian Schmid

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

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