Hund und Katze bei Scheidung und Trennung – neue Entscheidung des OLG Stuttgart vom 16.04.2019
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Wem gehört der Hund, die Katze nach der Auflösung einer Beziehung? Gibt es einen Anspruch auf ein Umgangsrecht mit dem Tier?
Geht eine Partnerschaft in die Brüche, ist zu regeln, wie die Gemeinschaft aufzuteilen ist. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen solchen Paaren, welche verheiratet sind oder in einer Partnerschaft leben (I.) und solchen, die den Bund der Ehe nicht eingegangen sind (nichteheliche Lebensgemeinschaft) (II.).
Das OLG Stuttgart (Beschluss vom 16.04.2019 – 18 UF 57/19) hatte sich jüngst mit dieser Frage zu befasst.
I. Folgen nach Trennung in einer ehelichen Lebensgemeinschaft
1. Zu wem kommt das Tier?
Trennen sich Ehegatten, so regelt der § 1361a BGB, wie Haushaltsgegenstände (a) bei Getrenntlebenden und § 1568b BGB anlässlich der Scheidung endgültig verteilt werden. Die Normen unterscheiden sich dadurch, dass während der Trennung zunächst nur eine vorläufige Regelung von Besitz und Nutzungsrecht getroffen werden soll, da der Gesetzgeber es für möglich hält und wünscht, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wiederhergestellt wird.
Zunächst ist zu klären, wer Eigentümer (b) des Tieres ist. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die Ehegatten gemeinsam Eigentümer sind, ist darüber hinaus zu entscheiden, wer das Tier zugesprochen bekommt (c).
a. Haushaltsgegenstand
Es mutet merkwürdig an, dass Tiere rechtlich als Haushaltsgegenstände behandelt werden. Dies wird von der Rechtsprechung und Literatur so angenommen (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 1998, 1432; OLG Bamberg FamRZ 2004, 559; Palandt-Brudermüller, BGB, 73. Aufl., § 1361 a RZ 10)
„Auch wenn Tiere keine Sachen sind, werden die Regelungen zur vorläufigen oder endgültigen Hausratsverteilung zumindest analog angewendet.“
(OLG Hamm, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 WF 240/10 –, juris)
Die nachfolgenden Ausführungen finden auf alle Tiere Anwendung, außer wenn sie zum landwirtschaftlichen Inventar gehören und mit ihnen Gewinn erzielt werden soll (wie zum Beispiel bei einem Zugpferd; vgl. Naumburg FamRZ 2001, 481).
b. Eigentumsverhältnisse
aa. Alleineigentum
Jeder Ehegatte kann von dem anderen die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände herausverlangen (§§ 1361a Abs. 1, S. 1 und 1568b Abs. 2 BGB), was bedeutet, dass dieser beweisen muss, dass das Tier in seinem Alleineigentum steht. Dies kann angenommen werden, wenn er nachweisbar das Tier für sich allein gekauft oder geschenkt bekommen hat. Für die Begründung von Alleineigentum ist nicht entscheidend, wer als Käufer in dem Kaufvertrag verzeichnet ist. Dies ist lediglich als Indiz zu werten. Es muss vielmehr eine Gesamtschau aller Umstände vorgenommen werden.
In einer aktuellen Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschluss vom 16.04.2019 – 18 UF 57/19) war der Frau dieser Nachweis gerade nicht gelungen.
„Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Ehefrau ihr Eigentum oder ein gemeinsames Eigentum an der Hündin nicht nachgewiesen. Vielmehr sei aus dem Abgabevertrag des Tierhilfevereins, bei dem die späteren Eheleute den Welpen kurz vor der Heirat gekauft hatten, ersichtlich, dass der Ehemann Eigentümer der Hündin geworden sei. Daran ändere auch die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin sich um sie wie ein Kind gekümmert haben will, nichts.“
(Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 30.04.2019)
bb. Gemeinsames Eigentum
Kann keiner der Ehegatten beweisen, dass das Tier in seinem Alleineigentum steht, so gilt für Tiere, wie für jeden anderen Haushaltsgegenstand, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, die Verteilung als gemeinsames Eigentum (§ 1568b Abs. 2 BGB).
c. Verteilung
Tiere, die den Ehegatten gemeinsam gehören, werden vorläufig und endgültig zwischen ihnen nach den Grundsätzen der Billigkeit verteilt.
Als Billigkeitskriterien werden folgende Aspekte angesehen:
- Affektionsinteresse,
- praktizierte Sorge für das Tier,
- Gesichtspunkte des Tierschutzes,
- Versorgung und Betreuung sowie
- Zusammenleben im Rudel und
- Wohnverhältnisse.
So hatte auch das OLG Stuttgart eine Abwägung der Kriterien in dem oben genannten Fall vorgenommen und aus Kontinuitätsgründen eine Aufenthaltsveränderung des Hundes rund drei Jahre nach der Trennung der Eheleute als nicht tierwohladäquat angesehen. Die Hündin lebe seit der Trennung beim Ehemann im früheren ehegemeinsamen Haus mit großem Garten.
In einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung kann die Zugehörigkeit verbindlich geregelt werden. Werden sich die Beteiligten nicht einig, kann das Familiengericht hierüber entscheiden (§§ 1361 a Abs. 3 und 1568b BGB). Wichtig ist, dass es in einem solchen Verfahren zur Aufteilung des Gesamtbestandes der Haushaltsgegenstände kommen muss.
2. Hat der jeweils andere einen Anspruch darauf, das Tier zu sehen?
Wenn das Tier in einen Haushalt wechselt, stellt sich die Frage, ob der jeweils andere (ehemalige) Ehegatten einen Anspruch hat, den Hund / die Katze zu sehen.
Dem Nichtbetreuenden (ehemaligen) Ehegatten könnte ein Umgangsrecht eingeräumt werden. Für Kinder ist dieses Recht in § 1684 BGB geregelt und Ausfluss des Art. 6 Abs. 2 GG (Eltern-Kind-Beziehung), damit verfassungsrechtlich verankert. Jedes Kind hat das Recht auf Umgang und jeder Elternteil ist berechtigt und verpflichtet, mit dem Kind Umgang zu haben.
Gilt dies auch für Hunde, Katzen und andere Geschöpfe?
a. Herrschende Ansicht
Die herrschende Meinung (vgl. OLG Bamberg, MDR 2004, 37; OLG Schleswig, NJW 1998, 3127; OLG Hamm FamRZ 2011, 893-894; Palandt/Brudermüller, 78. Aufl., § 1361a BGB, Rn. 10) verneint ein Umgangsrecht mit einem Tier.
Als Grund wird angeführt, dass es keine Anspruchsgrundlage gäbe, da das Recht auf Umgang mit einem Kind nicht entsprechend auf das Umgangsrecht mit einem Hund oder einer Katze angewandt werden könne, da dies ein am Wohl des Kindes orientiertes Recht ist und nicht in erster Linie der Befriedigung emotionaler Bedürfnisse des umgangsberechtigten Elternteils diene (so OLG Hamm, Beschluss vom 19. November 2010 – 10 WF 240/10 –, Rn. 11, juris).
b. Mindermeinung
Anders hingegen nach alleiniger Auffassung das Amtsgericht Bad Mergentheim, welches im Rahmen der Hausratsteilungsentscheidung dem anderen Ehegatten das Recht einräumte, mit dem Hund eine bestimmte Zeit zu verbringen und diesbezüglich sogar ein tierpsychologisches Gutachten einholte (AG Bad Mergentheim, Beschluss vom 19. Dezember 1996 – 1 F 143/95 –, juris).
c. Ergebnis
In einem Gerichtsverfahren ist davon auszugehen, dass der herrschenden Meinung gefolgt würde, da im Rahmen einer Entscheidung über Haushaltsteilung keine Umgangsregelung (hier Nutzungsüberlassung) über ein Tier getroffen werden kann.
Gleichlautend das OLG Stuttgart in der jüngsten Entscheidung:
„Ein gesetzlicher Anspruch auf die Regelung eines Umgangsrechtes mit dem Hund bestehe – entsprechend den Feststellungen des Familiengerichts – nicht. Ein derartiges Recht lasse sich weder aus der Hausratsverordnung noch aus den gesetzlichen Regelungen zum Umgangsrecht mit Kindern herleiten.“
(Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 30.04.2019)
II. Folgen der Trennung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Die soeben dargestellten Regelungen bezüglich der Haushaltsgegenstände (§§ 1361a und 1568b BGB) finden gerade keine Anwendung auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft, da diese lediglich im Rahmen der Ehescheidung gelten. Hier gilt das Gemeinschaftsrecht des BGB.
1. Alleineigentum
Wenn der Hund, die Katze usw. einem sich trennenden Partner allein gehört, kann er das Tier von dem anderen herausverlangen (§ 985 BGB). Ein Umgangsrecht besteht nicht.
2. Miteigentum
Sofern beide gemeinsam das Tier (Hund, Katze, Kleintier) angeschafft und betreut haben, sind sie Miteigentümer und bilden eine Miteigentümergemeinschaft (§§ 741 ff. BGB), welche Rechten und Pflichten beinhaltet.
Daraus folgt, dass die Parteien gemäß § 745 Abs. 2 BGB voneinander eine Zustimmung zu einer Benutzungs- bzw. Umgangsregelung nach billigem Ermessen verlangen können (LG Duisburg, Urteil vom 14. Juli 2011 – 5 S 26/11 –, Rn. 14, juris).
Haben Paare, welche nicht verheiratet waren, das Tier nachweislich gemeinsam erworben, können sie von dem Nichtbetreuenden Kontakt mit dem Haustier verlangen. Dies gilt jedoch nur, wenn unstreitig Miteigentum begründet wurde. Eine Regelung, welche in Form eines Vertrages manifestiert werden kann, ist ratsam.
3. Kosten
Abschließend sei auf eine Entscheidung des OLG Brandenburg hingewiesen, nach welcher ein Verlobter die Anschaffungskosten eines Hundes nach Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht ersetzt verlangen kann (§ 1398 BGB), da er nicht hinreichend dargetan habe, dass der Hund in Erwartung der Ehe angeschafft wurde (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 09. Februar 2016 – 3 U 8/12 –, Rn. 53, juris).
III. Fazit
Tiere sind keine Kinder und schwer als Haushaltsgegenstände anzusehen. Sie haben jedoch einen hohen emotionalen Bezug. Aus diesem Grunde fällt eine Regelung über den Aufenthalt und Kontakt des Tieres meist schwer. Es ist daher von Vorteil, eine klare Vereinbarung zu treffen, welche durchaus in einer notariellen Vereinbarung (u. a. Scheidungsfolgenvereinbarung) Raum finden kann.
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Rechtsanwälte Engelmann,
Rechtsanwältin Franziska Engelmann
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