Kein Ausschluss von Werklohnklagen bei klarer Forderung trotz fehlender Schlussrechnung
- 1 Minuten Lesezeit
1. **Zur Durchsetzung von Abschlagszahlungen**: Nach Abnahme der Bauleistung und Ablauf der Frist für die Einreichung der Schlussrechnung gemäß § 14 Abs. 3 VOB/B kann ein Anspruch auf Abschlagszahlungen in der Regel nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden.
2. **Ausnahmen bei Unmöglichkeit der Schlussrechnung**: Eine Ausnahme tritt ein, wenn z.B. durch Zeitablauf und Insolvenz des Auftragnehmers die Vorlage einer Schlussrechnung unmöglich wird und der restliche Werklohn durch Schätzung bestimmbar ist.
3. **Klage auf offene Werklohnansprüche**: Eine Klage auf offene Werklohnansprüche darf nicht allein wegen Fehlens einer Schlussrechnung abgewiesen werden, wenn sich aus den vorliegenden Tatsachen klar ergibt, dass und in welcher Höhe ein weiterer Werklohnanspruch besteht.
4. **Einwand der nicht prüfbaren Rechnung**: Der Auftraggeber kann den Einwand der objektiv fehlenden Prüfbarkeit einer Rechnung nicht geltend machen, wenn zur Beurteilung der Forderung keine weiteren Informationen nötig sind. Entscheidend ist, ob die vorgebrachten Fakten und die Rechnung das Kontroll- und Informationsbedürfnis des Auftraggebers ausreichend befriedigen.
Die Entscheidungen des OLG Nürnberg (Beschluss vom 06.05.2022 - 13 U 3646/21) und des BGH (Beschluss vom 30.08.2023 - VII ZB 125/22) bestätigen diese Grundsätze.
**Fallbeispiel**:
In einem konkreten Fall beauftragte Bauträger T den Bauunternehmer B mit der Erstellung eines Objekts. Trotz Zahlung der Abschlagsrechnungen und Umsatzsteuer durch T geriet B in Insolvenz. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Umsatzsteuerpflicht forderte T vom Finanzamt die Rückzahlung der Umsatzsteuer. Jahre später klagten die Nachunternehmer von B auf Feststellung, dass ihnen Forderungen gegen T zustanden. Trotz des Einwands von T, dass keine prüfbare Schlussrechnung vorliegt, hatte die Klage Erfolg. Der Einwand von T wurde als rechtsmissbräuchlich angesehen, da die Bauleistungen zu lange zurücklagen und kein konkretes Informationsinteresse von T erkennbar war.
Dieses Urteil verdeutlicht wichtige Aspekte im Umgang mit Abschlagszahlungen und Werklohnansprüchen im Bau- und Architektenrecht.
Artikel teilen: