Kindergeld im Ausland beziehen?
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Kindergeld im Ausland: Wer hat Anspruch darauf?
Eltern können unter bestimmten Voraussetzungen auch dann Kindergeld beziehen, wenn sich das Kind im Ausland aufhält. Die maßgeblichen Vorschriften für den Anspruch auf Kindergeld finden sich in den §§ 62, 63 und 64 ff. Einkommensteuergesetz (EStG)und in den europäischen Verordnungen 883/2004 und 987/2009 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Grundsätzlich anspruchsberechtigt sind die Eltern der Kinder für das Kindergeld nach § 62 EStG, wenn ein Elternteil
in der Bundesrepublik seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
Nach § 8 Abgabenordnung (AO) hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 8 AO ist nach den objektiv erkennbaren Umständen zu beurteilen.
Bürger der Europäischen Union haben unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Deutscher einen Anspruch auf Kindergeld. Drittstaatsangehörige haben einen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie zusätzlich im Besitz einer Niederlassungserlaubnis, einer Aufenthaltserlaubnis oder Beschäftigungsduldung sind.
Nach § 64 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Das Kindergeld ist bei der Familienkasse schriftlich zu beantragen, nach § 67 EStG.
Eine besondere Mitwirkungspflicht des Anspruchsberechtigten ergibt sich aus § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG. Wer Kindergeld beantragt oder erhält, hat Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen. Zieht das Kind also zu einem Elternteil ins Ausland oder aufgrund einer Ausbildung oder eines Studiums ins Ausland, ist die Familienkasse hierüber in Kenntnis zu setzen.
Wenn also mindestens ein Elternteil bzw. ein Kind im Ausland wohnt bzw. erwerbstätig ist oder dort ausländische Leistungen bezogen werden, ist neben dem Antrag auf Kindergeld die Anlage Ausland Kindergeld der Familienkasse auszufüllen und gemeinsam mit dem Antrag auf Kindergeld an die Familienkasse abzugeben, um ein Steuerstrafermittlungsverfahren und Rückzahlungsforderungen zu vermeiden. Dass das Kind sich in den studienfreien Zeiten in Deutschland aufhält, haben die Eltern nachzuweisen und zu belegen, wie beispielsweise durch Einreisebelege, Arztbesuche, zur Verfügung gestelltes Kinderzimmer, Unternehmungen usw.
Kindergeld bei Auslandsstudium
Eltern, deren Kinder studieren, erhalten für diese grundsätzlich Kindergeld bis zum 25. Lebensjahr. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht prinzipiell auch, wenn ein Kind im EU-Ausland oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) studiert. Zum EWR gehören neben den EU-Staaten auch Norwegen, Island und Liechtenstein.
Anders ist es, wenn das Kind außerhalb der Europäischen Union oder einem Staat des EWR studiert. Dann ist maßgeblich, ob das Kind einen Wohnsitz in Deutschland beibehalten oder ins Ausland verlegt hat.
Studium im europäischen Ausland
Beispiel: Ein deutscher Staatsangehöriger und seine Ehefrau sind beide in Deutschland wohnhaft und erwerbstätig. Das gemeinsame Kind lebt in Spanien und geht dort einem Studium nach.
Da beide Eltern in Deutschland wohnhaft und daher unbegrenzt einkommensteuerpflichtig sind, haben sie einen Anspruch auf Kindergeld, da das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union studiert und dort den gewöhnlichen Aufenthalt hat. Denn nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Studium außerhalb der EU in Drittstaaten
Beispiel: Ein deutscher Staatsangehöriger und seine Ehefrau sind beide in Deutschland wohnhaft. Das gemeinsame Kind geht einem Studium in der USA nach. Es plant das Studium zunächst für ein Jahr und verlängert es dann auf mehrere Jahre, wobei das Kind die Eltern nur kurz für zwei bis drei Wochen im Jahr in Deutschland besucht.
Für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, und die auch nicht im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG leben, wird nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Kindergeld gewährt. Maßgeblich ist also, ob das Kind im Haushalt der Eltern weiterhin einen Wohnsitz hat. Bei voraussichtlicher Rückkehr des Kindes innerhalb eines Jahres liegt regelmäßig keine Aufgabe des Wohnsitzes vor, sodass bei einem Auslandsaufenthalt bis zu einem Jahr weiterhin Kindergeld gewährt wird.
Anders ist es bei Kindern, die sich zum Zwecke des Studiums für mehrere Jahre ins Ausland begeben und einen Wohnsitz im Ausland begründen. Diese behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern daher nur dann bei, wenn sie den Wohnsitz in Deutschland in ausbildungsfreien Zeiten, beispielsweise in den Semesterferien, nutzen (mehr als 50 %) oder sich häufig bei den Eltern aufhalten. Regelmäßig nicht ausreichend sind bei mehrjährigen Auslandsaufenthalten nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehungen begründete Besuche von zwei bis drei Wochen pro Jahr. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass das Kind den Wohnsitz in Deutschland aufgegeben hat. Allein die Möglichkeit, die familiäre Wohnung zu nutzen, und das Vorhandensein eines Kinderzimmers reicht für einen Wohnsitz in Deutschland nicht aus (Bundesfinanzhof (BFH), Urteil v. 25.9.2014 – III R 10/14).
Die gleichen Grundsätze, also das Erfordernis eines Wohnsitzes im Inland, gelten auch für Kinder, die noch zur Schule gehen oder in jüngeren Jahren ins außereuropäische Ausland (beispielsweise Türkei, USA, China, Russland) ziehen. Auch hier ist für den Kindergeldbezug maßgeblich, ob ein Wohnsitz im Inland weiterhin besteht (Finanzgericht München, Urteil v. 15.07.2020 – 7 K 769/18).
Kindergeld für im EU-Ausland lebende Kinder
Beispiel: Ein polnischer Staatsangehöriger arbeitet in Deutschland und hat dort seinen Wohnsitz. Seine minderjährige Tochter lebt mit der erwerbstätigen Mutter in Polen. Die Mutter in Polen erhält für die Tochter polnisches Kindergeld.
Der im Inland wohnende polnische Vater erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit den §§ 62 ff. EStG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 EStG für seine in Polen lebende Tochter. Bei diesem Ergebnis würde es grundsätzlich bleiben, wenn die erwerbstätige Mutter in Polen nicht bereits polnische Kindergeldleistungen erhalten würde. Denn die Ansprüche des Vaters auf Familienleistungen nach deutschem Recht und die Ansprüche auf Familienleistungen nach polnischem Recht treffen für dasselbe Kind und denselben Zeitraum aufeinander. Die Eltern dürfen nicht in zwei Mitgliedstaaten doppelt kassieren.
Diese Anspruchskumulierung ist nach Art. 68 der Verordnung (VO) 883/2004 aufzulösen. Danach sind zur Vermeidung grenzüberschreitender Doppelleistungen konkurrierende Kindergeldansprüche wie folgt zu priorisieren: Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer EU-Mitgliedstaaten zu gewähren, so stehen nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 883/2004 an erster Stelle die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche. Gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 2 der VO Nr. 883/2004 wird der inländische Kindergeldanspruch in Höhe der ausländischen Familienleistungen ausgesetzt, sodass von der Familienkasse in Deutschland nur die Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den polnischen Familienleistungen zu zahlen wäre. Die polnischen Familienleistungen sind daher auf das deutsche Kindergeld anzurechnen.
Hinweis: Der vorstehende Beitrag unterliegt dem Rechtsstand im Zeitpunkt Oktober 2022, er dient einer groben Übersicht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da der Kindergeldanspruch von den jeweils vorliegenden Einzelfallkonstellationen abhängig ist, und in jedem Fall – gerade in grenzüberschreitenden Fällen aufgrund der konkurrierenden innerstaatlichen und europäischen Regelungen und Abkommen sowie der innerstaatlichen und europäischen Rechtsprechung – einer Einzelfallprüfung bedarf.
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16.11.2021 Rechtsanwältin Nicole Rinau„… Vorschriften auch dann, wenn das Kind im Ausland lebt. Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 3 Haager Unterhaltsprotokoll (HUP) . Grundsätzlich wird also das Einkommen und die Leistungsfähigkeit …“ Weiterlesen
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