Kindesunterhalt zwischen Deutschland und der Schweiz

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Wenn Sie in Deutschland leben, Ihr Kind aber in der Schweiz wohnt und  Sie zur Zahlung von (mehr) Kindesunterhalt aufgefordert werden, können die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen der beiden Länder schnell verwirrend wirken. Doch keine Sorge! Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Kindesunterhaltsrecht zwischen Deutschland und der Schweiz und zeigt, worauf Sie besonders achten sollten.


1. Die Grundlagen: Unterhaltspflicht in Deutschland und der Schweiz

Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz sind Eltern verpflichtet, den Bedarf ihres Kindes zu decken. Dabei geht es um:

  • Naturalunterhalt: Betreuung und Versorgung des Kindes.
  • Barunterhalt: Finanzielle Leistungen.

Die Berechnung des Kindesunterhalts unterscheidet sich jedoch erheblich:

  • Deutschland: Hier spielt die Düsseldorfer Tabelle eine zentrale Rolle. Sie legt den Unterhalt je nach Einkommen und Alter des Kindes fest. Wichtig ist auch der sogenannte Selbstbehalt – der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Lebensunterhalt verbleiben muss.
  • Schweiz: In der Schweiz wird der Unterhalt individuell berechnet. Die Bedürfnisse des Kindes und die finanzielle Lage der Eltern stehen im Fokus, wobei das Existenzminimum (Notbedarf) des Zahlungspflichtigen berücksichtigt wird.

2. Unterhaltsregelungen in Deutschland

In Deutschland gibt die Düsseldorfer Tabelle klare Orientierung. Hier ein kurzer Überblick:

  • Für minderjährige Kinder: Anspruch auf vollen Barunterhalt.
  • Für volljährige Kinder: Anspruch auf Ausbildungsunterhalt, abhängig von Bedarf und Einkommen.

Das Kindergeld wird teilweise angerechnet, was die finanzielle Belastung des Unterhaltspflichtigen reduziert. Sollte der Unterhaltspflichtige nicht genug verdienen, greift die sogenannte Mangelfallberechnung, bei der der Unterhalt anteilig gekürzt wird.

Besonderheiten:

  • Unterhaltsvorschussgesetz (UVG): Wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlt, springt in Deutschland der Staat vorübergehend ein.
  • Betreuungsanteil: Der Elternteil, der das Kind überwiegend betreut, erbringt seinen Unterhalt durch Naturalunterhalt.

3. Kindesunterhalt in der Schweiz

Die Schweizer Regelungen sind flexibler und orientieren sich stärker an den individuellen Lebensumständen:

  • Der Unterhalt umfasst nicht nur finanzielle Leistungen (Barunterhalt), sondern auch den Betreuungsunterhalt.
  • Es wird der Grundbedarf des Kindes ermittelt und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Dabei wird die Höhe des Einkommens berücksichtigt und dagegen die Kosten aufgerechnet, die der Unterhaltspflichtige zur Deckung seines Lebensunterhalts benötigt. Sollte ein Überschuss verbleiben, wird dieser für den Kindesunterhalt herangezogen. 

4. Internationale Aspekte: Was tun bei grenzüberschreitenden Fällen?

Wenn Sie in Deutschland leben und der Unterhalt für ein Kind in der Schweiz geregelt werden soll, kommen oft internationale Vereinbarungen ins Spiel:

  • Die EU-Unterhaltsverordnung erleichtert die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen innerhalb der EU. Obwohl die Schweiz kein EU-Mitglied ist, existieren bilaterale Abkommen, die eine Zusammenarbeit ermöglichen.
  • Das Haager Unterhaltsübereinkommen bietet eine Grundlage für die grenzüberschreitende Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen.

Eine häufige Herausforderung ist die Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenshaltungskosten und Einkommensniveaus. Lassen Sie diese Punkte unbedingt prüfen, um Nachteile zu vermeiden.


5. Deutschland vs. Schweiz: Die wichtigsten Unterschiede

  • Berechnung: Deutschland nutzt die standardisierte Düsseldorfer Tabelle, während die Schweiz auf individuelle Berechnungen setzt.
  • Natural- und Barunterhalt: In der Schweiz wird der Betreuungsunterhalt stärker berücksichtigt.
  • Lebensstandard: Beide Länder streben an, den Lebensstandard des Kindes zu sichern, nutzen aber unterschiedliche Ansätze.

6. Rechtliche Unterstützung: Ihre nächsten Schritte

Wenn Sie Post aus der Schweiz erhalten haben, ist es wichtig, schnell zu reagieren. Hier ein Fahrplan:

  1. Prüfen Sie das Schreiben: Handelt es sich um eine Aufforderung zur Zahlung, eine Berechnung oder eine Unterhaltsklage ?
  2. Lassen Sie sich beraten: Grenzüberschreitende Unterhaltsregelungen sind komplex. Eine rechtliche Beratung ist entscheidend, um Ihre Rechte und Pflichten zu klären.
  3. Mediation nutzen: Oft kann eine einvernehmliche Lösung mit dem anderen Elternteil gefunden werden, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kommt.

7. Fazit

Die Unterschiede zwischen dem deutschen und schweizerischen Unterhaltsrecht können zunächst überwältigend wirken. Doch mit der richtigen Beratung lassen sich faire Lösungen finden, die sowohl dem Kindeswohl als auch Ihren persönlichen Umständen gerecht werden. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Unterstützung benötigen – wir helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und Klarheit in Ihre Situation zu bringen.

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/familie-hände-halten-eltern-kind-1866868/


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