Können Tilgungsleistungen eines Immobiliendarlehens beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden?

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Können Tilgungsleistungen eines Immobiliendarlehens beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden?

Aus dem Beschluss des BGH vom 9.3.2022 – XII ZB 233/21 ergibt sich, dass auch beim Kindesunterhalt grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden können, die ein Unterhaltspflichtiger auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie erbringt. Weiter führt der BGH in der genannten Entscheidung aus, überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist aber gleichwohl der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet, kann dem gesteigert Unterhaltspflichtigen zwar nicht eine vollständige Aussetzung der Tilgung, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise eine Tilgungsstreckung zugemutet werden. Dies komme insbesondere dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist.

Der zur Entscheidung berufene Senat wies aber auch darauf hin, dass in jedem einzelnen Fall aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung nach billigem Ermessen darüber entschieden werden muss, inwieweit Verbindlichkeiten des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind. Bei dieser Interessenabwägung muss bedacht werden, dass der Unterhaltspflichtige das Existenzminimum des minderjährigen Kindes sicherzustellen hat und dafür alles zu tun hat. In die Abwägung ist aber auch andererseits einzubeziehen, dass dadurch, dass der Unterhaltspflichtige Zahlungen auf den Kredit vornimmt, überhaupt erst ein Wohnvorteil entsteht, der zulasten des Unterhaltspflichtigen dessen Einkommen erhöhend berücksichtigt wird. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass bis zur Höhe des Wohnwerts der Zinsanteil und der Tilgungsanteil gegengerechnet werden. Der BGH wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich zwar bei der Tilgung eines Immobilienkredits um Vermögensbildung handele, die jedoch nicht zulasten des minderjährigen Kindes gehe, denn ohne diese Zins- und Tilgungsleistungen des Unterhaltspflichtigen gäbe es den zu berücksichtigenden Wohnvorteil bei der Unterhaltsberechnung nicht.

Kann der Mindestunterhalt nicht sichergestellt werden, kann der Unterhaltspflichtige verpflichtet sein, die Tilgung des Immobiliendarlehens zu strecken. Dies gilt vor allem dann, wenn die vom Unterhaltspflichtigen monatlich zu erbringende Tilgungsleistung entweder besonders hoch ist oder der Kredit bereits weitgehend abbezahlt wurde. Eine vollständige Einstellung der Tilgungsleistungen könne man vom Unterhaltspflichtigen jedoch nicht fordern.


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