Kurzfristige Absagen beim Immobilienverkauf: Rechtliche und finanzielle Konsequenzen

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Es kommt gelegentlich vor, dass kurz vor einem vereinbarten Notartermin eine der Parteien - sei es Käufer oder Verkäufer - von der Immobilientransaktion zurücktritt. Diese Situation ist nicht nur äußerst frustrierend für alle Beteiligten, sondern kann auch erhebliche finanzielle Folgen haben. Dazu gibt es folgende Entscheidung des BGH ( AZ.: V ZR 11/17) : 

Der Sachverhalt

Der konkrete Fall spielte sich in Frankfurt ab, wo ein Kaufinteressent eine Dachgeschosswohnung mit Pkw-Abstellplatz für 376.700 EUR von einem Großinvestor erwerben wollte. Der Interessent hatte bereits einen Darlehensvertrag über 300.000 EUR abgeschlossen, und die 14-tägige Widerrufsfrist war verstrichen.

Acht Tage vor dem geplanten Beurkundungstermin teilte der Verkäufer mit, dass die Wohnung nur zu einem deutlich höheren Preis von 472.400 EUR verkauft werden könne. Der Kaufinteressent lehnte ab und trat vom Kauf zurück. Die Wohnung wurde anschließend tatsächlich zu diesem höheren Preis an einen anderen Käufer veräußert.

Die rechtliche Auseinandersetzung

Der Kaufinteressent forderte Schadenersatz für die Kosten der Darlehensrückabwicklung in Höhe von etwa 9.000 EUR. Die Klage scheiterte jedoch vor den ordentlichen Gerichten und auch der BGH wies diese Forderung zurück und bestätigte seine bisherige Rechtsprechung: Bis zum formellen Vertragsabschluss hat jede Partei das Recht, von einem in Aussicht genommenen Vertrag Abstand zu nehmen.

Die Rechtslage

Es besteht zwar ein Anspruch auf Schadenersatz bei Abbruch von Verträgen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB). Allerdings stellt ein solcher Schadenersatzanspruch lediglich eine Ausnahme dar und bezieht sich auf den Fall, dass der Vertragspartner aufgrund der geführten Vertragsverhandlungen sicher davon ausgehen konnte, dass ein Vertrag zustande kommt. Zusätzlich muss der Vertragspartner aufgrund des sicher angenommenen Vertragsabschlusses im Vertrauen auf diese Aufwendungen getätigt haben.

Diese Regeln sind aber nicht auf den Kauf von Immobilien anwendbar. Ein Immobilienkaufvertrag bedarf zwingend der notariellen Beurkundung (§ 311b BGB), womit der Gesetzgeber insbesondere das Ziel verfolgt, Verkäufer und Käufer vor einem übereilten Kauf zu schützen.

Daraus folgt, dass jede Vertragsparteie vor einem notariellen Vertragsabschluss jederzeit Abstand nehmen kann. Würde man in einem solchen Fall einen der möglichen Vertragsparteien den sogenannten Vertrauensschadenersatz auferlegen, würde dies quasi einem Verkaufs- bzw. Kaufzwang gleichkommen. Dies bedeutet, dass der Ersatz des Vertrauensschadens bei einem geplatzten Notartermin nur in Betracht gezogen wird, wenn eine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung eines der Beteiligten vorliegt. Eine solche grobe und vorsätzliche Treuepflichtverletzung kann beispielsweise vorliegen, wenn ein Kaufvertragspartner verhandelt, ohne die Absicht einen notariellen Kaufvertrag abzuschließen. Wenn die andere Vertragspartei im Vertrauen auf die  vorhandene Verkaufsabsicht oder Ankaufsabsicht Reise- oder Sachverständigenkosten eingeht oder auch andere Vertragsabschlussmöglichkeiten unterlässt, kann sie diesen Schaden ersetzt verlangen. 

Die Begründung des BGH

Das Gericht argumentierte, dass ein indirekter Zwang zum Vertragsabschluss dem Zweck der notariellen Beurkundung nach § 311b BGB widersprechen würde. Vermögensdispositionen vor der Beurkundung erfolgen grundsätzlich auf eigenes Risiko. Schadenersatzansprüche entstehen nur bei grober vorsätzlicher Treuepflichtverletzung, etwa wenn eine nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorgetäuscht wird.


Praktische Empfehlungen:

Kaufinteressenten sollten verschiedene Absicherungsmöglichkeiten in Betracht ziehen:

- Vereinbarung einer Annahmefrist oder eines kostenlosen Lösungsrechts mit der Bank

- Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung im Finanzierungsvertrag;

- Beurkundung des Kaufvertrags innerhalb der Widerrufsfrist des Darlehensvertrags;

- Abschluss eines notariell beglaubigten Vorvertrags mit verbindlicher Kaufpreisfestlegung.




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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