Medizinal-Cannabis auf Rezept und der Führerschein: wird nach der Legalisierung alles einfacher?
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Was bei (Medizinal-)Cannabis auf Rezept einfacher geworden ist: seit der Teillegalisierung von Cannabis unterliegt die Verschreibung nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz. Damit fiel Cannabis auch aus der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und Ärzte können seither Medizinalcannabis deutlich einfacher verordnen.
Das hat nun auch eine Reihe von Telemedizin-Anbietern auf den Plan gerufen, die auf Online-Plattformen den einfachen, schnellen und günstigen Erhalt eines Rezepts für Cannabis anpreisen – inklusive des Cannabis, das gleich mal per DHL geliefert wird. Es hat sich mit der vereinfachten Verschreibung daher ein lukratives Geschäft eröffnet und da sind sie Profiteure nicht weit: das Geschäft mit der Verschreibung von Cannabis boomt auf Online-Plattform seit der Cannabislegalisierung entsprechend.
Für viele scheint es zunächst erfreulich, dass medizinisches Cannabis mit kaum mehr Aufwand als bei einer Pizzabestellung „bestellt“ werden kann. Die Cannabis-Anbauvereine kommen nicht ins Laufen, (medizinisches) Cannabis kann bei Telemedizin-Anbietern beim Surfen im Internet bequem vom Sofa gekauft werden. Der Medizinalcannabis-Markt geht – auch bei unterschiedlichen Angaben zur genauen Höhe – durch die Decke. Apotheken kommen mit der Versorgung von Medizinalcannabis nicht mehr hinterher.
Demgegenüber ist aber festzustellen, dass bei Medizinalcannabis in Bezug auf das Fahrerlaubnisrecht - also alles, was Ihren Führerschein angeht – eigentlich gar nichts einfacher geworden. Vielmehr wird Medizinalcannabis durch die geänderte Gesetzeslage durch Telemedizinanbieter wie oben beschrieben um ein Vielfaches verschrieben, ohne dass es im fahrerlaubnisrechtlichen Überprüfungsverfahren eine Erleichterung gegeben hätte. Und ja, das gilt auch, obwohl der Grenzwert seit dem 22.08.2024 von 1 ng/ml auf 3,5 ng/ml in § 24a StVG gesetzlich festgeschrieben worden ist und auch obwohl der Fahrerlaubnisverordnung in Bezug auf Cannabis „angepasst“ worden ist. Das ist aber fahrerlaubnisrechtlich für die Fahreignung bei Medizinalcannabis-Verschreibungen irrelevant.
Wenn Sie (medizinisches) Cannabis verschrieben bekommen haben, konsumieren Sie kein Cannabis, sondern Sie nehmen ein Medikament ein. Die bestimmungsgemäße Einnahme von für einen bestimmten Krankheitsfall ärztlich verordnetem Cannabis ist als Behandlung mit Arzneimitteln einzuordnen. Dies hat fahrerlaubnisrechtlich mit dem (mittlerweile erlaubten) Konsum von Cannabis nichts zu tun. Auch die Überprüfung Ihrer Fahreignung wird in beiden Fällen völlig unterschiedlich gehandhabt.
Auf den ersten Blick als Vorteil erscheint, dass für die Feststellung der Fahreignung nicht auf den Grenzwert in Höhe von 3,5 ng/ml, abzustellen ist: da die Dosis jeweils individuell ist, gibt es eben auch keine Grenzwerte für die Einnahme von Medikamenten. Darauf kommt es also bei Medizinalcannabis nicht an, Sie können also über dem Grenzwert liegen – aber auch darunter. Zu einer Überprüfung der Fahreignung kann es bei Medizinalcannabis also unabhängig vom festgestellten Grenzwert kommen.
Nun scheint mit der Verschreibung von medizinischem Cannabis auf Rezept aber die irrige Vorstellung einherzugehen, dass bei einer Verkehrskontrolle nur noch das Cannabis-Rezept und soweit vorhanden der Cannabisausweis gezückt werden muss, um - mit einem freundlichen Nicken der Polizeibeamten - weiterfahren zu dürfen. Bei mir häufen sich nun die – empörten – Anrufe von (neuen) Medizinalcannabis-Patienten: Polizeibeamten haben nach einer Verkehrskontrolle - statt freundlich zu lächeln und durchzuwinken – eine Meldung zur Einnahme von Medizinalcannabis an die Fahrerlaubnisbehörde getätigt und die Fahrerlaubnisbehörde hat dann gleich mal eine ärztlichen Gutachtensanordnung oder eine medizinich-psychologischer Untersuchung (MPU) angefordert.
Und das ist keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen!
Zumindest oder insbesondere insoweit in der Vergangenheit schon einmal „illegaler“ Konsum, z.B. auch durch „Selbstmedikation“ mit Cannabis, vorgelegen hat, ist mit einem umfangreichen Fragenkatalog in einer Anordnung zu einer Begutachtung zu rechnen. Hier ein Beispiel einer jüngst erhaltenen ärztlichen Anordnung zu einer anstehenden Begutachtung eines Mandanten:
Sollte das Gutachten nicht zu einem positiven Ergebnis hinsichtlich der Fahreignung kommen, also eine Fahrungeeignetheit festgestellt, dann wird auch umgehend die Fahrerlaubnis entzogen. Aber selbst, wenn das ärztliche Gutachten nicht zu eine Fahrungeeignetheit kommt, wird meiner Erfahrung nach in der Regel zusätzlich eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet – da in der Regel bei Medizinalcannabis, insbesondere mit vorangegangenem illegalem Konsum von Cannabis, auch psychologische Fragestellungen abgeklärt werden müssen.
Die Kosten für jede Begutachtung bewegen sich von ca. 1.400 € bis 2.200 € und ziehen sich über einen monatelangen Zeitraum hin.
Sollte dann der schlimmste Fall einer Fahrerlaubnisentziehung abgewendet worden sein (übrigens: sollten Sie kein Gutachten in der von der Fahrerlaubnisbehörde gesetzten Frist beigebracht haben, wird die Fahrerlaubnis auch entzogen, also nicht nur bei einem negativen Ergebnis), kommt also das ärztliche Gutachten und/oder die MPU zum Ergebnis Ihrer Fahreignung, ist aber noch lange nicht Schluss mit der Überprüfung der Fahreignung. Es dürfte in Abständen immer wieder zur Überprüfung Ihrer Leistungsfähigkeit unter Medizinalcannabis kommen.
Schlechtestenfalls kommt es aber zu weiteren Auflagen. Diese sind unterschiedlich umfangreich. Als Beispiel einer (eher umfangreicheren, aber eben möglichen) Empfehlung zu einer Nachuntersuchung zitiere ich aus einem mir vorliegenden medizinisch-psychologischen Gutachten zu den empfohlenen Auflagen:
- Vorlage einer Haaranalyse über 6 cm mit Analyse auf Cannabinoide inklusive THC-Carbonsäure sowie Medikamente bei der Fahrerlaubnisbehörde bis zum 31. August 2024. Dies ist notwendig, um die regelmäßige Einnahme der verschiedenen Medikamente zu belegen.
- Regelmäßige Vorlage von ärztlichen Attesten des Cannabis-verordnenden Arztes bei der Fahrerlaubnisbehörde. Diese haben eine Aussage über den Behandlungsverlauf (z.B. Verlauf der Grunderkrankung, Medikations- und Dosisverlauf, Angaben zur Einschätzung von Compliance und Adhärenz, Angaben zu möglichen neu aufgetretenen Erkrankungen, insbesondere zu möglichen psychiatrischen Diagnosen) zu treffen. Sofern ein stabiler Krankheits-und Behandlungsverlauf sowie das Fehlen relevanter Begleit- oder Folgeerkrankungen attestiert werden, bleibt die Fahreignung bestehen. Sofern eine Verschlechterung, eine relevante Dosisveränderung oder das Auftreten von Begleiterkrankungen attestiert werden, ist eine sofortige Nachbegutachtung erforderlich.
- Die Vorlage muss alle 6 Monate bis zur Nachbegutachtung erfolge (s.u.)
- Eintragung der Schlüssel 05.08. Dies ist notwendig, um den zusätzlichen Einfluss von Alkohol bei der Verkehrsteilnahme aufgrund der damit verbundenen Steigerung des Unfallrisikos und des unvorhersehbaren Wirkungsverlaufs von Alkohol du Dauermedikamenten zu vermeiden.
- Eintragung der Schlüsselzahl 104 (Mitführen eines gültigen ärztlichen Attestes)
- Eine erneute medizinisch-psychologische Untersuchung (Nachbegutachtung) ist vor dem Hintergrund der erst kurzen Verschreibungsdauer aus den genannten Gründen und zur erneuten Beurteilung der Compliance, Adhärenz und psychofunktionalen Leistungsfähigkeit in einem Jahr nach dieser Untersuchung erforderlich. In diesem Rahmen sind die genannten Auflagen ebenfalls erneut auf Ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen.
Fazit:
Die Verschreibungen von Medizinalcannabis durch Telemedizin-Anbieter ist so einfach wie eine Pizzabestellung. Dies zeigt sich an den in die Höhe geschossenen Verschreibungen von Medizinalcannabis. Die Folgen einer solchen Verschreibung ist den Wenigsten bewusst. Es steht aber bei einer Überprüfung bei der Einnahme von Medizinalcannabis bei einer Fahreignungsüberprüfung vom ersten Tag Ihre Fahrerlaubnis auf dem Spiel – und Fahreignungsüberprüfungen gehen mit einer hohen „Durchfallquote“ einher.
Sollten Sie eine Überprüfung Ihrer Fahreignung seitens der Fahrerlaubnis erhalten, nehmen Sie dies keinesfalls auf die leichte Schulter.
Bei Fragen können Sie sich bei mir unter der Telefonnummer 0421-695 256 27 für eine Ersteinschätzung melden.
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