Mietminderung - Voraussetzungen und Grenzen

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Hauptpflicht des Vermieters ist es, den Gebrauch der Mietsache während des Vertragsverhältnisses zu gewähren. Ist der Gebrauch der Mietsache durch Mängel eingeschränkt, hat der Mieter das Recht, die Miete zu mindern. Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten). Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung geschuldet werden (BGH, Urteil vom 06.04.2005 - XII ZR 225/03).

Grundsätzlich ist der Vermieter gemäß § 535 I S. 2 BGB zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in vertragsgemäßem, d.h. mangelfreiem Zustand verpflichtet. Treten an der Mietsache Mängel auf, so obliegt es dem Vermieter, diese unverzüglich zu beseitigen. Diese Pflicht besteht verschuldensunabhängig. Sie ist das Spiegelbild der Zahlungspflicht des Mieters („Geld hat man zu haben“).

Es wird zwischen Sach- und Rechtsmängeln unterschieden. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Zeit der Überlassung an den Mieter oder während der Mietzeit aufgehoben oder gemindert ist. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn z.B. ein Dritter ein Recht an dem Mietobjekt geltend macht und dadurch dem Mieter der Gebrauch der Mietsache ganz oder teilweise entzogen wird, oder z.B. ein Schwarzbau vermietet wird und das Bauordnungsamt die Nutzung untersagt.

Ob ein Mangel vorliegt, richtet sich danach, ob die Istbeschaffenheit der Mietsache von der vertraglich vorausgesetzten Sollbeschaffenheit abweicht. Maßgeblich ist, ob die Mietsache zum bestimmungsgemäßen Gebrauch genutzt werden kann. Als Mängel kommen dabei nicht nur der Mietsache selbst anhaftende Beeinträchtigungen in Betracht, sondern auch die Beziehung der Mietsache zu ihrer Umwelt (z.B. Baulärm in der Nachbarschaft). Ausgenommen davon sind nur Mängel, die der Mieter bei Einzug kannte oder kennen mußte (z.B. Wohnen in der Einflugschneise eines Flughafens, Anmietung eines Hauses neben einer offensichtlichen Baulücke). Es empfiehlt sich zu Beweiszwecken immer, im Übergabeprotokoll Mängel festzuhalten und auch deren vereinbarte Behebung.

Der Vermieter muß von dem Mangel Kenntnis erlangen, d.h. der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter den Mangel anzuzeigen und ihn zur Mängelbeseitigung in angemessener Frist aufzufordern. Unterläßt der Mieter die Mängelanzeige, so entfällt das Recht des Mieters auf Mietminderung, allerdings nur für den Zeitraum der versäumten Anzeigepflicht. Erst wenn die Beseitigung unterbleibt, kann der Mieter die Miete mindern. Die Minderungshöhe hängt einzelfallbezogen von der Art des Mangels und ggf. auch der Beweislage ab, weshalb sich empfiehlt, ein Gutachten bezüglich der Mietsache erstellen zu lassen, Lärmprotokolle oder Fotos anzufertigen.

Berechtigte Minderungen muß der Vermieter hinnehmen. Treten diese durch Dritte auf (Baulärm, Nachbarn), hat der Vermieter ggf. einen Rückgriffsanspruch gegen den Verursacher, was dann der Fall ist, wenn die Grenze der Zumutbarkeit für den Vermieter erreicht ist, z.B. wenn es nicht mehr möglich ist, die Mietsache wirtschaftlich betreiben zu können. Zur Ermittlung des Rückgriffsanspruchs wird die Nettorendite herangezogen. Die Differenz zwischen Nettorendite und Mietminderung ergibt die Anspruchshöhe.

Die Mietminderung muß gegenüber dem Vermieter nicht geltend gemacht werden, sondern tritt automatisch kraft Gesetzes ein. Liegt ein beachtlicher Mangel vor, schuldet der Mieter für den Zeitraum, in welchem die Mietsache mit einem Mangel behaftet ist, nur einen geminderten Mietzins. Für die Gebrauchsbeeinträchtigung ebenso dafür, daß der Mangel nicht durch einen unsachgemäßen Gebrauch durch den Mieter herrührt, trägt der Mieter im Prozess die Beweislast. Handelt es sich um einen Mangel, der eindeutig der Sphäre des Vermieters zuzuordnen ist (z.B. Baumängel) liegt die Beweislast bei diesem.

Der Mieter hat ggf. das Recht, den Mangel selbst zu beseitigen und den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen vom Vermieter zu verlangen. Ein Aufwendungsersatzanspruch steht dem Mieter zu, wenn die Beseitigung des Mangels unumgänglich ist oder der Vermieter sich mit der Mängelbeseitigung im Verzug befindet bzw. diese verweigert.

Grundsätzlich besteht aber immer die Gefahr, daß bei einer Mietminderung, die der Vermieter nicht akzeptiert, wegen Zahlungsverzuges die Kündigung ausgesprochen wird. Daher sollte sicherheitshalber bis zur Klärung der Sachlage unter Vorbehalt weitergezahlt werden. Dies hat auch der BGH (Az.: VIII ZR 138/11) bestätigt: Bei Zweifeln über die Ursache eines Mangels könne der Mieter unter Vorbehalt die Miete weiterzahlen. Dann sei er bis zur gerichtlichen Klärung nicht der Gefahr einer fristlosen Kündigung ausgesetzt. Ansonsten habe der Mieter die Nichtzahlung zu vertreten, wenn ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Dies sei auch der Fall, wenn er die Ursache eines Mangels an der Wohnung falsch einschätze. Dies entspricht der langjährigen Rechtsprechung des BGH, wonach jede Mietpartei die in ihrem Verantwortungsbereich liegenden Ursachen ausräumen muß.

Die Anforderungen an die Darlegungslast des Mieters darf aber nicht überspannt werden (BGH, Beschluss vom 25. 10. 2011 - VIII ZR 125/11). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen ("Mangelsymptome") hinaus die - ihm häufig nicht bekannte - Ursache dieser Symptome bezeichnet (BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 210/96).

Bei Modernisierungsmaßnahmen gelten Besonderheiten. Es ist zu prüfen, ob es sich um eine Modernisierung handelt (Erhöhung des Wohnstandards), eine energetische Modernisierung oder nur um Reparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen.

Wenn der Vermieter eine Modernisierung korrekt ankündigt, haben Mieter nach Ende des Monats, in dem das Schreiben zugegangen ist, einen Monat Zeit etwaige Einwände zu äußern. Diese Frist gilt nur, wenn der Vermieter auf sie hingewiesen hat. Da Fehler im Einspruch gegen eine Modernisierungsmaßnahme nach Fristablauf nicht mehr korrigiert werden können, ist zu empfehlen, daß man sich anwaltlich beraten läßt, bevor man auf das Ankündigungsschreiben antwortet. Zwischen der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen und dem Beginn der Bauarbeiten müssen 3 Monate liegen. Die Frist beginnt mit Zugang des Schreibens. Es müssen die Arbeiten, deren Beginn und die voraussichtliche Dauer genannt werden.

Luxusmodernisierungen oder unzumutbare Arbeiten, die eine besondere Härte bedeuten würden (Umgestaltung der Wohnung oder völlige Unbenutzbarkeit der Wohnung durch umfangreiche Arbeiten – z.B. wochenlange Arbeiten an Küche oder WC.), muß der Mieter nicht dulden und kann diese zurückweisen.

Der Vermieter kann einen Teil der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umlegen. Bei Staffel- oder Indexmieten ist keine Mieterhöhung möglich. Die Kosten hat der Vermieter darzulegen und auch eine evtl. Verteilung auf mehrere Mieter/Wohnungen zu erklären. Der Mieter soll in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob der Standard des Hauses wirklich verbessert wird. Wenn der Mieter sich die erhöhte Miete nicht mehr leisten kann, muß er die Modernisierung trotzdem dulden, allenfalls kann eine geringere Mieterhöhung erreicht werden. Denn der Mieter muß nach Zahlung der erhöhten Miete seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten können.

Doch trotz finanzieller Härte kann der Vermieter die volle Miete verlangen, wenn er nicht mehr als den allgemein üblichen Standard hergestellt hat oder die Modernisierung für den Mieter erhebliche Energieeinsparungen bringt. Die Mieterhöhung bleibt bestehen, auch wenn die Mieter die Modernisierungsmaßnahmen abbezahlt haben. 3 Monate lang muß der Mieter Baulärm und Dreck dulden, ohne die Miete mindern zu dürfen, wenn die Modernisierung zum Energiesparen durchgeführt wird. Ab dann und bei allen anderen Bauarbeiten darf gemindert werden, wenn die Nutzung der Wohnung beeinträchtigt ist.

Im Falle einer Kündigung können die ausstehenden Zahlungen innerhalb der Schonfrist des § 569, Abs. 3, Nr. 2 BGB nachgeholt werden, sodaß die Wirksamkeit der Kündigung entfällt.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV


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