Nachzug zu einem minderjährigen deutschen Kind

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Bei in Deutschland lebenden Minderjährigen ist ein Familiennachzug in zwei Konstellationen möglich: (1) Wenn der/die Minderjährige die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder (2) wenn der/die Minderjährige einen Aufenthaltstitel besitzt und eine ausländische Staatsangehörigkeit hat. In diesem Beitrag geht es um die erstgenannte Konstellation, welche gesetzlich in § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt ist.

Wer ist anspruchsberechtigt?

Berechtigt zum Nachzug zu einem/einer deutschen ledigen Minderjährigen ist der Elternteil, der die sog. Personensorge  übernimmt. Auch sonstige Familienangehörige eines deutschen Minderjährigen können nach dem Aufenthaltsgesetz zum Familiennachzug in Frage kommen. Dies richtet sich jedoch nach § 28 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG, wobei hierbei Besonderheiten gegenüber der hier erläuterten Konstellation gelten: ein Nachzug darf nur erfolgen, wenn hierdurch eine außergewöhnlichen Härte vermieden wird. Ob dies vorliegt, entscheidet die Behörde im konkreten Einzelfall im Rahmen ihres Ermessens.

Sind Sie mit der Mutter Ihres Kindes zur Zeit der Geburt verheiratet, gelten Sie nach dem deutschen Recht grundsätzlich als Vater. Sind Sie unverheiratet, ist bei Antragstellung, zusätzlich zur Geburtsurkunde,     die Vorlage der Vaterschaftsanerkennung notwendig.  Diese kann entweder nach deutschem Recht (§§ 1592, 1594 BGB) oder nach ausländischem Recht zustande gekommen sein. Sollte die Auslandsvertretung bzw. die Ausländerbehörde konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Vaterschaftsanerkennung haben, wird die Entscheidung zur Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Familiengerichts ausgesetzt. Um unnötige Verzögerungen zu vermeiden, sollte hier sorgfältig vorgegangen werden. In Deutschland ist das Standesamt, Jugendamt oder der Notar für die Vaterschaftsanerkennung zuständig. Sie muss unter Vorlage von Geburtsurkunde desKindes und der Eltern, Mutterpass und Reise- oder Inlandspass vor einem Urkundsbeamten persönlich erklärt werden. 

Als Elternteil müssen Sie deutlich machen, dass Sie personensorgeberechtigt sind und beabsichtigen, nach Ihrem Nachzug die Personensorge zu übernehmen. Unter Personensorge versteht man die Betreuung, Versorgung und Erziehung des/der Minderjährigen. Dies beinhaltet entweder, dass Sie mit dem/der Minderjährigen zusammenleben oder aber zusammen eine familiäre Gemeinschaft durch regelmäßigen Kontakt bilden. Die Behörde erkennt Sie als personensorgeberechtigt an, wenn Sie eine (ausländische) Sorgerechtsentscheidung oder eine einfache Sorgeerklärung    vorlegen können. 

Im Rahmen einer Sorgeerklärung geben die nicht verheirateten Eltern in der Regel bei Geburt des Kindes an, zukünftig gemeinsam Sorge für das Kind zu tragen. Wichtig ist, genau in der Erklärung festzulegen, wer Mutter und wer Vater des Kindes ist. Unter Umständen kann dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn gemäß § 28 Abs. 1 S. 4 AufenthG die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. Hier entscheidet die Behörde im Rahmen ihres Ermessens, wobei vor allem auf das Kindeswohl geachtet wird. 

Wer gilt als deutsche Minderjährige? 

Ein Familiennachzug gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG ist zu Personen möglich, die zum Zeitpunkt der Antragstellung (noch) minderjährig sind, d.h. das 18. Lebensjahr noch nicht vollendethaben. Sie muss ledig sein, darf demnach weder verheiratet, geschieden, noch verwitwet sein. Die/Der Minderjährige muss die deutsche Staatsangehörigkeit haben, dies ist in der Regel beim Abstammen von einem/r Deutschen der Fall. Ausnahmen bestehen bei dem Erwerb anderer Staatsangehörigkeiten durch Geburt, Erklärung, Adoption (§§ 4-6 StAG) oder bei Verlust der Staatsangehörigkeit (§§ 18, 19, 25, 26 StAG).

Ist ein Familiennachzug auch möglich, wenn das Kind noch nicht geboren wurde?

Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs ist erst ab Geburt möglich, da der Elternteil allein zum Zwecke der Personensorge nachziehen darf. Allerdings ist eine Einreise des Elternteils     vor der Geburt     denkbar. Dies gilt sowohl für die schwangere Mutter, als auch für den Vater. Die Vaterschaftsanerkennung ist hier von großer Relevanz. 

Wie lange gilt die Aufenthaltserlaubnis? Wann kann sie verlängert werden?

Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt regelmäßig für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren, weil dann ein Anspruch auf Niederlassungserlaubnis begründet wird. Gemäß § 28 Abs. 3 S. 2 AufenthG ist nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes die erteilte Aufenthaltserlaubnis eines Elternteils zur Ausübung der Personensorge für einen minderjährigen ledigen Deutschen zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt. Nach drei Jahren Aufenthalt aufgrund der Aufenthaltserlaubnis des nachgezogenen Elternteils besteht die Möglichkeit, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis zu erhalten. Die Voraussetzungen sind in § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG normiert: Besitz einer dreijährigen Aufenthaltserlaubnis, Fortbestand der familiären Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet, kein Ausweisungsinteresse, ausreichende Deutschkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts. Der Antrag auf Erteilung einer solchen Niederlassungserlaubnis ist bei der Ausländerbehörde zu stellen.

Wie läuft das Verfahren ab und was haben Sie zu tun?

1. Sie müssen zunächst einen Termin bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung (Botschaft / Generalkonsulat) vereinbaren.

2. Stellen Sie einen Antrag auf Erteilung eines nationalen Visums  und reichen Sie die hierfür erforderlichen Unterlagen mit. Das Antragsformular finden Sie hier: https://videx-national.diplo.de/videx. 

Welche Unterlagen Sie ausgefüllt und ausgedruckt zum Termin mit der Auslandsvertretung mitzubringen haben, habe ich Ihnen hier aufgeführt:

• aktuelles Passfoto

• Antrag mit einem aufgeklebtem aktuellem Passbild

• Inlandspass, eine Kopie der Datenseite, Kopien der Seiten mit Eintragungen

• Reisepass, eine Kopie der Datenseite, ggf. Kopie des Aufenthaltstitels

• Tabellarischer Lebenslauf

• Krankenversicherung (innerhalb der EU geschlossene Krankenversicherungen)

• Wohnsitznachweis

• Geburtsurkunde des Kindes oder Schwangerschaftsbestätigung

• Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit des/der Minderjährigen bzw. des anderen  Elternteils

• ggf. Heiratsurkunde

• ggf. Nachweise zu Vorehen

• Einladungsschreiben des in Deutschland lebenden Elternteils• ggf. Vaterschaftsanerkennung

• ggf. Zustimmungserklärung der Mutter bzgl. der Vaterschaftsanerkennung

• ggf. Erklärung zur Ausübung der gemeinsamen Sorge („Sorgeerklärung“) und dazugehörige Zustimmungserklärung der Mutter.

Alle Unterlagen sind in deutscher Sprache einzureichen, andernfalls ist eine deutschsprachige Übersetzung beizufügen. Eine notarielle Beglaubigung ist nicht erforderlich. Alle Dokumente sind im Original und in Kopie bei der Behörde vorzulegen.

3. Bei erfolgreichem Durchlauf des Verfahrens, erhalten Sie von der Auslandsvertretung Ihren Pass und Ihr Visum.

4. Nach Ihrer Einreise nach Deutschland beantragen Sie dann den Aufenthaltstitel bei der örtlichen Ausländerbehörde.

Bei Fragen zur Antragsstellung oder im Falle einer Ablehnung durch die zuständige Behörde, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich schnellstmöglich, damit ich Ihnen bestmöglich bei Ihrem Anliegen helfen kann.

Foto(s): Rechtsanwalt Gökhan Akbas

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