Nichtigkeit des Kaufvertrags beim Immobilienkauf

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Formmangel einer   Vorauszahlungsabrede und Nichtigkeit des Kaufvertrags – BGH, V ZR 8/23


Ein Formmangel bei einer Vorauszahlungsabrede muss nicht dazu führen, dass der Immobilienkaufvertrag insgesamt nichtig ist. Wenn der Käufer eine bereits im Voraus geleistete Zahlung auf den Kaufpreis beweisen kann, ist die Vermutung der Gesamtnichtigkeit widerlegt. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. Juni 2024 entschieden (Az.: V ZR 8/23).


Bei Immobilientransaktionen empfiehlt es sich grundsätzlich, jeden Vorgang genau zu dokumentieren. Das gilt natürlich auch für jede geleistete Zahlung und Vorauszahlung. Denn Formfehler können zur Nichtigkeit des gesamten Kaufvertrags führen, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Immobilienrecht berät.


Vermutung der Nichtigkeit kann widerlegt werden


Der BGH hat nun deutlich gemacht, dass die Vermutung der Nichtigkeit des gesamten Kaufvertrags widerlegt werden kann, wenn der Käufer die Vorauszahlung beweisen kann. Dazu reicht es aus, wenn er die Vorauszahlung aus seiner Sicht zweifelsfrei nachweisen kann. Eine Quittung des Verkäufers über die Zahlung ist dafür nicht zwangsläufig erforderlich.


In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der inzwischen verstorbene Vater der Beklagten im März 2017 seinen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an eine GmbH zum Preis von 40.000 Euro verkauft. Der Geschäftsführer der GmbH veranlasste im April und Mai 2017 Zahlungen an den Käufer über insgesamt 80.000 Euro. Als Verwendungszweck gab er „975/23.3.2017“ bzw.  „Restzahlung 975/23.3.2017“ an. Im November 2018 schloss der inzwischen verstorbene Vater und Erblasser mit dem Geschäftsführer der GmbH einen notariellen Kaufvertrag über die weitere Miteigentumshälfte. Der Kaufpreis betrug wiederum 40.000 Euro. Die GmbH übertrug anschließend ihren erworbenen Miteigentumsanteil auf ihren Geschäftsführer.


Vorauszahlungsabrede nicht beurkundet


Über die Übertragung des zweiten Miteigentumsanteils auf den Käufer kam es schließlich zum Streit zwischen den Parteien. Knackpunkt war dabei die Vorauszahlung über 40.000 Euro. Der Kläger behauptete, dass es über diese Vorauszahlung auf den Kauf der zweiten Miteigentumshälfte eine mündliche Vereinbarung zwischen den Parteien gegeben habe. Eine notarielle Beurkundung dieser Vereinbarung gibt es allerdings nicht. Das reichte dem OLG Hamm nicht aus. Es machte deutlich, dass es sich um eine beurkundungsbedürftige Vorauszahlungsabrede handelte. Da eine Beurkundung nicht erfolgt sei, sei die Abrede nichtig. Dies führe nach § 139 BGB dazu, dass der gesamte Kaufvertrag nichtig sei, entschied das OLG Hamm.


Der Kläger könne die Vorauszahlung nicht belegen, denn der Kaufvertrag enthalte dafür keine Anhaltspunkte und bei den Überweisungen handele es sich um einseitige Handlungen des Klägers und nicht um Quittungen des Verkäufers, so das OLG.


BGH: Kaufvertrag muss nicht insgesamt nichtig sein


Der BGH kam im Revisionsverfahren allerdings zu einer anderen Auffassung. Der Anspruch des Klägers könne sich aus dem im November 2018 geschlossenen Kaufvertrag über den zweiten Miteigentumsanteil ergeben. Aus den bisherigen Feststellungen des OLG ergebe sich nicht, dass der Kaufvertrag insgesamt nichtig sei, so die Richter in Karlsruhe.


Der BGH bestätigte zwar, dass eine Vorauszahlungsvereinbarung notariell bestätigt werden muss. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass zum Zeitpunkt der Vorauszahlung die Kaufpreisforderung noch nicht besteht. Daher könne die Vorauszahlung ohne entsprechende Vereinbarung schon von Rechts wegen nicht zur Teilerfüllung einer Kaufpreisschuld führen. Somit sei eine Vorauszahlungsvereinbarung beurkundungsbedürftig und ohne Beurkundung nichtig. Das bedeute aber nicht zwangsläufig, dass auch der Kaufvertrag insgesamt nichtig ist, so der BGH.


Käufer muss Vorauszahlung beweisen


Zwar sei die Nichtigkeit gemäß § 139 BGB zu vermuten. Diese Vermutung könne beim Vorliegen besonderer Umstände aber widerlegt sein, führte der BGH weiter aus. Dies komme hier in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist die Vermutung dann widerlegt, wenn der Käufer die Vorauszahlung auf den Kaufpreis beweisen kann. Entscheidend dafür sei der Nachweis der Zahlung, so die Karlsruher Richter.


Wenn der Käufer die Zahlung nachweisen kann, sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass sich die Parteien auch ohne die Vorauszahlungsabrede auf den beurkundeten Teil des Immobilienkaufs eingelassen hätten. Dafür spreche umso mehr, wenn der Verkäufer eine Quittung über die Zahlung ausgestellt hat. Dies sei aber keine Voraussetzung. Entscheidend sei, dass der Käufer die Zahlung aus seiner Sicht zweifelsfrei nachweisen kann, machte der BGH deutlich und wies den Fall an das OLG Hamm zurück. Dieses muss nun erneut entscheiden, ob der Kläger die Vermutung der Gesamtnichtigkeit des Kaufvertrags widerlegt hat.


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