Reform bei Abmahnungen: Anwaltsgebühren abgesenkt
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Bereits am 27.06.2013 hat ein Maßnahmenpaket gegen „unseriöse Geschäftspraktiken" den Bundestag passiert (BT-Drs. 17/13057, 17/14192). Mit diesem Paket haben sich gleich auch wichtige Änderungen für den viel umstrittenen Bereich anwaltlicher Abmahnungen im Urheberrecht ergeben. Zum einen wurden die fälligen Anwaltsgebühren gedeckelt, zum anderen die Rechte der Abmahn-Opfer für künftige Fälle gestärkt. Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Bestimmtheit von Abmahnungen - Ersatz für die Verteidigung
Durch die Reform wurden zunächst die formalen Anforderungen, die Abmahnungen erfüllen müssen, gesetzlich festgesetzt. So muss nach dem neuen § 97a UrhG der in seinen Rechten Verletzte klar aus der Abmahnung hervorgehen, die Rechtsverletzung genau bezeichnet, Zahlungsansprüche genau aufgeschlüsselt und eine detaillierte Erklärung zum Umfang der geforderten Unterlassungsverpflichtung abgegeben werden. Geschieht dies nicht, ist die Abmahnung gesetzlich unwirksam.
Neu gesetzlich geregelt ist auch, dass Abgemahnte bei unwirksamen oder unberechtigten Abmahnungen einen Anspruch auf Ersatz ihrer Anwaltskosten vom Abmahner haben!
Vergangenheit: Anwaltsgebühren als Geschäftsmodell beim Filesharing
Neben den zwei Posten „Schadensersatz" und „Unterlassungserklärung", die in anwaltlichen Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts stets für die Rechteinhaber eingefordert werden, tritt regelmäßig auch noch ein dritter, kostenintensiver Punkt: Die Erstattung der Anwaltsgebühren.
Der Abgemahnte wird regelmäßig dazu aufgefordert, die Rechtsverfolgungskosten - also die Anwaltsgebühren - des Rechteinhabers (Musikverlag, Videoproduktionsfirma, Computerspielfirma etc.) zu tragen. In der Vergangenheit haben sich hierbei für einige Anwälte ganze Geschäftsfelder erschlossen: Durch Kooperationen mit Rechteinhabern und die Berechnung viel zu hoher Anwaltsgebühren bei Massenabmahnungen kam es für Anwälte wie Rechteinhaber zu einer profitablen Win-Win Situation.
Unzulässigkeit von Abmahnungen
In vielen Fällen wurden solche Abmahnungen, die nicht den Schutz des Rechtsfriedens, sondern ausschließlich den gemeinschaftlichen Profit der Abmahner als Zweck hatten, gerichtlich als unzulässig erklärt (Massenabmahnungen bei Missbrauch der Abmahnbefugnis). Um dieser Praxis nun auch gesetzlich einen Riegel vorzuschieben, deckelte der Bundestag die zulässigen Anwaltsgebühren für bestimmte Abmahnungen durch eine Änderung des Gerichtskostengesetzes (§ 49 GKG) nun auf 155,30 € bei einem Gegenstandswert von 1000,00 €.
Hierbei handelt es sich in aller Regel um Fälle, in denen es sich bei dem Abgemahnten um Privatleute - die nicht gewerbsmäßig die Werke verwendet haben - handelt, der erstmalig das Urheberrecht an einem geschützten Werk verletzt hat. Voraussetzung für die Deckelung der Kosten ist also, dass der Rechteinhaber den Rechteverletzer nicht schon einmal wegen eines Werkes abgemahnt hat, oder auch, dass es nicht weitere Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen gegeben hat.
Auch gewerbliche Abmahnungen können von der Streitwertbegrenzung betroffen sein.
Neben Filesharing-Abmahnungen (die aus dem Gebiet des Urheberrechtes stammen) werden durch die Reform aber auch Abmahnungen auf dem Gebiet des übrigen gewerblichen Rechtsschutzes (z.B. Marken- und Wettbewerbsrecht) neu geregelt. Auch hier besteht für Abmahnungen gegen juristische Personen nach einer Änderung des Gerichtskostengesetzes nun die - allerdings seltene und daher eher theoretische - Möglichkeit, Regelstreitwerte von (nur) 1.000 € festzulegen.
Diese Ausnahme ist aber nur möglich, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, den Streitwert in irgendeiner Form anderweitig festzulegen. Als ein solcher Anhaltspunkt kann in Verfahren über den unlauteren Wettbewerb eines Konkurrenten beispielsweise nun die Bedeutung der Sache für die in ihren Rechten verletzte Person dienen. Es ist aber eher davon auszugehen dass in diesem Bereich die Regelung ins Leere läuft und es bei dem Regelstreitwert von 25.000 Euro oder mehr bleibt.
Achtung: Gebühren prüfen!
Die Neuerungen sind, wie gezeigt, umfassend und hängen von einer Vielzahl von Ausnahmen und Sonderkonstellationen ab. Machen Abmahn-Anwälte also fortan höhere Gebühren in gewohnt profitabler Höhe - gegenüber Privatpersonen - geltend, so sollte dies keinesfalls ungeprüft hingenommen werden: Der Gesetzgeber hat hierfür festgelegt, dass die Abmahnkanzlei in solchen Fällen genau begründen muss, warum sie von dem gesetzlichen Regelfall abweicht. Dies wird zwar versucht werden, allerdings in Filesharing-Fällen gegen Privatleute in der Regel nicht zu realisieren sein, da höhere Gebühren vom Gesetzgeber explizit als Ausnahme formuliert wurden.
In Fällen gewerblicher Abmahnungen ist hingegen auf Grund der verschachtelten Regel-/Ausnahmesituation nach der Reform stets eine Einzelfallprüfung über die Angemessenheit der geltend gemachten Kosten vorzunehmen.
Wichtig ist, dass Sie sich an einen Anwalt wenden, der sich in diesem Gebiet auskennt. Die meisten Abgemahnten haben sicher Ihren Hausanwalt. Fragen sie ihn, ob er sich auch in der Sondermaterie des Gewerblichen Rechtschutzes und insbesondere des Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrechts auskennt und auch mit den einstweiligen Verfügungsverfahren und den Besonderheiten vertraut ist.
Tim Geißler
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht
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