Schmerzensgeld für Angehörige – auch ohne Tötung – auch bei Behandlungsfehler?

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Das Schmerzensgeld des Angehörigen bei Unfällen und Behandlungsfehlern

Der Tod oder die erhebliche Verletzung eines nahen Angehörigen führen zu erheblichem Leid. Das führt zu der Frage, inwieweit dafür auch ein Schmerzensgeld beansprucht werden kann.

Gesetzliche Regelung

Gemäß § 253 BGB kann ein Schmerzensgeld wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung verlangt werden. Diese Regelung ist jedoch nur eine Regelung der Schadenshöhe, sie stellt keinen Anspruch bereit, sondern setzt einen solchen voraus.

Daher bedurfte es für bis zum 21. Juli 2017 eingetretene Schadensfälle immer einer eigenen Gesundheitsverletzung des Angehörigen, um einen solchen Anspruch „dem Grunde nach“ entstehen zu lassen.

Ab dem 22. Juli 2017 ist – allerdings nur für den Fall der Tötung – ein eigener Schmerzensgeldanspruch des nahestehenden Angehörigen geregelt. Es bedarf dann keiner Gesundheitsverletzung bei diesem selbst. Insofern bestimmt § 844 Abs. 3 BGB:

„Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“

Gesetzlich ungeregelt bleiben damit die Fälle, in denen ein naher Angehöriger aufgrund einer nicht zum Tode führenden Verletzung einen gesundheitlichen Schaden erleidet.

Die Lösung der Rechtsprechung – noch heute von Bedeutung

Bereits vor der gesetzlichen Neuregelung des Hinterbliebenen-Schmerzengeldes in Todesfällen hatte die Rechtsprechung – im Rahmen von Verkehrsunfallschäden – anerkannt, dass psychische Störungen vom Krankheitswert her eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen.

Dementsprechend kamen schon damals auch eigene Ansprüche eines mittelbar geschädigten nahen Angehörigen in Betracht. Sie mussten aber eigenen Krankheitswert besitzen und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, welche Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel erleiden.

Außerdem erfolgt eine gesonderte Zurechnungsprüfung, mit welcher Fälle ausgefiltert werden, in denen sich nur das allgemeine Lebensrisiko des Geschädigten verwirklicht. Deswegen besteht dann kein Anspruch auf ein Schmerzensgeld, wenn das schädigende Ereignis ganz geringfügig ist (bspw. Bagatellverletzung des Angehörigen), nicht gerade speziell eine Schadenslage des Verletzten trifft und die psychische Reaktion des Betroffenen deshalb im konkreten Fall schlechterdings nicht mehr verständlich ist, weil sie in grobem Missverhältnis zum Anlass steht.

Da die gesetzliche Regelung des Angehörigenschmerzensgeldes nur für Fälle der Tötung gilt, ist diese Rechtsprechung noch heute von Bedeutung, nämlich dann, wenn es um die Frage geht, ob der Angehörige Anspruch auf ein Schmerzensgeld hat, wenn er eine schwere Verletzung miterlebt hat, die nicht zum Tode führte.

BGH: auch bei fehlerhafter ärztlicher Behandlung

Da diese Rechtsprechung in der Vergangenheit unter dem Begriff „Schockschaden“ vor allem bei Verkehrsunfällen entwickelt worden war, ist nicht unumstritten gewesen, ob die Rechtsprechung auch außerhalb solcher akuter Unfallgeschehen Anwendung finden kann.

Die Literatur und auch die obergerichtliche Rechtsprechung hatten die Anwendung dieser Grundsätze auch dann für möglich gehalten, wenn das haftungsbegründende Ereignis kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung gewesen ist.

Der Bundesgerichtshof hat dies mit Urteil vom 21. Mai 2019 – VI ZR 299/17 mit klaren Worten bestätigt: „Es ist kein Grund erkennbar, denjenigen, der eine (psychische) Gesundheitsverletzung im dargestellten Sinne infolge einer behandlungsfehlerbedingten Schädigung eines Angehörigen erleidet, anders zu behandeln, als denjenigen, denen die (psychische) Gesundheitsverletzung infolge einer auf einem Unfallereignis beruhende Entschädigung des Angehörigen trifft.“


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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