Schwere Pflichtverletzung rechtfertigt Kündigung – Trinkgelage in Weinkellerei des Arbeitgebers!
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Eine Trinkgelage nach einer Weihnachtsfeier in den Räumen des Arbeitgebers mit Verschmutzungen, dem Entnehmen von mehreren Flaschen Wein aus dem Weinkeller der Winzerei stellt eine schwere Pflichtverletzung dar, die grds. keiner Abmahnung bedarf und zu einer sofortigen, fristlosen Kündigung führen kann, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in seinem Urteil vom 12.09.2023 - Az. 3 Sa 284/23.
Kurz und knapp
- Schwere Pflichtverletzung führen zur fristlosen Kündigung
- Grds. Abmahnung vor jeder Kündigung notwendig
- Abmahnung entbehrlich, wenn Vertrauensverhältnis zerstört
Sachverhalt der Entscheidung des LAG Düsseldorf
Der in Nordrhein-Westfalen wohnhafte Kläger war seit dem 01.06.2021 als Gebietsmanager Mitte (NRW) im Außendienst bei der Beklagten, einer Winzergenossenschaft, beschäftigt.
Am 12.01.2023 fand bei der in Süddeutschland ansässigen Beklagten (Arbeitgeber Winzerei) eine Weihnachtsfeier statt.
Nach der Begrüßung im Betrieb mit einem Sekt fuhren die Beschäftigten gemeinsam mit einem Bus zu einem externen Restaurant.
Gegen 23:00 Uhr fuhr der Bus die Beschäftigten, die dies wollten, zurück zur firmeneigenen Kellerei. Der Kläger hatte sich dieser Gruppe angeschlossen. Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier im Betrieb war nicht vorgesehen.
Der Kläger traf sich mit zwei weiteren Kollegen im ca. 500 Meter vom Betrieb entfernten Hotel, um dort eine Flasche Wein zu trinken.
Danach gingen der Kläger und ein Kollege zurück zum Betrieb der Beklagten. Das Tor zum Betriebsgelände wurde mit der Zutrittsberechtigungs-Karte des Kollegen geöffnet.
Im Aufenthaltsraum der Kellerei tranken der Kläger und sein Kollege vier Flaschen Wein.
Die leeren Flaschen standen am nächsten Morgen auf dem Tisch. Im Mülleimer befanden sich zahlreiche Zigarettenstummel. Auf dem Fußboden lag eine zerquetschte Mandarine, die zuvor an die Wand geworfen worden war. Einer der beiden Mitarbeiter hatte sich neben der Eingangstür erbrochen. Das Hoftor stand offen. Der Kollege des Klägers wurde am Abend auf dem Nachhauseweg von der Polizei aufgegriffen und wegen seiner starken Alkoholisierung zum Ausschluss einer Eigengefährdung nach Hause gefahren.
Der Kollege des Klägers räumte am 16.01.2023 gegenüber der Beklagten ein, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben. Er bezahlte den Wein.
Nach Anhörung des Betriebsrats am 19.01.2023 und mit dessen Zustimmung vom 23.01.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 25.01.2023 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2023.
Einer der Beschäftigten akzeptierte die Kündigung, der andere, aus Nordrhein-Westfalen wohnhafte stammende Kläger ging im Rahmen der Kündigungsschutzklage mit seinem Vater als Rechtsanwalt gegen die Kündigung vor.
Er war zu der Zeit rund eineinhalb Jahre als Außendienstmitarbeiter im Unternehmen tätig.
Allgemeines zu Pflichten und zu Pflichtverletzung im Job
Die Recht und Pflichten des Arbeitgebers und Arbeitnehmers regelt das Arbeitsrecht und insbesondere der Arbeitsvertrag.
Die Pflichten des Arbeitgebers sind im Wesentlichen die Zahlung des Gehalts, die Gewährung des Urlaubs und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Die Hauptpflicht als Arbeitnehmer besteht in erster Linie darin, die im Arbeitsvertrag festgelegte Leistung zu erbringen.
Zudem treffen den Arbeitnehmer eine Reihe von Nebenpflichten, wie bspw. die Rücksichtnahme auf den Arbeitgeber, die Loyalitäts- und Treupflicht sowie die Sorgfalt- und Weisungspflicht.
Ein Verstoß gegen die vertraglichen Haupt- und oder Nebenpflichten stellt eine Pflichtverletzung dar.
Nicht jede Pflichtverletzung wiegt jedoch so schwer, dass sie gleich zu einer fristlosen Kündigung führt.
Als schwerwiegende Pflichtverletzungen werden vor allem Straftaten angesehen. Auch wiederholtes, absichtliches Fehlverhalten am Arbeitsplatz, mit dem eindeutigen Ziel, dem Arbeitgeber zu schaden, stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar.
Beispiele hierfür sind,
- wiederholtes, unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz
- Mangelhafte Sorgfalt
- Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz
Voraussetzungen fristlose Kündigung
Voraussetzung für eine fristlose Kündigung, egal durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes - § 626 BGB.
Weiter muss eine Abwägung der beiderseitigen Interessen vorgenommen werden, d.h. es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Seiten eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar sein, weil der Betriebsfrieden so nachhaltig gestört ist und eine Wiederherstellung des Betriebsfriedens nicht möglich ist.
Im Falle einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung muss der Beleidigung dementsprechend ein besonders starkes Gewicht zu kommen.
Zu berücksichtigen sind insbesondere folgende Kriterien:
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Schwere, Häufigkeit der Beleidigung oder nur einmaliges Verhalten
- Grund und Umstände der Beleidigung -
- Beleidigung im Affekt oder überlegte Verhalten
- Reueverhalten - erfolgt eine Entschuldigung
- Bisherige Abmahnungen
Vorinstanz Arbeitsgericht Wupperthal - Urt. v. 24.03.2023, Az. 1 Ca 180/23
Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht (ArbG) Wuppertal gab der Klage (Kündigungsschutzklage) statt, da die Kündigung auf einem steuerbaren Verhalten beruhe.
Trotz des Verstoßes gegen das betriebliche Alkohol- und Rauchverbots, das unberechtigte Betreten des Aufenthaltsraums, dessen Verschmutzung und den Konsum des Weins, sei eine Abmahnung ausreichend.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
Anders als das Arbeitsgericht Wuppertal hat die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts unter Vorsitz von Richter Klein im Rechtsgespräch zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Abmahnung im Hinblick auf die Schwere der Pflichtverletzung nicht für ausreichend erachtet. Das Verhalten des Klägers stellt eine schwere Pflichtverletzung dar.
Es sei offensichtlich und nicht ansatzweise ersichtlich, dass man als Mitarbeiter nicht nach beendeter Weihnachtsfeier mit der Chipkarte des Kollegen gegen Mitternacht die Räume des Arbeitgebers betreten dürfe, um dort unbefugt vier Flaschen Wein zu konsumieren. Anhaltspunkte für eine dem Kläger erkennbare Duldung dieses Verhaltens seitens der Arbeitgeberin seien nicht ersichtlich.
Es stelle sich allenfalls die Frage, ob das Verhalten bereits eine fristlose Kündigung rechtfertige oder die Interessenabwägung zu einer ordentlichen Kündigung führe. Auch eine Abfindung, wie sonst in Arbeitsrechtlichen Kündigungsstreitigkeiten üblich, stand nach Ansicht des Vorsitzenden nicht zur Debatte.
Auf Vorschlag des Gerichts wurde über einen Vergleich verhandelt. Dieser Vergleich umfasste sei mit einer Auslauffrist beendet. Zudem erhielt der klagende Arbeitnehmer seine Vergütung für einen Monat unter Anrechnung des Arbeitslosengeldes und ein durch den Arbeitgeber auszustellendes wohlwollendes Arbeitszeugnis.
Fazit
Grds. bedarf einer Kündigung immer eine vorhergehende Abmahnung. Diese ist jedoch entbehrlich, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört ist, etwa durch eine schwere Pflichtverletzung.
Arbeitnehmer sollten sehr genau darauf achten, welche Pflichten Sie zu erfüllen haben und dass schwere Pflichtverletzungen zu einer fristlosen Kündigung führen können.
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