Smartphone & Co. im Auto: Neue Rechtsprechung bezüglich des § 23 Abs. 1 a StVO
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Kaum ein anderer Paragraph bietet im Verkehrsrecht mehr Stoff für Diskussionen und richterliche Weiterbildung als der neu gefasste § 23 Abs. 1a StVO, welcher sich mit der Nutzung von elektronischen Geräten im Straßenverkehr befasst.
Aufgrund der zurückhaltenden Bestimmtheit der Norm bleibt viel Platz für Interpretationen, welche sich in zahlreichen unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen wiederspiegelt und selbst Oberlandesgerichte auf Dauer beschäftigt.
So auch in den neuesten Entscheidungen zum § 23 Abs. 1a StVO, in denen die Richter des OLG Hamm sowie des OLG Köln die Norm weiter konkretisieren mussten.
Die Entscheidung des OLG Hamm vom 28.02.2019 (4 RBs 30/19) beschränkt sich darauf, ob der Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO bereits als erfüllt angesehen werden kann, wenn das elektronische Gerät (z. B. Smartphone) lediglich gehalten wird. Dem Beschluss liegt der Sachverhalt zugrunde, dass das Amtsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nicht vollständig ermitteln konnte, ob das elektronische Gerät vom Fahrzeugführer lediglich gehalten oder bereits zum Telefonieren an sein linkes Ohr geführt wurde, was einer Benutzung entsprechen würde. Nach dem „in dubio pro reo – Grundsatz“ wurde das bloße Halten angenommen. Das Amtsgericht sah bereits durch diese Handlung den Tatbestand als erfüllt an. Dagegen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht ein. Die Richter sprachen sich gegen die Erfüllung des Tatbestandes durch das bloße Halten des Gerätes aus.
Das in § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr.1 StVO geregelte Halten des Gerätes ist nicht als alleiniges Tatbestandsmerkmal zu verstehen, sondern steht immer in Verbundenheit zum Merkmal der Benutzung, beispielsweise zum Zwecke der Telekommunikation oder Informationsverarbeitung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07. Februar 2019 – 3 Ss (OWi) 8/19; so wohl auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. Oktober 2018 – 2 Rb 9 Ss 627/18). Nach erneuter Analyse der Lichtbilder ist auf einem Beweismittel zu erkennen, dass der Fahrzeugführer das Telefon in Nähe seines linken Ohres hält. Dies lässt, laut Senat des OLG, bereits mit sicheren Schluss zu, dass der Betroffene das Mobiltelefon nicht nur gehalten, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wohl auch die Funktionen des Gerätes bedient habe (bspw. durch Telefonieren oder Abhören einer Sprachnachricht). Dies stellt den Rückschluss auf die Nutzung einer Bedienfunktion dar. Demnach kann man hier von einem Halten des Gerätes ausgehen, was der Bedienung nutzen soll, wodurch der Tatbestand des § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr.1 StVO als erfüllt gelte. Dies stellt auch das Ergebnis des Beschlusses des OLG Hamm dar.
Die zweite Entscheidung bzgl. des § 23 Abs. 1a StVO kommt aus dem Oberlandesgericht Köln vom 14.02.2019 (RBs 45/19). Dabei geht es um die Aufnahme eines Laptops an einer Lichtzeichenanlage sowie die Frage um dessen Benutzung, wenn nach erneuter Anfahrt die Tastatur des Gerätes kurzfristig bedient wird. Als Sachverhalt liegt zugrunde, dass der Fahrzeugführer eines LKWs rotbedingt an einer Lichtzeichenanlage halten musste, währenddessen seinen Laptop zwischen Oberschenkel und Lenkrad klemmte und die Tastatur bediente. Nach Umschalten auf Grün nahm er erneut verzögert Fahrt auf und tippte währenddessen kurzfristig weiter. Ob der Motor des LKW während des Stillstandes ausgeschaltet war, konnte das Tatgericht nicht feststellen.
Das Amtsgericht ignorierte den in Frage kommenden § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr.2 StVO (Benutzung unter abschweifenden Blickkontakt) und stützte die Verurteilung allein auf die Nr. 1 der Norm (Benutzung durch Haltung des Gerätes). Aufgrund Rechtsbeschwerde gelang der Sachverhalt zum OLG Köln, welches einige Punkte der Entscheidung kritisierte.
Einerseits teilte das OLG die Rechtsauffassung des Amtsgerichtes bezüglich des Haltens des elektronischen Gerätes aufgrund zweier Merkmale nicht (§ 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 StVO).
Ein Kritikpunkt fußt auf dem Umstand, dass zum Tatzeitpunkt nicht nachgewiesen werden kann, dass der Motor des Fahrzeuges lief, § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 StVO sich jedoch auf diese Behauptung stützt. Obwohl bei automatischer Abschalteinrichtung des Motors nach neuester Erkenntnis wohl davon ausgegangen werden kann, dass der Tatbestand erfüllt werde (vgl. Rebler, SVR 2018, 241, 244), so können diese Erkenntnisse nicht ohne Verstoß gegen das Analogieverbot auf die manuelle Abschaltung übertragen werden (vgl. KG, Beschluss v. 23.08.2018). Des Weiteren ist zu kritisieren, dass ein vom Amtsgericht angenommenes Halten des Gerätes nicht gegeben ist, denn die Nr. 1 konkretisiert ein sogenanntes „Hand-Held-Verbot“, welches nur durch die Aufnahme/Halten mit den Händen gilt, ein Einklemmen zwischen Oberschenkel und Lenkrad falle jedoch aufgrund der Handfreiheit nicht darunter.
Andererseits sieht das OLG das Merkmal des § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 StVO problemlos erfüllt, welches vom Amtsgericht ohne weitere Begründung abgelehnt wurde. Die Nr. 2 der Norm soll eine Art „Auffangtatbestand“ darstellen, welcher als erfüllt anzusehen ist, wenn das Gerät zwar nicht gehalten werde, die Benutzung aber dennoch nur unter kurzen Blickzuwendungen in Richtung des Gerätes gewährleistet werden kann. Gleichzeitig müsse sich die abstrakte Gefahr dahin konkretisieren, da zu gleicher Zeit eine Blickabwendung vom aktuellen Verkehrsgeschehen erfolgt und auch erforderlich ist. Dieses Merkmal soll der Fahrzeugführer bereits durch das simultane Tippen auf der Tastatur des Laptops während der Anfahrt an der Lichtzeichenanlage erfüllt haben, denn spätestens nach Tippen des Wortes ohne Blickkontakt zum Gerät erfolgt zu späterem Zeitpunkt eine Art „Kontrolle“ des Geschriebenen, was automatisch auch eine Blickabwendung vom Verkehr mit sich bringt. Dies sahen die Richter des OLG Köln durch die Anfahrt an der Ampel als erfüllt an und verurteilten den Betroffenen aufgrund Verstoßes nach § 23 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 StVO.
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Strafrecht
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