Steuerhinterziehung durch Firmensitzverlegung? Was Sie als Beschuldigter wissen müssen | Anwalt Steuerstrafrecht

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Durch die Medien geht aktuell (wieder) das Thema Steueroase. Dieses Mal ist es nicht Panama oder die Bahamas, sondern unter anderem Monheim am Rhein und Zossen bei Berlin.

Was ist die Verbindung zwischen z.B. Panama und Zossen bei Berlin?

Der Anreiz aus steuerlichen Gründen dort einen Firmensitz zu haben. Insbesondere Monheim am Rhein (für Düsseldorf und Köln), Grünwald (für München), Zossen (für Berlin) und Bosau (für Hamburg) haben sich Medienberichten zufolge als mögliche Steueroasen entpuppt und Finanzermittler sind hierauf aufmerksam geworden.

Der Grund: Diese Orte befinden sich a) in der Nähe von großen Städten und b) der kleine aber entscheidende Unterschied zur nahe gelegenen Großstadt sind die geringeren Gewerbesteuern.

Ein „Steuerparadies“ also.


Darf man seinen Firmensitz bewusst an einen Ort mit niedrigerer Gewerbesteuer verlegen?

Ja. Es ist grundsätzlich erst einmal legal und in Ordnung – insbesondere nicht strafbar – wenn man sich bewusst dazu entscheidet, den Firmensitz in eine kleinere Stadt, mit weniger Gewerbesteuern, zu verlagern.


Das Ganze hat aber einen „Haken“, denn es kann durchaus der Vorwurf der Gewerbesteuerhinterziehung drohen, wenn man seinen Firmensitz in ein solches Steuerparadies verlagert.


Wann droht Vorwurf Steuerhinterziehung bei Verlagerung Firmensitz nach Zossen, Grünwald und Co?

Man darf seinen Firmensitz bewusst an einen Ort mit niedrigerer Gewerbesteuer verlegen. Man muss aber auch tatsächlich den Firmensitz dann dort hin verlegen. Insbesondere kann der Vorwurf der Steuerhinterziehung auftauchen, wenn man an dem Ort lediglich einen Briefkasten hat, „schlimmstenfalls“ sogar eine Postweiterleitung eingerichtet hat. Denn dann liegt es eher fern, dass dort tatsächlich der Sitz des Unternehmens ist und man sich vielmehr nur zum Schein dort niedergelassen hat, um in den Genuss der niedrigeren Steuern zu kommen.


Entscheidend für die Steuerpflicht der Gewerbesteuer ist der Sitz der Geschäftsleitung und das ist eben nicht der Sitz laut Gesellschaftsstatut, sondern der Ort, an dem tatsächlich, faktisch, die wichtigen Entscheidungen durch die Geschäftsleitung getroffen werden, das Tagesgeschehen abläuft.

Ein bloßer Briefkasten reicht dafür oftmals nicht.


Sind Briefkastenfirmen illegal?

Das bedeutet aber nicht, dass Briefkastenfirmen gänzlich illegal sind und man sich hierdurch strafbar macht. Maßgeblich ist vereinfacht ausgedrückt insbesondere die Transparenz: Es dürfen v.a. keine Vorgänge gegenüber den Finanzbehörden verschleiert werden.

Wie Sie eine Briefkastenfirma errichten, ohne sich wegen Steuerhinterziehung strafbar zu machen, besprechen Sie am besten mit einem Anwalt für Steuerrecht.


Was passiert, wenn ich wegen Steuerhinterziehung wegen Briefkastenfirma verurteilt werde?

Steuerhinterziehung kann gem. § 370 Abgabenordnung grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Gerade bei hohen Beträgen hinterzogener Steuern – und das ist bei Briefkastenfirmen durchaus denkbar – kann der Vorwurf eines besonders schweren Falls von Steuerhinterziehung auftauchen. Dann droht eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren.


Was kann ich tun, wenn ich befürchte Steuerhinterziehung begangen zu haben durch Verlegung meines Firmensitzes an einen Ort mit niedriger Gewerbesteuer?

Bei der Steuerhinterziehung gibt es die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige.

Problem: Die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung sind hoch. Und nur eine wirksame Selbstanzeige führt tatsächlich zur Straffreiheit.


Lösung: Wenden Sie sich am besten an einen erfahrenen und spezialisierten Anwalt für Steuerstrafrecht. Dieser kennt die Tücken einer wirksamen Selbstanzeige und kann Ihnen dabei helfen, eine wirksame Selbstanzeige wegen Gewerbesteuerhinterziehung zu stellen.


Wenn Sie bereits Beschuldigter eines Strafverfahrens wegen Gewerbesteuerhinterziehung sind, können Sie keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr stellen. Hier gilt es strategisch, versiert, entschlossen und mit Fachkompetenz zu verteidigen. Ein spezialisierter Anwalt für Steuerstrafrecht kennt die Rechtslage, kennt die einschlägige Rechtsprechung und wird eine für Ihren Fall passend zugeschnittene Verteidigungsstrategie erarbeiten.


Wo kann ein Strafverteidiger beim Vorwurf Steuerhinterziehung wegen angeblicher Briefkastenfirma ansetzen?

Ein wesentlicher Aspekt der Verteidigung kann sein, dass es sich tatsächlich um den Firmensitz des Unternehmens handelt. Das Merkmal des Tagesgeschäfts, welches am Firmensitz im gewerbesteuerrechtlichen Sinne durchgeführt werden muss, ist nicht immer ganz klar, eindeutig und vor allem nicht verallgemeinerbar zu definieren. Es muss die konkrete Situation, das konkrete Unternehmen und dessen Tätigkeit beachtet werden. Dabei gibt es auch Grenzfälle. Diese Grenzfälle können den Raum für eine juristisch stichhaltige Argumentation öffnen.


Wie genau eine Verteidigungsstrategie aussehen kann und welche Verteidigungsstrategie in Ihrem Fall erfolgsversprechend und sinnvoll ist, ist vom konkreten Fall abhängig und kann nicht pauschal für alle Fälle möglicher Gewerbesteuerhinterziehung durch Firmensitzverlegung gesagt werden. Besprechen Sie das bestenfalls mit einem erfahrenen und spezialisierten Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt für Steuerstrafrecht.


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Foto(s): @Max Woyack

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