Stichtagsregelung für Erschließungsbeiträge in Bayern

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Wie ist die Regelung des Art. 5a Abs. 7 Satz 2 

Bayerisches Kommunalabgabengesetz anzuwenden?


Der bayerische Gesetzgeber hat im Jahr 2016 eine Vorschrift in das Kommunalabgabengesetz eingefügt, wonach kein Erschließungsbeitrag erhoben werden darf, sofern seit dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung einer Erschließungsanlage mindestens 25 Jahre vergangen sind.


Die Regelung ist zum 1.4.2021 in Kraft getreten. Viele Kommunen haben Straßen, die bisher nicht alle Merkmale einer Erschließungsanlage aufwiesen (v.a. Straßenunterbau, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung), noch vor diesem Datum ausgebaut und als Erschließungsanlagen abgerechnet. Auch nach dem Stichtag des 1.4.2021 wurden und werden noch Baumaßnahmen an bestehenden Straßen als Erschließungsmaßnahmen nach dem Baugesetzbuch den Anliegern in Rechnung gestellt.


Strittig ist vielfach, wann der Beginn der erstmaligen technischen Herstellung im Sinne dieser Vorschrift anzusetzen ist.


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 27.11.2023 (Az. 6 BV 22.306) mit der Frage befasst, wie die Vorschrift des Artikel 5a Abs. 7 Satz 2 Kommunalabgabengesetz anzuwenden ist.


Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Anwendung dieser Regelung zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nicht nur vom Beginn der erstmaligen technischen Herstellung spricht, sondern diese ausdrücklich auf eine Erschließungsanlage bezieht. Er knüpft dabei an die entsprechenden Begriffe im Baugesetzbuch an („erstmaligen Herstellung“: § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB;  „Erschließungsanlage“: § 127 Abs. 2 BauGB). Demnach beginnt die 25-jährige Frist nicht schon mit irgendwelchen sichtbaren Bauarbeiten, sondern nur dann, wenn diese Baumaßnahmen objektiv auf die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage gerichtet sind.


Befand sich die Straße früher im bauplanungsrechtlichen Außenbereich und lagen nur einzelne Häuser entlang dieser Straße, war die Straße nicht zum Anbau bestimmt und deshalb keine Erschließungsanlage. Erst wenn mindestens auf einer Straßenseite eine zusammenhängende Bebauung von einigem Gewicht entsteht, oder gar wenn Stichstraßen errichtet werden und sich an diesen Stichstraßen eine Bebauung entwickelt, erfährt die Straße einen Funktionswandel zur Anbaustraße. Im Einzelfall kann es schwierig sein, diesen Zeitpunkt einzugrenzen.


Außerdem beginnt die Gemeinde erst dann mit dem Bau einer Erschließungsanlage, wenn eine Planung existiert, aus der sich entnehmen lässt, dass die Straße zu einer Erschließungsanlage mit allen Merkmalen einer Erschließungsstraße gemäß ihrer Erschließungsbeitragssatzung ausgebaut werden soll.


Es muss also eine Art Bauprogramm für diese Straße existieren, auch wenn dieses Bauprogramm formlos aufgestellt und beschlossen werden kann. Ein rechtskräftiger Bebauungsplan ist dafür nicht notwendig.


Noch nicht obergerichtlich entschieden ist, wer letztlich die Beweislast trägt, wenn sich nicht eindeutig klären lässt, ob ein solches Bauprogramm existiert hat. Für die Anlieger ist es oft schwierig oder gar unmöglich, in den gemeindlichen Archiven nach entsprechenden Dokumenten zu fahnden.



Dr. Bernd Söhnlein

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht


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