Strafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit den Soforthilfemaßnahmen anlässlich des Coronavirus

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Nach dem Auftreten des Coronavirus führten weitreichende Beschränkungen durch staatliche Anordnungen nach dem Infektionsschutzgesetz zu finanziellen Engpässen bei Unternehmen aus den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen. Aus diesem Grund wurden sowohl auf Bundes- als auch Länderebene Soforthilfemaßnahmen getroffen. Die Voraussetzungen, um eine finanzielle Soforthilfe zu erhalten, sind dabei streng geregelt und auf bestimmte Fälle begrenzt. Leider kann ein Antrag auf Soforthilfe, der falsch oder unvollständig ausgefüllt wird, zur Einleitung eines Strafverfahrens führen. Aus Presseberichten ist bereits ersichtlich, dass einige Staatsanwaltschaften in diesem Zusammenhang zahlreiche Ermittlungsverfahren aufgrund eines Verdachts strafbarer Handlungen eingeleitet haben. Die nachfolgenden Ausführungen sollen einen Einblick in die strafrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den derzeit geltenden Soforthilfemaßnahmen geben:

1. Voraussetzungen der Soforthilfen

a) Die Voraussetzungen der Soforthilfe[1]

Wer?

Die Soforthilfe der Bundesregierung[2] richtet sich an kleine Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche sowie Solo-Selbstständige und Angehörige der Freien Berufe mit bis zu zehn Beschäftigten. Die Regelung der bayerischen Staatsregierung[3] hinsichtlich der Gruppe der Antragsberechtigten geht weiter:

  • Unternehmen, die wirtschaftlich u. damit dauerhaft am Markt tätig sind
  • Unternehmen der Landwirtschaft inklusive landwirtschaftlicher Urproduktion
  • Im Haupterwerb Solo-Selbstständige und Angehörige der Freien Berufe
  • Körperschaften, des Non-Profit-Sektors wie bspw. Vereine und gGmbHs, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unternehmerisch tätig sind,

mit bis zu 250 Beschäftigten (Vollzeitäquivalent) und ihre Tätigkeit von einer bayerischen Betriebsstätte oder einem bayerischen Sitz der Geschäftsführung aus ausüben. Ferner muss eine Anmeldung bei einem deutschen Finanzamt bestehen.

Wozu?

Die Soforthilfe dient in beiden Fällen der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz u. der Überbrückung akuter Liquiditätsengpässe durch Deckung von laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen. Die Soforthilfe darf nicht für private Lebenshaltungskosten verwendet werden.

Wie viel?

Die Soforthilfe wird anhand der glaubhaft versicherten Liquiditätsengpässe für drei aufeinander folgende Monate bemessen.

Die Soforthilfe der Bundesregierung umfasst folgende Maximalbeträge:

  • Bis 9.000 € für drei Monate bei bis zu fünf Beschäftigten (Vollzeitäquivalente, kurz VÄ)
  • Bis 15.000 € für drei Monate bei bis zu zehn Beschäftigten (VÄ)

Die Soforthilfe in Bayern ist wie folgt gestaffelt:

  • bis zu fünf Erwerbstätige (VÄ) 5.000 €
  • bis zu zehn Erwerbstätige (VÄ) 7.500 €
  • bis zu 50 Erwerbstätige (VÄ) 30.000 €
  • bis zu 250 Erwerbstätige (VÄ) 50.000 €

Unter welche Voraussetzungen?

Erforderlich ist, dass die Liquiditätsengpässe, die existenzbedrohend sein müssen, in Folge von Corona, sprich erst im März 2020, eingetreten sind. In Bayern sind nur Liquiditätsengpässe ab dem 11.03.2020 relevant. In beiden Fällen wird vorausgesetzt, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht schon zum 31.12.2019 bestanden haben.

Ziel der Soforthilfen ist es, vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten aufgrund der Corona-Pandemie entgegen zu wirken und die betroffenen Unternehmen vor einer Insolvenz zu bewahren. Die strengen Anforderungen werden oftmals unterschätzt. Fehler bei der Antragstellung können weitreichende Konsequenzen haben:

2. Fehlerhafter Antrag auf Soforthilfe

Ein fehlerhafter Antrag kann den Straftatbestand des Subventionsbetrugs gem. § 264 StGB ebenso wie einer falschen Versicherung an Eides statt gem. § 156 StGB erfüllen:

a) Subventionsbetrug

Dieser kommt in Betracht, wenn zweckgebundene Zuschüsse (bspw. die Soforthilfe) der öffentlichen Hand mit Hilfe der Angabe falscher oder unvollständiger Tatsachen beantragt werden. Wird im Rahmen der Antragstellung bspw. behauptet, der Liquiditätsengpass sei erst im März 2020 entstanden, obwohl dies bereits im Februar 2020 der Fall war, handelt es sich um einen unrichtigen Antrag und somit einen unberechtigten Erhalt der Soforthilfe. Gleiches gilt, wenn z.B. über die Höhe der Zahlungsschwierigkeiten getäuscht wird, indem ein höherer Betrag angegeben wird, als tatsächlich zutrifft. Der Schaden ist dann die Differenz des eigentlich zum Erhalt berechtigten Betrags und der tatsächlich überwiesenen Soforthilfe. Letztlich kann jede unrichtige Tatsachenschilderung eine strafbare Handlung begründen, wenn die betroffene Angabe für die Gewährung der Soforthilfe relevant ist. Dies ist den wenigsten Antragstellern bewusst.

Ebenso wenig ist bekannt, dass bei einem Subventionsbetrug kein vorsätzliches Handeln erforderlich ist, sondern es genügt bereits Leichtfertigkeit, sprich grobe Fahrlässigkeit. Die Grenzen zwischen Vorsatz und Leichtfertigkeit sind dabei fließend und werden anhand der Gesamtumstände bewertet. Eine detaillierte Erläuterung der beiden Begrifflichkeiten würde den vorliegenden Rahmen sprengen und erfolgt deshalb an dieser Stelle nicht.

b) Falsche Versicherung an Eides statt gem. § 156 StGB

Durch die Berichterstattung in der Presse ist die bestehende Gefahr eines Subventionsbetrugs im Zusammenhang mit einem Antrag auf Soforthilfe zum Teil bereits bekannt. Oftmals wird jedoch übersehen, dass auch allein die glaubhafte Versicherung der Liquiditätsengpässe einen weiteren Straftatbestand der falschen Versicherung an Eides statt begründen kann.

Bei dem Antrag auf Soforthilfe sowohl des Bundes als auch des Freistaats Bayern versichert der Antragsteller am Ende stets, dass er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen sowie wahrheitstreu gemacht hat. Dies stellt eine selbstständige Beteuerungsformel dar, die als eidesstattliche Versicherung zu verstehen ist. Falsche Angaben in Kombination mit dieser Versicherung sind ggf. ebenso strafbar.

Für eine strafbare Handlung genügt einfach fahrlässiges Verhalten, sprich einer Unachtsamkeit. Im Falle von fahrlässigem Verhalten entfällt die Strafbarkeit, wenn eine rechtzeitige Berichtigung erfolgt.

3. Zweckentfremdung der Soforthilfe

Vor allem bei Solo-Selbstständigen oder "Freiberuflern" besteht die Gefahr, dass die Soforthilfe auch für private Verbindlichkeiten, bspw. die Begleichung der Miete für den Wohnsitz, verwendet wird. Dies ist nicht nur unzulässig, sondern stellt ggf. ebenso einen Subventionsbetrug dar.

4. Unterlassen einer Mitteilung über (geänderte) Tatsachen

Es besteht grundsätzlich eine Mitteilungs- u. Offenbarungspflicht des Antragstellers. Dies gilt auch für den Fall, dass sich antragsrelevante Tatsachen nachträglich ändern. Teilt man relevante Tatsachen oder deren Änderung nicht mit, so kann eine strafbare Handlung durch Unterlassen vorliegen. Entscheidend ist hierbei, ob der Antragsteller die erste Offenbarungsmöglichkeit ungenutzt verstreichen ließ.

5. Fehlerhafter Antrag auf KfW-Kredite 

Auch ein fehlerhafter Antrag bzgl. des KfW-Sonderprogramms 2020 kann einen Subventionsbetrug begründen. Die Darstellung der einzelnen Voraussetzungen des Sonderprogramms würden den Rahmen dieser Aufsatzes sprengen. Ein KfW-Kredit ist zwar grundsätzlich zurückzuzahlen, jedoch beinhaltet dieser regelmäßig finanzielle Vorteile, z.B. in Form von geringeren Zinssätzen. Erhält man einen solchen Kredit, obwohl man hierzu eigtl. nicht berechtigt wäre, ist das eine unberechtigte Besserstellung gegenüber anderen, die die Voraussetzungen ebenfalls nicht erfüllen. Aus diesem Grund kommt auch hier ggf. ein Subventionsbetrug in Betracht.

6. Strafrechtliche Folgen

Die zuständigen Behörden und öffentlichen Stellen sind gem. § 6 SubvG zur Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft über Auffälligkeiten verpflichtet. Kommen die jeweiligen Sachbearbeiter dieser Pflicht nicht nach, machen sie sich ggf. selbst wegen Strafvereitelung oder Begünstigung strafbar. Es ist daher davon auszugehen, dass bei den kleinsten Unregelmäßigkeiten eine Mitteilung an die zuständige StA erfolgt.

Im Hinblick auf den Ablauf eines Strafverfahrens wird auf den Beitrag des Kollegen Dr. Robert Jofer zur Thematik der Insolvenzverschleppung im Zusammenhang mit Corona verwiesen (https://www.anwalt.de/rechtstipps/strafrechtliche-handreichungen-fuer-geschaeftsfuehrer-in-der-krise-insb-insolvenz-inkl-corona_167271.html).

7. Sonstige Folgen

a) Rückzahlung

Im Falle einer unberechtigten Gewährung der Soforthilfe aufgrund eines strafbaren Antrags muss der Antragsteller den erhaltenen Betrag neben einer ggf. verhängten Geld – oder Freiheitsstrafe zurückerstatten. Inwiefern hier eventuell auch Zinsansprüche geltend gemacht werden können, bleibt abzuwarten.

b) Gesellschaftsrechtliche und/oder berufsrechtliche Folgen

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 GmbHG kann Geschäftsführer nicht mehr sein, wer u.a. wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten nach den § 264 StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Bei "Freiberuflern" ist ggf. mit der Einleitung berufsrechtlicher Verfahren mit weiteren, sehr gravierenden Konsequenzen zu rechnen.

8. Was kann man tun?

Es ist wichtig, die Voraussetzungen der Soforthilfe genauestens zu prüfen. Es empfiehlt sich in der Regel die Rücksprache mit dem Steuerberater.

Sollten im Nachhinein Zweifel an der Antragsberechtigung aufkommen oder ein Strafverfahren bereits eingeleitet worden sein, ist eine unverzügliche Konsultierung eines Strafverteidigers ratsam.

[1] Im Folgenden werden lediglich die rechtlichen Voraussetzungen des Bundes und des Freistaats Bayern dargestellt

[2] abrufbar auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie 

[3] abrufbar auf der Internetseite des bayr. Wirtschaftsministeriums 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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