Systemwechsel im Unterhaltsrecht: Mehr Ehegattenunterhalt durch Abzug von Naturalunterhalt.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 29.09.2021 (XII ZB 474/20) festgelegt, dass bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts in vielen Fällen der von der (meist) betreuenden Mutter geleistete Naturalunterhalt für das Kind (z.B. Kosten für Essen, Kleidung, Wohnung) von deren Einkünften abgezogen wird, soweit der Unterhaltsbedarf nicht durch den gezahlten Barunterhalt gedeckt wird. Dies führt dazu, dass der Ehegattenunterhalt insgesamt höher ausfallen kann, weil in der Unterhaltsberechung die Einkünfte der Mutter niedriger sind.
Der BGH begründet dies damit, dass der Lebensbedarf eines minderjährigen Kindes sich nach der Lebenssituation und den Einkommen beider Eltern bestimmt. Der Barunterhalt, den der nicht betreuende Elternteil zahlt, beruht jedoch nur auf dessen Einkommen und ist daher oft niedriger als der tatsächliche Bedarf des Kindes.
Diese neue Rechtsprechung wurde durch den BGH am 18.05.2022 (XII ZB 325/20) bestätigt, wird aber von einigen Kritikern als nicht mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar angesehen. Die neue Rechtsprechung ist für Gerichte unterhalb des BGH nicht verbindlich, scheint sich aber durchzusetzen. (vgl etwa OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 15.06.2022, / UF 77/21)
Für Personen, die Ehegattenunterhalt beanspruchen, oft die Mütter, kann es sinnvoll sein, sich von einem Anwalt beraten zu lassen. Auch bestehende gerichtliche Entscheidungen über den Ehegattenunterhalt können aufgrund dieser neuen Rechtsprechung möglicherweise nach oben hin abgeändert werden. Sind Grundlagen einer Entscheidung im Nachhinein entfallen, etwa wegen Änderung einer höchstricherlichen Rechtsprechung, kommt eine Abänderung nach §§ 238 bis 240 FamFG in Betracht. Dies bedarf sorgfältiger anwaltlicher Prüfung.
Sie können sich wegen dieser Thematik jederzeit gerne mit mir in Verbindung setzen.
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