Tipps für einen „sicheren“ Polen-Urlaub
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Es kann abenteuerlich werden, wenn man als mobiler Deutscher während des Urlaubs in Polen mit der dortigen Polizei in Berührung kommt. Es sind Fälle eines besonders harten Vorgehens durch die polnischen Polizeibeamten gegen ausländische Verkehrssünder (insbesondere wenn eine Geldbuße nicht bezahlt werden kann) publik geworden. Anhand solcher Fälle wird besonders deutlich, dass die Sprachbarriere zum größten Verhängnis werden kann und die Mitnahme eines Handwörterbuchs als nahezu lebensrettend angesehen werden kann.
Verkehrsordnungswidrigkeit in Polen - Punkte in Flensburg?
Ist gegenüber einem deutschen Verkehrsteilnehmer eine von ihm in Polen begangene Ordnungswidrigkeit bekannt gegeben und eine Geldbuße verhängt worden, weisen polnische Polizeibeamte die deutschen Bürger nicht selten darauf hin, dass dies eine Meldung der Punkte nach Flensburg zur Konsequenz hat. Davon sollte man sich als Deutscher nicht einschüchtern lassen, denn die in Polen durch deutsche Staatsbürger begangenen Ordnungswidrigkeiten werden im Heimatland in dem dortigen Verkehrszentralregister nicht vermerkt. Daher ist diese Information lediglich irreführend. Etwas anderes gilt aber, wenn im Ausland, beispielsweise in Polen, einem Deutschen ein Fahrverbot auferlegt worden ist, denn diese Tatsache wird jedenfalls in Flensburg vermerkt.
Polnischer Bußgeldkatalog, Barzahlung bei Strafzetteln, Durchsetzbarkeit eines polnischen Bußgeldbescheids in der BRD?
Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in Polen richtet sich ebenfalls wie in der BRD nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (kodeks wykroczen). Es gibt auch in Polen einen Bußgeldkatalog (taryfikator mandatow). So wird beispielsweise für einen Parkverstoß eine Geldbuße von 100 - 300 zloty (25 - 75 EUR) verhängt, während in Deutschland für einen derartigen Verstoß ein Bußgeld von höchstens 50 EUR vorgesehen ist. Bei einem Fahren unter Alkoholeinfluss kann ein Verkehrssünder mit einer Geldbuße bis 5000 zloty (1250 EUR) rechnen.
Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen sind folgende Geldbußen vorgesehen:
Geschwindigkeitsüberschreitung | Geldbußen |
bis 10 km/h | bis 50 zl (12,50 EUR) |
10 - 20 km/h | 50 - 100 zl (bis 25 EUR) |
20 - 30 km/h | 100 - 200 zl (bis 50 EUR) |
30 - 40 km/h | 200 - 300 zl (bis 75 EUR) |
40 - 50 km/h | 300 - 400 zl (bis 100 EUR) |
ab 51 km/h | 400 - 500 zl (bis 125 EUR) |
Die Ordnungswidrigkeiten von ausländischen Verkehrssündern werden an Ort und Stelle verfolgt. Zwar sieht das polnische Ordnungswidrigkeitengesetz vor, dass die Geldbußen sofort oder innerhalb von 7 Tagen bezahlt werden können. Jedoch werden in der Praxis die Rechtsbrecher durch die Polizeibeamten oftmals bis zum nächsten Geldautomaten (bankomat) begleitet. Die Bezahlung per Überweisung ist im polnischen Recht ebenfalls vorgesehen, wird aber so gut wie nicht praktiziert. Die Höchstbuße für Ahndungen an Ort und Stelle beträgt 500 zloty (125 EUR), bei mehreren Verstößen gleichzeitig 1000 zloty (EUR 250).
In diesem Zusammenhang sind auch die Differenzen in Bezug auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu beachten:
- innerorts gilt in Polen: 50 km/h zwischen 5 - 23 Uhr und zwischen 23 - 5 Uhr 60 km/h,
- in der BRD sind es bekanntermaßen innerorts: 50 km/h tags und nachts.
- außerorts gilt in Polen: 90 km/h (wobei es auf Schnellstraßen 90 km/h, auf vierspurigen Schnellstraßen 100 km/h, auf Autobahnen 130 km/h gilt).
Ein polnischer Bußgeldbescheid ist tatsächlich in Deutschland vollstreckbar. Dies ist die Folge der Durchsetzung eines EU-Rahmenbeschlusses zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Geldbußen und Strafen. Die Umsetzung durch die BRD wird zum 01.10.2010 erfolgen. Das bedeutet, dass alle polnischen Bußgeldbescheide, die nach dem 1. Oktober 2010 erlassen worden sind, auch in Deutschland vollstreckt werden können.
Lichtpflicht, Promillegrenze, Grüne Karte
Seit dem 17.04.2007 besteht in Polen eine gesetzliche Pflicht, ganztägig mit Abblendlicht zu fahren. Eine Ordnungswidrigkeit wegen Führens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss wird bereits ab einer Promillegrenze von 0,2 geahndet, in Deutschland vergleichbar ab 0,5 Promille als Ordnungswidrigkeit, als Verkehrsstraftat ab 0,3 Promille einschließlich alkoholbedingter Fahrfehler (wie Schlangenlinien fahren, sonstige unsichere Fahrweise).
Für einen deutschen Verkehrsteilnehmer besteht weiterhin - im Gegensatz zu einem polnischen Verkehrsteilnehmer - keine Mitführungspflicht von Feuerlöschern. Dies setzt jedoch voraus, dass der Pkw in Deutschland zugelassen ist; auch ist im polnischen Recht die Mitführungspflicht von Warnwesten bisher nicht gesetzlich geregelt. Auch eine Mitnahme von Ersatzglühbirnen ist nicht vonnöten. Von den deutschen Verkehrsteilnehmern sollten aber in Polen - wie auch nach deutschem Verkehrsrecht - ein Verbandskasten und Warndreieck mitgeführt werden; dies sieht die Ausführungsverordnung zum polnischen Ordnungswidrigkeitengesetz, Kapitel 2 § 11, vor.
Eine Mitnahme der Grünen Karte auf Reisen in die neuen Mitgliedsstaaten der EU ist nicht vorgeschrieben. Als Versicherungsnachweis reicht zwar das Autokennzeichen, um jedoch im Falle eines Verkehrsunfalls komplizierte Diskussionen mit den Behörden zu vermeiden und sich sehr hohe Rücktransportkosten hinsichtlich des eigenen Fahrzeuges nach Deutschland zu ersparen, raten die meisten deutschen Versicherer, die Karte bei Reisen ins Ausland dennoch mitzuführen. Zur Vereinfachung der Schadensabwicklung muss jeder Versicherer in Europa in jedem Mitgliedsstaat Schadensregulierungsbeauftragte benennen. Wer z. B. einen Verkehrsunfall in Polen hat, kann sich in Deutschland an den Beauftragten der polnischen Versicherung wenden. Wer das ist, erfährt der Geschädigte von der nationalen Auskunftsstelle, in Deutschland dem Zentralruf der Autoversicherer, der unter der Tel.-Nr.: 0180/25026 bzw. unter www.zentralruf.de 24 h erreichbar ist. Reagiert der Regulierungsbeauftragte innerhalb von 3 Monaten nicht oder nicht angemessen, kann sich der Geschädigte an die nationale Entschädigungsstelle wenden. In Deutschland ist das die Verkehrsopferhilfe. Die Entschädigungsstelle ist auch zuständig, wenn der ausländische Versicherer (noch) keinen Schadensregulierungsbeauftragten benannt hat. Eine normale Grüne Karte ist dabei bei der eigenen Haftpflichtversicherung kostenlos erhältlich. Im Hinblick auf den legendären „D-Aufkleber" gilt, dass ein solcher bei einer Ausfahrt nach Polen nicht notwendig ist, vielmehr wird dieser durch das Eurokennzeichen mit dem integrierten Nationalitätskennzeichen ersetzt.
... im Wald fahren, reiten, campen
Eine Durchfahrt durch die polnischen Wälder mit Motorfahrzeugen, Fuhrwerken sowie Motorrädern ist gesetzlich auf öffentliche Wege begrenzt. Ausnahmsweise ist eine diesbezügliche Durchfahrt auf Waldwegen erlaubt, wenn der Straßenverkehr durch entsprechende Beschilderung zugelassen ist. Es werden in polnischen Wäldern die uns aus dem deutschen Verkehrsrecht bekannten Verbotsschilder anzutreffen sein. „ZAKAZ WJAZDU WSZELKICH POJAZDOW" bedeutet: „Für Kraftfahrzeuge gesperrt". Auch wird die Durchfahrt wie in der BRD durch Durchfahrtsschranken versperrt. Es gibt natürlich auch Waldwege, die keine Verbotsbeschilderung aufweisen. Waldwege dürfen u. a. dann befahren werden, wenn dort geschwindigkeitsbeschränkende Verkehrsschilder aufgestellt worden sind. Des Weiteren ist ein Befahren auch dann möglich, wenn Schilder aufgestellt worden sind, die darauf hinweisen, dass der Waldweg den Verkehr zulässt, wie beispielsweise: „DROGA UDOSTEPNIONA DO UZYTKU PUBLICZNEGO", was bedeutet: „Ein zum öffentlichen Verkehr zugelassener Weg". Im Ergebnis ist das Fahren auf Waldwegen mit Motorfahrzeugen nur erlaubt, wenn dies Verkehrsschilder ausdrücklich erlauben. Findet sich keine Schranke, keine Beschilderung im oben genannten Sinne, sollte zwecks Vermeidung von Bußgeldern auf ein Befahren des Waldweges verzichtet werden. Auch Parken auf den Waldwegen ist im Sinne des art. 29 ustawa o lasach, ausschließlich bei entsprechender Beschilderung zulässig. Bei Verstößen gegen das Waldgesetz sind Geldbußen bis zu 500 zloty (125 EUR) vorgesehen.
Woran erkennt man aber, ob man sich in einem Wald befindet?
Zu den Wäldern gehören im Sinne des polnischen Waldgesetzes (art. 3) nicht nur eine Grundfläche, die mit Wald- und/oder Waldsträuchern bewachsen ist, sondern auch kahlgeschlagene oder verdichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsflächen, Holzlagerplätze, im Wald liegende kleinere Wasserflächen, Moore, Heiden und Ödland sowie weitere mit dem Wald verbundene oder ihm dienende Flächen.
Auch ist das Reiten durch das polnische Straßenverkehrsrecht (art. 35 prawo ruchu drogowegeo) geregelt. Grundsätzlich gilt, dass auf allen öffentlichen Straßen und Plätzen geritten werden darf. Vorgeschrieben ist, dass auf Randstreifen geritten werden muss, soweit dieser vorhanden ist. Erst bei Fehlen eines solchen Randstreifens darf auf einer befestigten Fahrbahn geritten werden. Hierbei ist zu beachten, dass dies auch nur Personen über 17 Jahren gestattet ist. Des Weiteren dürfen Schnellstraßen nicht von Reitern benutzt werden. Das Reiten im Wald ist nach dem Waldgesetz (art. 29) nur auf Waldwegen zulässig, die durch Beschilderung auf Reitmöglichkeiten hinweisen.
Wildzelten oder Campen in den Wäldern ist in Polen nach dem Umweltschutzgesetz (art. 15) und dem Waldgesetz (art. 30) verboten. Erlaubt ist dies nur an den durch die Waldeigentümer und die Forstbetriebe ausdrücklich zugelassenen Stellen (art. 30 Nr. 10 ustawa o lasach), diese Zulassung erfolgt durch die Beschilderung: „MIEJSCE BIWAKOWANIA" - Biwakplatz. Auch an den Flüssen ist das Campen oftmals nicht erlaubt. Viele Flüsse Polens verlaufen in Naturschutzreservaten, die mittels gelber, quadratischer oder rechteckiger Schilder ausgewiesen sind. Diese sind mit folgenden Texten beschriftet:
- OSTOJA ZWIERZYNY - WSTEP WZBRONIONY (Wildeinstandsgebiet - Zutritt verboten)
- REZERWAT SCISLY - WSTEP WZBRONIONY (Totalreservat - Zutritt verboten)
- REZERWAT PRZYRODY - WSTEP WZBRONIONY (Naturschutzgebiet - Zutritt verboten)
- TEREN CHRONIONY - WSTEP WZBRONIONY (Schutzgebiet - Zutritt verboten)
- ZEREMIA BOBROW - WSTEP WZBRONIONY(Biberkolonie - Zutritt verboten) oder
- ZAKAZ BIWAKOWANIA (Zelten verboten),
- oder auch ein Schild mit durchgestrichenem Zelt.
Das Wildzelten kann dabei nach dem polnischen Ordnungswidrigkeitengesetz mit einer Geldbuße von bis zu 500 zl (125 EUR) geahndet werden. Das Wildzelten ist daher zwar verboten. Jedoch zeigt die bisherige Erfahrung, dass man in Polen auch - sofern man der Natur keinen Schaden zufügt - wild zelten kann. Die Behörden zeigen sich hier meist „kulanter" als in Deutschland. Selbstverständlich nur, sofern außerhalb der Nationalparke, in denen wildes Zelten strengstens verboten ist!, gezeltet wird. Taucht unerwartet ein Bauer auf, sollte man ihn um seine Einwilligung bitten, die selten versagt wird. Auch wenn ein Lagerfeuer vor dem Zelt in Polen als alltägliche Sitte angesehen wird, ist festgelegt, dass eine Feuerstelle mindestens 100 m vom Wald entfernt liegen muss. Im Inneren des Waldes, auf Wiesen, Torfmooren und Heideland ist die Herstellung und Nutzung einer Feuerstelle grundsätzlich verboten. Oftmals wird bei starker Trockenheit die Waldbrandstufe III ausgerufen (was in sandigen Kiefernforsten im Sommer häufig geschieht). Dann herrscht nicht nur absolutes Feuerverbot, man darf gar nicht erst den Wald betreten.
Tipp für ADAC-Mitglieder: Rufen Sie vor Urlaubsbeginn eine „TourMail" mit aktuellen Reiseinformationen zu Verkehr, Wetter, Kraftstoffpreisen etc. beim ADAC ab.
Einen schönen Aufenthalt in Polen!
RA Klaus Kucklick
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Tel. (0351) 80 71 8-70, kucklick@dresdner-fachanwaelte.de
Weitere Informationen, aktuelle Urteile und Termine sowie eine Anwaltsübersicht und unsere Serviceleistungen finden Sie im Internet unter www.dresdner-fachanwaelte.de.
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