Verkehrsunfall: Reparaturkosten einer Marken-Fachwerkstatt bei fiktiver Schadensabrechnung
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Reparaturkosten dürfen nicht von der gegnerischen Haftpflichtversicherung wegen günstigerer Stundenverrechnungssätze einer Fremdwerkstatt gekürzt werden. Zudem kann der Geschädigte auch bei fiktiver Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt ersetzt verlangen - und nicht nur die ortsüblichen Stundenverrechnungssätze regionaler Werkstätten!
Ebenso dazu aktuell: BGH vom 20.10.2009, VI ZR 53/09
Unter Bezugnahme auf das Porsche-Urteil des BGH (vgl. BGH NJW 2003, 2086) bestätigte das AG Mitte mit erfreulich ausführlicher Begründung, dass es unerheblich sei, ob in einem Schadengutachten auch Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt zugrunde gelegt werden. Es sei sogar belanglos, wenn das Gutachten auf Basis der Stundenverrechnungssätze mehrer Markenwerkstätten erstellt worden ist, denn dann beruht es laut Ausführungen des AG Mitte auf einer größeren Datenbasis und bildet damit eine noch geeignetere Grundlage der Schadenschätzung. Der Geschädigte muss sich daher nicht an die von der Gegnerversicherung benannten günstigeren Fremdwerkstätten verweisen lassen.
Als Begründung führte das AG weiterhin aus, dass der Geschädigte einen Anspruch darauf hat, dass sein Vermögensschaden vollständig beseitigt wird, was allerdings mit einer Reparatur bei einer günstigeren herstellerfremden freien Werkstatt nicht gewährleistet wird, auch wenn der merkantile Minderwert auszugleichen ist. Zudem sei die markengebundene Reparatur in der Fachwerkstatt ein wertbildender Faktor, denn Reparaturen in Markenwerkstätten wird regelmäßig größere Wertschätzung entgegengebracht, als Reparaturen in freien Werkstätten. Diese Wertschätzung bildet auch einen Wirtschaftsfaktor am Gebrauchtwagenmarkt und stellt nicht nur einen ideellen Wert dar.
Ebenso bilden auch Alter und Laufleistung des geschädigten Fahrzeuges keine rechtfertigende Grundlage für den Verweis auf eine freie - und billigere - Werkstatt, denn damit würde der Grundsatz, dass der Geschädigte „Herr" der Schadenbeseitigung ist, unterlaufen werden.
Zudem hat das AG Mitte mit sehr deutlichen Worten nun explizit darauf hingewiesen, dass die „Auswahl von freien Werkstätten durch die Haftpflichtversicherer der Manipulation der Gerichte dient" und möchte der gängigen Praxis, die Schadenzahlungen zu kürzen, wohl mit diesem Urteil Einhalt gebieten.
AG Mitte vom 23.06.2009, 111 C 3137/08
Bestätigung durch BGH vom 20.10.2009, VI ZR 53/09
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.
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