Versicherungsrecht: Alkohol am Steuer, das wird teuer?
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Bei Verkehrsunfällen aufgrund von Alkohol reagieren Kfz-Versicherer meist kompromisslos. In der Kfz-Haftpflichtversicherung wird zwar der Schaden gegenüber dem geschädigten Unfallgegner reguliert, jedoch wird der Versicherungsnehmer auf Regress in Höhe von bis zu 5.000,00 € in Anspruch genommen. Die Kaskoversicherung verweigert die Leistung sogar meistens vollständig. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass dies gerechtfertigt ist, da man schließlich selbst schuld ist, wenn man betrunken Auto fährt. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es Sinn und Zweck der Kfz-Versicherung ist, Schäden auszugleichen, welche aufgrund von Fehlern und Missgeschicken des Versicherungsnehmers eintreten. Deshalb beinhaltet das Gesetz eine differenzierte Regelung, wonach bei weitem nicht jede Trunkenheitsfahrt automatisch zur vollständigen Leistungsfreiheit bzw. zum vollen Regress des Versicherers führt. Demgegenüber zeigt die anwaltliche Praxis, dass Versicherer in vielen Fällen zu Unrecht die Leistung verweigern und eine genaue Überprüfung sich durchaus lohnen kann.
Der folgende Beitrag soll einen Gesamtüberblick über die Rechtslage vermitteln.
Sowohl Kfz-Haftpflichtversicherungen als auch Kaskoversicherungen enthalten folgende Klausel (Trunkenheitsklausel):
Alkohol und andere berauschende Mittel
Das Fahrzeug darf nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.
Das darin enthaltene Gebot nicht „betrunken“ zu fahren, bezeichnet man im Versicherungsrecht als Obliegenheit. Eine Obliegenheitsverletzung kann negative Folgen für den Versicherungsschutz haben. Eine Obliegenheitsverletzung liegt vor, wenn der Fahrer fahruntüchtig fährt. Es gelten dabei im Versicherungsrecht die gleichen Grundsätze für die Fahruntüchtigkeit wie im Strafrecht. Absolute Fahruntüchtigkeit aufgrund von Alkohol liegt ab 1,1 Promille vor. Im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit (0,3 bis 1,1 Promille) kann eine Fahruntüchtigkeit des Verkehrsteilnehmers nur dann festgestellt werden, wenn über die getrunkene Alkoholmenge hinaus weitere Beweiszeichen für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit vorliegen, wie zum Beispiel ein schwankender Gang oder grobe Fahrfehler, die typischerweise auf Alkoholgenuss zurückzuführen sind. Die Beweislast für das Vorliegen der Fahruntüchtigkeit trägt allerdings der Versicherer.
Nicht jeder Verstoß gegen die Trunkenheitsklausel führt zum Leistungsausschluss in der Versicherung. In der Kfz-Haftpflichtversicherung ist ohnehin klar, dass der Geschädigte jedenfalls aus der Versicherung entschädigt wird und der Versicherer allenfalls Regress beim Versicherungsnehmer bis zur Höhe von maximal 5.000,00 € nehmen kann (§ 5 Abs. 3 KfzPflVV). Im Fall der Kaskoversicherung ist es möglich, dass die Trunkenheit am Steuer zum (teilweisen) Ausschluss der Leistungspflicht des Versicherers führt. Sowohl der Regress in der Kfz-Haftpflichtversicherung wie auch die Leistungskürzung in der Kaskoversicherung hängen davon ab, ob dem Versicherungsnehmer zumindest grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann.
- Verletzt der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich, kann dies zur vollen Leistungsfreiheit des Versicherers in der Kaskoversicherung führen.
- Wenn nur einfache Fahrlässigkeit vorliegt, ist der Versicherer zur ungekürzten Leistung verpflichtet.
- Bei grober Fahrlässigkeit handelt es sich um eine gesteigerte Form der einfachen Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grade, außer Acht lässt und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten muss. Dabei ist nicht nur ein objektiver Maßstab anzulegen, vielmehr sind auch Umstände zu berücksichtigen, welche die subjektive, personale Seite der Verantwortung betreffen, sodass also subjektive Besonderheiten im Einzelfall den Vorwurf grober Fahrlässigkeit entfallen lassen (BGH, Urteil vom 22.06. 2011 – IV ZR 225/10). Wenn grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, ist der Versicherer (nur) berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen (§ 28 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)).
Was bedeutet dies nun in der Praxis bei alkoholbedingten Unfällen? Im Regelfall wird die Alkoholfahrt als grob fahrlässig angesehen. Im Bereich zwischen 0,3 und 1,1 Promille führt dies in der Rechtsprechung meist zu einer Leistungskürzung bei der Kaskoversicherung zwischen 50 % und 75 %. Teilweise wird auch eine Leistungskürzung bei grober Fahrlässigkeit auf bis zu 100 % bei hoher Alkoholisierung und besonderen Umständen des Einzelfalls für möglich gehalten (BGH, Urteil vom 11.01.2012 – IV ZR 251/10).
Wenn der Versicherungsnehmer nicht selbst betrunken fährt, sondern einem anderen das Fahrzeug überlässt, kommt es darauf an, ob der Versicherungsnehmer die Trunkenheitsfahrt des Fahrers schuldhaft ermöglicht hat. Soweit möglich, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, Alkoholfahrten von Dritten zu verhindern. Grob fahrlässiges Handeln des Versicherungsnehmers kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer vor Fahrtantritt von der erheblichen Alkoholisierung des Fahrers Kenntnis hatte und die Möglichkeit hatte, die Fahrt zu verhindern.
Selbst wenn die zuvor behandelten Voraussetzungen für eine Leistungskürzung vorliegen, ist der Versicherer trotzdem leistungspflichtig, wenn die Obliegenheitsverletzung nicht für den Eintritt des Unfalls oder den Schaden ursächlich geworden ist (§ 28 Abs. 3 VVG). Es fehlt an der Ursächlichkeit, wenn der Unfall oder der Schaden nicht auf der erhöhten Gefahrenlage beruht, wie sie typischerweise aufgrund der Obliegenheitsverletzung (Trunkenheit am Steuer) beruht. An der Ursächlichkeit fehlt es jedenfalls dann, wenn für den Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetz (StVG) vorliegt. Hierfür kommen eine Vielzahl von Unfallursachen in Betracht, wie zum Beispiel wenn ein auf der Straße liegender Stein auf ein nachfolgendes Fahrzeug geschleudert wird.
Alles in allem gibt es zahlreiche Prüfungspunkte, die Versicherer gerne vergessen und vorschnell ihre Leistungspflicht verneinen. Die Kanzlei TREWIUS Rechtsanwälte steht Ihnen gerne für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Weitere Informationen zum Versicherungsrecht finden Sie auf unserer Internetseite.
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