Wann geht eine E-Mail dem Empfänger zu?

  • 2 Minuten Lesezeit

In rechtlicher Hinsicht kommt es oft darauf an, wann eine Willenserklärung dem Empfänger zugeht. Diese Frage stellt sich bei der sogenannten „Willenserklärung gegenüber Abwesenden“, also dann, wenn diese Willenserklärung etwa per Post übersandt wird. Insoweit hat die Rechtsprechung schon seit langem den Grundsatz aufgestellt, dass es nicht darauf ankommt, wann der Empfänger diese Erklärung tatsächlich zur Kenntnis nimmt. Es reicht aus, dass diese Erklärung so in den Empfangsbereich des Empfängers kommt, dass er nach üblichem Verhalten die Erklärung zur Kenntnis nehmen kann.

Es ist daher seit langem klar, dass ein Brief dann zugegangen ist, wenn er in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen wird und die übliche Zeit für die Postzustellung (zu der man dem Briefkasten öffnet) erreicht ist. Wird ein Brief also beispielsweise nachts um 23:00 Uhr eingeworfen, geht er erst im Laufe des nächsten Tages zu. Die genaue Uhrzeit ist dabei zweifelhaft, auf den Tag kann man sich aber in der Regel festlegen.

Unklar war bislang, wie es sich mit E-Mails verhält. Insoweit hat der Bundesgerichtshof nunmehr für den unternehmerischen Geschäftsverkehr entschieden, dass auch bei einer E-Mail die tatsächliche Kenntnisnahme oder auch nur der Abruf der E-Mail nicht erforderlich sind. Ausreichend ist, dass die E-Mail so auf dem Mail Server des Empfängers eingegangen ist, dass sie ohne weiteres abgerufen werden kann. Auch hier erfolgt der Zugang aber nur innerhalb üblicher Geschäftszeiten.

Eine nachts um 23:00 Uhr versandte E-Mail wird damit im Laufe des nächsten vormittags zu gehen.

Es bleibt allerdings weiterhin das Problem, dass der Absender im Zweifel den Zugang beweisen muss. Bei einem Brief kann man dem Beweis dadurch führen, dass dieser durch einen Boten eingeworfen wird, der als Zeuge zur Verfügung steht oder durch eine Zustellung per Gerichtsvollzieher.

Es dürfte deutlich schwieriger sein, den Beweis zu führen, dass eine E-Mail auf dem Mail Server des Empfängers abrufbereit angekommen ist.

Bei wirklich entscheidenden fristgebundenen Erklärungen (z.B. Kündigungen, die eine Frist einhalten müssen), dürfte eine Zustellung per Bote oder Gerichtsvollzieher daher nach wie vor der sichere Weg sein.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Mathias Wenzler

Beiträge zum Thema