Was Arbeitgeber bei LTIP-Vereinbarungen zu beachten haben :
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Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – LTIP-Bonus nach freiem Ermessen
Regelmäßig beschäftigen sich die Parteien bei der Verhandlung von Aufhebungsverträgen mit Führungskräften mit der Frage: Können Arbeitgeber Klauseln zu Bonusansprüchen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach „freiem Ermessen“ regeln und sich eine Festsetzung des LTIP-Bonus „auf Null“ vorbehalten?
Arbeitgebern muss bewusst sein, dass die Gerichte eine solche Entscheidung voll überprüfen können. Führungskräfte können diese gerichtliche Überprüfung in die Wege leiten durch eine sog. Stufenklage mit dem Ziel der Bonusfestsetzung durch das Gericht oder eines Zahlungsantrags gegen den Arbeitgeber, sofern sich dieser einer Auszahlung von bereits gewährten LTIP-Ansprüchen vollständig verwehrt.
In einem solchen Prozess wird es für den Arbeitgeber schwierig, wenn er die Bestimmungen zur (vollständigen) LTIP-Kürzung in vorformulierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt hat.
Solche Klauseln können nämlich unwirksam sein, da sie der Führungskraft die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle der LTIP-Auszahlung nimmt und sie deshalb unangemessen benachteiligen könnte. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahre 2016.
Solche Vertragswerke tauchen in unserer Beratungspraxis regelmäßig auf und verdienen eine ausführliche rechtliche Überprüfung: In einem konkreten Fall wurden die LTIP-Ansprüche unseres Mandanten ausdrücklich im Anstellungsvertrag erwähnt; zusätzlich sollte die Höhe der LTIP-Bonuszahlung dem freien Ermessen des Arbeitgebers überlassen sein. Dabei wurde es dem Arbeitgeber vorbehalten, z.B. bei schlechter Arbeitsleistung oder einer bestimmten Betriebszugehörigkeit nach gewissen Altersgrenzen die LTIP-Auszahlung vollständig zu streichen.
Die konkrete Formulierung im Geschäftsführeranstellungsvertrag lautete:
„Der Geschäftsführer hat Anspruch auf die Teilnahme am LTIP. In Höhe von 20% seines Bruttogrundgehalts für das betreffende Geschäftsjahr, ein Anreiz für drei Jahre.“
Gleichwohl wurde dann in den (unserem Mandanten erst Monate später ausgehändigten) LTIP-Bedingungen geregelt:
„Kürzung aufgrund der Arbeitsleistung.
Wenn ein Teilnehmer während des Leistungszeitraums keine zufriedenstellende Arbeitsleistung (oder einen ähnlichen Standard) erbringt, die vom Verwalter nach seinem alleinigen Ermessen festgelegt wird, liegt es im alleinigen und uneingeschränkten Ermessen des Verwalters, den Betrag einer nicht ausgezahlten Prämie, die im Rahmen des Programms an den Teilnehmer (oder in seinem Namen) zu zahlen ist, zu kürzen, einschließlich bis auf 0 $.“
Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt, der dem Arbeitgeber das Recht zubilligt, von einer Leistungsbestimmung über einen Bonus abzusehen, obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbracht hat, ist unwirksam im Sinne von § 307 I 1 iVm II BGB (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.08.2016, 10 AZR 710/14).
Eine Bonusfestsetzung auf Null verstößt gem. § 315 III 1 BGB, da sie unverbindlich erscheint.
Das BAG hält dazu fest: „Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Bestimmungsberechtigte die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, trägt der Bestimmungsberechtigte (stRspr, zuletzt zB BAG, NZA 2015, 992 = NJW 2015, 3326 Rn. 28). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 I BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. insgesamt dazu: BAGE147, 322 = NZA 2014, 595 Rn. 41 mwN = NJW 2014, 2464 Ls.; BGHZ 174, 48 Rn. 20 = NJW 2008, 1536 Ls.)“
Vor dem Hintergrund dieser BAG-Rechtsprechung konnten wir die bereits verdienten LTIP-Ansprüche unseres Mandanten erfolgreich in den Aufhebungsvertrag verhandeln.
Ein prozessualer Vorteil hierbei war, dass sich der LTIP-Anspruch ausdrücklich aus dem Anstellungsvertrag unseres Mandanten ergeben hat. Darin lag der folgenschwerste Fehler des Arbeitgebers. Durch die vertragliche Regelung konnte die deutsche Tochtergesellschaft unserem Mandanten nicht erfolgreich entgegenhalten, dass dieser sich im Hinblick auf seine LTIP-Ansprüche ausschließlich an die US-amerikanische Muttergesellschaft zu wenden habe, von der der Mandant in der Vergangenheit die LTIP-Zuteilungsschreiben erhalten hatte. Liegt keine solche eigenständige Verpflichtung der deutschen Anstellungsgesellschaft vor, hätten ein deutsches Arbeitsgericht vor dem Hintergrund der BAG-Rechtsprechung eine Klage abgewiesen und unser Mandant hätte seine Ansprüche vor einem US-amerikanischen Gericht geltend machen müssen (vgl. BAG, Urteil vom 12. 2. 2003 - 10 AZR 299/02 (LAG München Urteil 20. 11. 2001 8 Sa 202/01).
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