Wie dürfen Arbeitgeber die Arbeitnehmer überwachen?
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Im Zuge des technologischen Fortschritts haben viele Chefs begonnen, spezielle Software zur Überwachung des Arbeitsverhaltens ihrer Mitarbeiter einzusetzen. Dabei können sie beispielsweise das Internetverhalten, die Arbeitszeiten oder die Produktivität der Angestellten kontrollieren. Doch der rechtliche Rahmen für solche Überwachungsmaßnahmen ist vielfach unklar und umstritten.
Wenn ein Mitarbeiter während der Arbeitszeit private Angelegenheiten regelt, wie beispielsweise das Surfen im Internet oder das Einkaufen online, kann dies Konsequenzen haben. Auch das Überziehen der Mittagspause oder das vorzeitige Abmelden vom Arbeitsplatz können als Vergehen angesehen werden. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit der Chef das Recht hat, das Verhalten seiner Mitarbeiter zu überwachen.
Die Diskussion über die digitale Überwachung am Arbeitsplatz ist in vollem Gange. Arbeitgeber argumentieren häufig mit der Notwendigkeit der Effizienzsteigerung und der Sicherheit im Unternehmen. Arbeitnehmer hingegen sorgen sich um ihre Privatsphäre und Autonomie am Arbeitsplatz.
Trotz dieser divergierenden Interessen haben Gesetzgeber und Gerichte klare Grenzen definiert, wie weit die Überwachung am Arbeitsplatz gehen darf. Es ist wichtig zu wissen, was erlaubt ist und was nicht, um mögliche Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu vermeiden.
Es ist verständlich, dass Vorgesetzte ein Interesse daran haben, die Arbeitszeiten und die Produktivität ihrer Mitarbeiter im Blick zu behalten. Eine ineffiziente Nutzung der Arbeitszeit kann schließlich negative Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben. Dennoch ist es entscheidend, dass dabei die Rechte der Arbeitnehmer respektiert und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
Es ist wichtig festzuhalten, dass es kein grundsätzliches, explizites Recht zur Überwachung von Mitarbeitern gibt. Grundsätzlich ist es erlaubt, Mitarbeiter zu überwachen, solange dabei keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden oder gegen Datenschutzrichtlinien verstoßen wird. Zusätzlich kann die Überwachung mit Einwilligung der Mitarbeiter und Zustimmung eines etwaigen Betriebsrates erfolgen.
Ein Spezialfall stellt die E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz dar, welche unter das Telekommunikationsgesetz (TKG) fällt. Wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern explizit die private Nutzung ihres dienstlichen E-Mail-Accounts gestattet, wird er als Anbieter von Telekommunikationsdiensten angesehen und muss das Telekommunikationsgeheimnis gemäß § 88 des TKG wahren (Az. 7 U 521/21).
In diesem speziellen Fall ist eine E-Mail-Kontrolle durch den Arbeitgeber nicht erlaubt. Bei einem Verstoß gegen diese Regelung kann der betroffene Mitarbeiter Anzeige erstatten, da der Arbeitgeber möglicherweise nach § 206 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafrechtlich belangt werden könnte.
Auch wenn die private Nutzung des betrieblichen E-Mail-Accounts nicht gestattet ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Vorgesetzte das Recht hat, eine PC-Überwachung durchzuführen. Das eigenmächtige und ungenehmigte Lesen fremder E-Mails stellt eine Verletzung des Datenschutzgesetzes dar – unabhängig davon, ob es sich um den Chef handelt oder nicht.
Ist im Arbeitsvertrag die private Nutzung des E-Mail-Accounts ausdrücklich untersagt, hat der Arbeitgeber grundsätzlich mehr Kontrollbefugnisse als bei erlaubter Privatnutzung. Dennoch bedeutet dies nicht, dass der Arbeitgeber uneingeschränkten Zugriff auf die E-Mails des Arbeitnehmers hat.
Um sicherzustellen, dass das Verbot der Privatnutzung eingehalten wird, hat der Arbeitgeber das Recht, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Im Falle eines begründeten Verdachts auf Missbrauch oder grobe Vertragsverletzung kann der E-Mail-Account ebenfalls überprüft werden. Solche Kontrollen können notwendig sein, um einen reibungslosen Betriebsablauf sicherzustellen.
Eine fortlaufende und systematische Überwachung der E-Mails ist in der Regel jedoch nicht zulässig, da dies sowohl gegen Persönlichkeitsrechte als auch gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen würde. Jegliche Kontrollmaßnahme muss angemessen und verhältnismäßig sein.
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren, was den Beginn, die Dauer und das Ende der täglichen Arbeitszeit, sowie Überstunden und Pausen umfasst. Das Arbeitszeitgesetz schreibt keine bestimmte Form der Zeiterfassung vor, ob diese handschriftlich oder digital erfolgt, liegt im Ermessen des Arbeitgebers.
Die Zeiterfassung kann auch mittels Log-in-Daten am Arbeits-PC erfolgen. Ebenso ist die Protokollierung von Netzwerk-Anmeldungen am PC erlaubt. Da hierbei lediglich festgehalten wird, dass ein Mitarbeiter seinen Computer nutzt, jedoch nicht für welche Zwecke, handelt es sich nicht um gezielte Überwachung des Mitarbeiters. In einem solchen Fall ist die Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats nicht erforderlich.
Im Rahmen eines Arbeitsvertrages kann festgelegt werden, dass die private Internetnutzung auf dem betrieblichen Computer untersagt ist. Sollte ein Arbeitnehmer dennoch gegen diese Regel verstoßen, ist es dem Arbeitgeber gestattet, den Browserverlauf des Angestellten zu überprüfen. Dies darf jedoch nur geschehen, wenn ein konkreter Verdacht besteht, der auf nachvollziehbaren Tatsachen basiert – reine Vermutungen reichen nicht aus.
Anzeichen für eine unerlaubte private Internetnutzung können beispielsweise ein übermäßig hoher Datenverkehr, regelmäßige Besuche offensichtlich privater Internetseiten während der Arbeitszeit oder eine deutlich verminderte Arbeitsleistung in Verbindung mit vermehrtem Internetkonsum sein. Der Verdacht muss sich dabei auf eine bestimmte Person oder eine klar definierte Gruppe beziehen und darf nicht pauschal gegen alle Mitarbeiter gerichtet sein. Ein „ungutes Gefühl“ des Arbeitgebers reicht als Grundlage für eine Überprüfung nicht aus – es müssen konkrete Beobachtungen oder Tatsachen vorliegen.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jegliche Verdachtsmomente zu dokumentieren und zu begründen, bevor er Überwachungsmaßnahmen einleiten darf. Die gesammelten Daten können im Falle eines Kündigungsprozesses als Beweismittel gegen den Arbeitnehmer verwendet werden. Falls privat Surfen am Arbeitsplatz erlaubt ist, darf der Arbeitgeber den Browserverlauf dennoch nur auswerten, wenn ein klarer Verdacht besteht, dass die Privatnutzung überhand nimmt und die beruflichen Aufgaben vernachlässigt werden. Gelegentliches kurzes privates Surfen stellt in der Regel keinen Grund für eine Überprüfung dar.
Keylogger-Software ist eine Art von Programm, das alle Tastatureingaben und Mausbewegungen auf einem Computer aufzeichnet. Durch die Verwendung eines Keyloggers können sensible Daten abgefangen werden, die normalerweise vertraulich sind. Trotzdem ist es in den meisten Fällen nicht erlaubt, Daten, die mittels eines Keyloggers gesammelt wurden, in einem Kündigungsprozess gegen einen Arbeitnehmer zu verwenden.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Juli 2017 ein wegweisendes Urteil zu diesem Thema gefällt (Az. 2 AZR 681/16). Dabei wurde klargestellt, dass der Einsatz von Keyloggern zur Überwachung von Mitarbeitern in der Regel unzulässig ist, es sei denn, es liegt ein berechtigter Grund dafür vor. Laut dem Urteil ist der Einsatz solcher Software im Arbeitskontext nur dann erlaubt, wenn der Verdacht auf eine Straftat oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung besteht.
Einige Software ermöglicht sogar die Überwachung von Mitarbeitern durch die Nutzung der Computerkamera. Eine solche Videoüberwachung ohne konkreten Anlass ist in den meisten Fällen rechtswidrig und verstößt eindeutig gegen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen:
Erstens ist die Nutzung der Webcam zur Überwachung ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre der Mitarbeiter.
Zweitens ist eine Überwachungsmaßnahme per Webcam oft unverhältnismäßig in Bezug auf das vermutete Fehlverhalten des Mitarbeiters.
Drittens verletzt die ständige Aufzeichnung oder Beobachtung durch die Webcam datenschutzrechtliche Bestimmungen und stellt somit einen klaren Verstoß gegen die Datenschutzgesetze dar.
In Ausnahmefällen kann es gerechtfertigt sein, eine zeitlich begrenzte und gezielte Überwachung mittels Webcam durchzuführen. Ein solcher Fall könnte vorliegen, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat oder eine schwere Vertragsverletzung besteht, beispielsweise wenn Mitarbeiter bei den Arbeitszeiten betrügen. In solchen Fällen könnte eine heimliche Überwachung gerechtfertigt sein, allerdings nur dann, wenn dies die einzige Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts darstellt und die Maßnahme verhältnismäßig ist.
Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, bei der Überwachung von Arbeitnehmern die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter zu respektieren und sich an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Selbst wenn ein Arbeitgeber grundsätzlich das Recht hat, Stichproben- oder Verdachtskontrollen am Arbeitsplatz durchzuführen, um beispielsweise die Computernutzung zu überwachen, muss dies unter Einhaltung strenger Regeln erfolgen. Es ist wichtig, dass die Überwachungsmaßnahmen zeitlich begrenzt und im Verhältnis zur Schwere des Verdachts stehen, um den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. von der kanzlei JURA.CC bearbeitet im Schwerpunkt das Kündigungsschutzrecht im Arbeitsrecht. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht vertritt Mandanten außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen bei der Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber. Soweit erforderlich erfolgt eine gerichtliche Vertretung bei der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht mit dem Ziel für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis für zukünftige Bewerbungen oder auch die Rücknahme der Kündigung und die Weiterbeschäftigung zu erzielen.
Mehr Informationen unter www.JURA.CC oder per Telefon: 0221-95814321
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