40 Euro Schadenersatz bei zu wenig gezahltem Lohn?
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Es gibt immer wieder Fälle, in denen ein Arbeitgeber einem Beschäftigten den vereinbarten Lohn nicht (vollständig) bezahlt, z. B. weil es dem Unternehmen finanziell schlecht geht oder weil das betreffende Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt wurde und der Chef sich zur restlichen Lohnzahlung nicht mehr verpflichtet fühlt. Das ist jedoch nicht zulässig. Doch dürfen Beschäftigte, die kein oder zu wenig Gehalt bekommen haben, von ihrem Arbeitgeber pauschal 40 Euro Schadenersatz verlangen – quasi als Strafe für die unterbliebene bzw. unvollständige Vergütung?
Unvollständige Lohnzahlung durch Arbeitgeber?
Ein Leiharbeitnehmer war seit Oktober 2014 in einem Unternehmen unter anderem mit dem Einlegen von CDs in Verpackungen und allgemeinen Lagertätigkeiten beschäftigt. Er erhielt laut Tarifvertrag zunächst 8,50 Euro/Stunde, später wurde der Stundenlohn auf 8,80 Euro erhöht. Auch gab es einen sog. Branchenzuschlag, um das Gehalt der Leiharbeitnehmer an die Löhne der Stammbelegschaft anzupassen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juni 2015 gab es zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten jedoch Streit über die Vergütung. So hatte der Arbeitgeber etwa im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses nicht mehr 8,80 Euro/Stunde Lohn gezahlt, sondern nur noch 8,50 Euro. Der Beschäftigte verlangte daher unter anderem den rückständigen Lohn und obendrein einen pauschalen Schadenersatz in Höhe von 40 Euro. Als sich der frühere Arbeitgeber weigerte, den geforderten Betrag zu zahlen, zog der Beschäftigte vor Gericht.
Beschäftigter kann pauschalen Schadenersatz verlangen
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschied, dass der Arbeitgeber im letzten Beschäftigungsmonat tatsächlich zu wenig Lohn gezahlt hatte. Der Leiharbeitnehmer konnte daher nicht nur das restliche Gehalt, sondern auch für den betreffenden Monat einen pauschalen Schadenersatz in Höhe von 40 Euro verlangen.
Zu wenig Lohn gezahlt
Laut Tarifvertrag hatte der Beschäftigte Anspruch auf 8,80 Euro pro Stunde. Weil der Arbeitgeber im letzten Beschäftigungsmonat aber nur 8,50 Euro pro Stunde gezahlt hat, ist in dieser Zeit eine Vergütungsdifferenz von 49,26 Euro aufgelaufen. Der Arbeitgeber ist damit in einen sog. Zahlungsverzug geraten, weil er es versäumt hat, den vollen Lohn bis zum betreffenden Monatsende – Juni 2015 – zu überweisen. Der Arbeitgeber musste also 49,26 Euro an den Beschäftigten bezahlen.
Voraussetzungen für pauschalen Schadenersatz
Nicht immer werden Forderungen (vollständig) beglichen, wenn sie fällig sind, z. B. weil der Schuldner nicht zahlen kann oder will. Der Inhaber der Forderung – der Gläubiger – ist dann oftmals gezwungen, anwaltliche und später auch gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um zu seinem Recht zu kommen. Ihm wurde daher ein weiteres Druckmittel zur Seite gestellt, um seinen Zahlungsanspruch – gerade wenn es sich um geringe Geldforderungen handelt – durchsetzen zu können: der pauschale Schadenersatz nach § 288 V Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Voraussetzung ist allerdings, dass das betreffende Schuldverhältnis nach dem 28.07.2014 entstanden ist bzw. die Gegenleistung, also die Bezahlung, nach dem 30.06.2016 erbracht wird. Auch muss sich der Schuldner, der kein Verbraucher nach § 13 BGB ist, im Zahlungsverzug befinden, also eine fällige Zahlung nicht bzw. nicht vollständig erbracht haben.
Übrigens: Derjenige, der die Pauschale verlangt, muss keinen konkreten Schaden darlegen. Es ist daher auch nicht nötig, dass Rechtsverfolgungskosten, z. B. durch Einschaltung eines Anwalts, tatsächlich entstanden sind.
Anrechnung der Pauschale auf Rechtsverfolgungskosten?
Der Gläubiger kann regelmäßig trotz Geltendmachung der Pauschale weitergehenden Verzugsschaden, z. B. Rechtsanwaltskosten, verlangen. Im allgemeinen Zivilrecht, z. B. beim Rücktritt vom Autokauf, müssen derartige außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten nämlich von der Partei gezahlt werden, die im Rechtstreit unterliegt. Der „Gewinner“ hat also einen Kostenerstattungsanspruch gegen den „Verlierer“ – er muss sich aber nach § 288 V 3 BGB die Pauschale auf den Kostenerstattungsanspruch anrechnen lassen.
Im Arbeitsrecht dagegen muss jede Partei – egal, ob sie einen Prozess gewinnt oder verliert – ihre eigenen Kosten selbst tragen. Das Gleiche muss daher erst recht auch für die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gelten. Daher ist es nach Ansicht der Richter nur recht und billig, wenn sie wenigstens die Pauschale in Höhe von 40 Euro bekommt. Ansonsten könnte es Beschäftigte – gerade bei geringen Forderungen – davon abhalten, ihre Rechte geltend zu machen. Vielmehr soll der Arbeitgeber für seine verspätete, unvollständige oder unterbliebene Zahlung bestraft werden. Wenn er weiß, dass er bei Zahlungsverzug zumindest die Pauschale zahlen muss, wird er es sich vielleicht zweimal überlegen, ob er Lohn zurückbehält oder nicht.
Arbeitgeber befand sich im Zahlungsverzug
Vorliegend war der Arbeitsvertrag nach dem 28.07.2014 geschlossen worden, sodass der Beschäftigte sich auf § 288 V BGB berufen konnte. Auch hatte der Arbeitgeber als Schuldner im Juni 2015 zu wenig Lohn bezahlt – er befand sich also im Zahlungsverzug. Aus diesem Grund musste er nicht nur den ausstehenden Lohn, sondern auch die Pauschale an den Beschäftigten zahlen.
Fazit: Beschäftigte können einen pauschalen Schadenersatz in Höhe von 40 Euro für jeden Monat verlangen, in denen ihr Arbeitgeber zu wenig oder gar keinen Lohn an sie zahlt.
(LAG Köln, Urteil v. 22.11.2016, Az.: 12 Sa 534/16)
(VOI)
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