Corona-Krise: Gesundheitsschutz versus Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG
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Mit Beschluss vom 14.04.2020 – 19 K 1816/20 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe einen Eilantrag abgelehnt, der sich gegen das Verbot einer Versammlung zum Thema "Corona" richtete. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Einleitung
Die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG ist verfassungsrechtlich ein hohes Gut und schützt das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Das Grundrecht schützt die Organisation und Leitung ebenso, wie die Teilnahme an einer Versammlung. Art. 8 Abs. 1 GG gewährleistet auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll. Als Abwehrrecht gewährleistet das Grundrecht den Grundrechtsträgern also ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung.
Auch die Versammlungsfreiheit gilt aber nicht "absolut": Gemäß Art. 8 Abs. 2 GG kann die Versammlungsfreiheit für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
Fall
Der Antragsteller meldete für den 14.04.2020, 17:00 Uhr auf dem Bismarckplatz in Heidelberg eine Versammlung mit dem Titel „Corona: Transparenz, klare Regeln und Augenmaß“ mit einer Teilnehmerzahl von circa 10 Personen an.
Die Stadt Heidelberg untersagte die Versammlung. Der Antragsteller hat daraufhin gerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt.
Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen, ein Versammlungsverbot könne nicht auf die aktuelle Fassung der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg (CoronaVO) gestützt werden, da diese - anders als die vorherige Fassung - Versammlungen im Verbotstatbestand nicht ausdrücklich aufführe.
Ein vollständiges Verbot der angemeldeten Versammlung sei zudem unverhältnismäßig.
Lösung
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah die Sache anders. Der Antrag wurde abgelehnt. Folgende drei Argumente hat das Gericht angeführt:
- Die CoronaVO verbietet Versammlungen von nicht in einem Haushalt lebenden Personen im öffentlichen Raum auch in seiner aktuellen Fassung vom 9. April 2020. Angesichts der rasanten Ausbreitung der nicht selten schwer und teilweise sogar tödlich verlaufenden Erkrankung sei den staatlichen Bemühungen zur Eindämmung der Ausbreitung der Krankheit ein hohes Gewicht beizumessen.
- Die Landesregierung als Verordnungsgeber habe die Verhältnismäßigkeit des Verbots zwar engmaschig zu kontrollieren und zu untersuchen, ob es angesichts neuer Erkenntnisse verantwortet werden könne, das Verbot von Versammlungen unter Auflagen und möglicherweise auch regional begrenzt zu lockern. Dies wirke sich hier aber nicht aus, da das Verbot erst vier Wochen in Kraft und eine Verkürzung der derzeitigen Geltungsdauer bis zum 15.06.2020 durch Verordnung des Sozialministeriums möglich sei.
- Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf die Erteilung einer Ausnahme vom grundsätzlichen Versammlungsverbot. Für die Versammlung seien keine Ordner vorgesehen, die die Einhaltung des geplanten Abstands der Teilnehmer von 1,5 Metern während der Versammlung sicherstellen könnten; dies obwohl angesichts der Brisanz des Versammlungsthemas und des Ortes und der Uhrzeit der geplanten Versammlung damit zu rechnen sei, dass sich weitere Personen spontan der Versammlung anschlössen oder sich jedenfalls Schaulustige einfänden.
Eigene Bewertung und Folgen für die Praxis
Die Entscheidung des VG Karlsruhe zeigt erneut auf:
Sämtliche Gerichte gewichten im Ergebnis den Schutz der Gesundheit der gesamten Bevölkerung als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut höher, als die Interessen der Antragsteller. Das gilt unabhängig davon, welche Grundrechte ins Feld geführt werden. Der Antragsteller konnte sich hier zwar auf die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG berufen, was ihm aber gleichwohl nicht zum Erfolg verholfen hat. Es steht nicht zu erwarten, dass dies derzeit bei anderen Grundrechten anders wäre.
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