Dienstvergehen, Dienstpflichtverletzung und Beamtenrechtliches Disziplinarverfahren – was nun?
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Was ist für die Beamtin/den Beamten zu tun, wenn Vorwürfe bezüglich angeblicher Dienstpflichtverletzungen laut werden? Was ist zu unternehmen, wenn sogar bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde und wann benötige ich einen Anwalt?
Das Beamtenverhältnis ist als besonderes Dienst – und Treueverhältnis ausgestaltet und unterscheidet sich dabei erheblich z.B. vom zivilrechtlichen Arbeits-/ Angestelltenverhältnis. Beamte unterliegen besonderen Pflichten, die u.a. in §§ 33 ff. Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) sowie in den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder näher ausgestaltet/geregelt sind.
Trotz aller Bemühungen um eine entsprechende Pflichterfüllung kommt es in der Praxis nicht selten zu Vorwürfen angeblicher Verfehlungen und/oder Dienstpflichtverletzungen sowie in der Folge auch zur Einleitung disziplinarrechtlicher Schritte durch den Dienstherrn.
Aus § 47 BeamtStG folgt, dass Beamtinnen und Beamte ein Dienstvergehen begehen wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist demnach nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Bei Ruhestandsbeamtinnen/Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen/Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 BeamtStG bestimmten Pflichten verstoßen. Auch bei sonstigen früheren Beamtinnen/Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die Pflichten gem. §§ 37, 41 und 42 BeamtStG verstoßen. Durch können Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.
Im Übrigen regeln die Disziplinargesetze des Bundes under Länder Näheres über die Verfolgung von Dienstvergehen und zum Verfahren (Disziplinarverfahren).
Nicht jede Dienstpflichtverletzung bzw. Pflichtverletzung (wozu es im Rahmen eines langen Dienstverhältnisses durchaus kommen kann) mündet tatsächlich im Disziplinarverfahren. Dies zum einen deshalb, weil auch hierbei u. a. schon wegen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes natürlich auch entsprechende Maßnahmen außerhalb des Disziplinarrechts/Disziplinarverfahrens ausreichend sein können. Hierzu gehören beispielsweise mahnende Personalgespräche, Rügen, Ermahnungen, Missbilligung usw.
Innerhalb des förmlichen Disziplinarverfahrens reichen die Disziplinarmaßnahmen bei Beamten vom Verweis, über die der Geldbuße, die Kürzung der Dienstbezüge, die Zurückstufung bis hin zur in bestimmten Fällen denkbaren Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Disziplinarmaßnahmen bei Ruhestandsbeamten sind die Geldbuße, Kürzung des Ruhegehalts oder die Aberkennung des Ruhegehalts. Besondere Bestimmungen gelten bei Disziplinarverfahren gegen Beamte auf Probe und Beamte auf Widerruf oder bei Ehrenbeamten.
Werden konkrete Anhaltspunkte bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, ist i. d. R. ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Anderes kann dann gelten, wenn zu erwarten ist, dass eine Disziplinarmaßnahme (z.B. wegen Zeitablaufs oder bereits wegen des selben Sachverhalts verhängter Strafen, Geldbußen oder Ordnungsmaßnahmen) nicht verhängt werden darf. Ebenfalls kann von der Einleitung u. U. abgesehen werden, sofern der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt feststeht, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom Dienstvorgesetzten wegen der geringen Bedeutung des Vergehens nicht für erforderlich gehalten wird und der Beamte durch andere geeignete Maßnahmen zur künftigen Beachtung seiner Dienstpflichten veranlasst werden kann.
Eine Alternative zu der Einleitung des Disziplinarverfahren von Amts wegen ist die Einleitung auf Antrag durch den Beamten/die Beamtin. Dies kommt in Betracht, wenn die Beamtin/der Beamte selbst sich damit möglichst schnell von einem (möglichen) Verdacht eines Dienstvergehens entlasten möchte.
Die Beamtin/der Beamte ist jedenfalls unverzüglich über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Sachverhaltsaufklärung möglich ist. Hierbei ist er darüber zu informieren, welche Verfehlung ihm zur Last gelegt wird und gleichzeitig darüber zu belehren, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Außerdem muss spätestens mit der Einleitungsverfügung die Belehrung darüber erfolgen, dass er sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistandes bedienen kann. Auch im übrigen ist in den Disziplinargesetzen geregelt, dass der betr. Beamte/die Beamtin sich unabhängig davon jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands bedienen darf.
Wegen der zum Teil drastischen Folgen von (inner- und z. T. auch bei außerdienstlichen) Pflichtverletzungen im Sinne der einschlägigen Disziplinargesetze ist es daher regelmäßig ratsam, sich frühzeitig geeignete anwaltliche Hilfe (möglichst bei einem im Beamtenrecht/öffentlichen Dienstrecht versierten/spezialisierten Anwalt) zu suchen. Dies gilt erfahrungsgemäß schon dann, wenn die Beamtin/der Beamte in Sorge ist, ein Dienstvergehen/eine Dienstpflichtverletzung begangen zu haben. Erst recht bietet sich die Inanspruchnahme spezialisierter anwaltlicher Hilfe an, wenn erste Vorwürfe laut/erhoben werden. Spätestens aber dann, wenn der Dienstherr die Beamtin/den Beamten von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens unterrichtet hat, sollte unbedingt keine Zeit mehr verloren werden und der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin des Vertrauens unverzüglich aufgesucht werden.
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