Disziplinarverfahren gegen Polizeibeamten wegen Kontakt zu Rockergruppe und zum Rotlichtmilieu
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Disziplinarverfahren gegen einen Polizeibeamten wegen Kontakt zu Rockergruppe und zum Rotlichtmilieu
Am 17. Mai 2023 hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) über ein Disziplinarverfahren gegen einen Polizeibeamten geurteilt, der Mitglied einer Rockergruppierung war.
Der betroffene Polizeibeamte war über mehrere Jahre hinweg aktives Mitglied einer Rockergruppe, die in der Öffentlichkeit oft mit Gewalt und Kriminalität assoziiert wird, dazu war er der Vergangenheit auch in Nebenbeschäftigung als Türsteher tätig, weiter pflegte der Kläger vielfache Kontakte zum lokalen Rotlichtmilieu.
Es kam der Verdacht auf, dass der Beamte interne Informationen der Polizei an andere Türsteher und Personen aus dem Rotlichtmilieu weitergibt, als Gefälligkeit soll er Geld und Leistungen von Prostituierten erhalten haben. In seiner Freizeit solle er telefonischen Kontakt zu Prostitutionsbetrieben sowie Kontakte zu Personen aus dem Rocker- und Türstehermilieu unterhalten haben.
Es wurde bei der zuständigen Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen den Beamten wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Verdachts der Weitergabe von Dienstgeheimnissen eingeleitet.
Weiter leitete der Dienstherr ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten ein, der Beamte wurde zunächst vorläufig vom Dienst suspendiert, dann mit Disziplinarverfügung aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Als Dienstpflichtverletzung wurde hier die unbefugte Weitergabe polizeiinterner Informationen an Personen aus dem Türsteher- und Zuhältermilieu und hierfür Geld, beziehungsweise sexuelle Dienstleistungen erhalten zu haben sowie Kontakt zu Prostitutionsbetrieben und zum Rockermilieu unterhalten zu haben. Dies sei mit den Pflichten eines Polizeibeamten unvereinbar und würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei erschüttern. Sein Verhalten begründe Anhaltspunkte für eine Verletzung der Neutralitätspflicht, der Pflicht zum achtungswürdigen Verhalten sowie der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.
Gegen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erhob der Beamte Klage und wandte ein, dass seine Mitgliedschaft in der Rockergruppe keine unmittelbaren Auswirkungen auf seinen Dienst gehabt habe und er iÜ dies alles auch zu Ermittlungszwecken getan habe.
Der VGH Baden-Württemberg (Mannheim) schloss sich der Argumentation zum Teil an und führte im Urteil vom 17. Mai 2023 (AZ: DL 16 S 1134/22) aus, dass die Mitgliedschaft in einer Rockergruppierung per se nicht automatisch zu einem Disziplinarverfahren führen müsse.
Sondern der Dienstherr müsse prüfen, ob die Aktivitäten des Beamten innerhalb der Rockergruppe rechtlich oder moralisch bedenklich seien und ihn in der Ausübung des Dienstes beeinträchtigen. Hier konnte dem Beamten weder eine dauerhafte Nähe zum Rotlichtmilieu nachgewiesen werden, noch, abgesehen von dem Näheverhältnis zu Personen des Rocker- und Türstehermilieus, ein konkretes Tätigwerden in diesem oder für dieses Milieu. Somit fehlte es an einem, konkreten Anschein einer Identifikation des Beamten mit kriminellen Bestrebungen dieses Milieus, so dass hier nicht von einem, schweren Dienstvergehen, welches regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, auszugehen war. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass der Beamte Informationen, an seine Vorgesetzten weitergegeben hat und seine unmittelbaren Vorgesetzten auch von den dieser Art der Kontaktpflege wussten und hiergegen nicht eingeschritten sind.
Demgemäß müssen die Umstände, hier der persönliche Lebensstil eines Beamten und die Dienstpflichten und dem zu erwartenden Verhalten in der Öffentlichkeit immer individuell betrachtet und gegeneinander abgewogen werden. Es kann danach nicht pauschal ein nicht gewünschtes außerdienstliches Verhalten automatisch als vorwerfbares Fehlverhalten und somit als Dienstpflichtverletzung gewertet werden.
Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17.5.2023 AZ: DL 16 S 1134/22
Da es in einem Disziplinarverfahren schnell um ihre berufliche Existenz gehen kann, sollten Sie sich umgehend an einen Rechtsanwalt spezialisiert in Disziplinarrecht und Disziplinarverfahren wenden, um das weitere Vorgehen abzusprechen und um Ihre Interessen gegenüber Ihrem Dienstherrn wirksam zu vertreten.
Rechtsanwältin Kerstin Wisniowski hat mit der Führung von Disziplinarverfahren jahrelange Erfahrung.
Sollte ein Disziplinarverfahren gegen Sie eingeleitet sein oder demnächst werden, nehmen Sie bitte schnellstmöglich Kontakt mit uns auf.
Wir überlegen dann gemeinsam mit Ihnen Ihre Strategie.
Mit besten Grüßen
Rechtsanwältin Kerstin Wisniowski
Fachanwältin f. Arbeitsrecht, Fachanwältin f. Steuerrecht, Mediatorin (zertifiziert)
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