Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
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Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
§ 3 EFZG spricht dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für den Fall zu, dass dieser arbeitsunfähig erkrankt ist. Es handelt sich somit um eine Ausnahme von dem Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“. Doch in welchen Fällen genau Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, kann für den Arbeitnehmer unter Umständen gar nicht so leicht zu durchblicken sein. Der nachfolgende Beitrag bringt Licht ins Dunkel und fasst das Wichtigste zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung zusammen.
Anspruchsvoraussetzungen:
Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
Der Umfang der Beschäftigung spielt dabei keine Rolle, auch in einem Minijob oder einer Teilzeitbeschäftigung besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Ablauf der Wartefrist
Das Arbeitsverhältnis muss mindestens seit vier Wochen ununterbrochen bestehen, bevor erstmalig Entgeltfortzahlung gezahlt wird; § 3 Abs. 3 EFZG.
Beispiel: A beginnt am 01.03. ein neues Arbeitsverhältnis. Er erkrankt jedoch bereits am 15.03. und ist arbeitsunfähig bis einschließlich 10.04. – der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt erst nach dem Ablauf von vier Wochen, also am 29.03., somit hat A Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 29.03. – 10.04.
Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit
Der Beschäftigte ist infolge einer Erkrankung arbeitsunfähig, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu erbringen, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr der Verschlimmerung seines Zustands leisten kann. Die Arbeitsunfähigkeit muss also immer für die konkret auszuübende Tätigkeit bestimmt werden und sie muss dabei die alleinige Ursache für die Nichterbringbarkeit der Arbeitsleistung sein. Erfasst werden grundsätzlich auch Schwangerschaftsabbrüche und Sterilisationen.
Kein eigenes Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit
Hat der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies wird zum Beispiel bei einem Beinbruch infolge eines alkoholbedingten Verkehrsunfalls angenommen. Auch bei medizinisch nicht indizierten Schönheitsoperationen wird dies angenommen (siehe BAG, Urteil v. 29.02.1984, 5 AZR 92/82).
Pflichten des Arbeitnehmers:
Anzeigepflicht
Nach § 5 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen.
Nachweispflicht
Spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen bzw muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei gesetzlich Versicherten elektronisch für den Arbeitgeber abrufbar sein (eAU). Der Arbeitgeber kann jedoch bereits ab dem ersten Krankheitstag einen solchen Nachweis verlangen. Der Arbeitgeber kann die Zahlung gem. § 7 EFZG verweigern, solange der Arbeitnehmer der Nachweispflicht nicht nachkommt.
Anspruchsumfang:
Anspruchshöhe
§ 4 Abs. 1 EFZG bestimmt, dass dem Arbeitnehmer das ihm bei regelmäßiger Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist, inklusive Sonn- und Feiertagszuschläge (Entgeltausfallprinzip). Unberücksichtigt bleiben jedoch Überstunden.
Anspruchsdauer
Sechswöchiger Anspruch
Der Anspruch besteht für sechs Wochen/42 Kalendertage gem. § 3 Abs. 1 EFZG für ein und dieselbe Erkrankung, bei Unterbrechungen werden die Krankheitstage addiert, bis insgesamt sechs Wochen fortgezahlt worden sind. Entsteht die Arbeitsunfähigkeit im Laufe eines Arbeitstages, sodass der Arbeitnehmer die Arbeit früher beenden muss, zählt erst der nächste Tag als Beginn der Arbeitsunfähigkeit, setzt die Arbeitsunfähigkeit jedoch vor Arbeitsbeginn ein, wird dieser Tag bereits zu den sechs Wochen dazu gezählt.
Beispiel: B ist arbeitsunfähig erkrankt aufgrund einer Mandelentzündung vom 10. bis 18.06. und erneut aufgrund desselben Leidens vom 08.07. bis 15.08. - Da aufgrund dieser Ursache im Juni bereits 9 Tage Entgeltfortzahlung geleistet wurde, hat B nur noch Anspruch auf 33 Tage Lohnfortzahlung bei seiner erneuten Arbeitsunfähigkeit im Juli und August, also nur vom 08.07. bis 09.08.
Unterschiedliche Erkrankungen
Tritt eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines anderen Leidens auf, hat der Arbeitnehmer für diese Ursache erneut einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für sechs Wochen, wenn die erste Ursache in diesem Zeitpunkt abgeklungen war.
Beispiel: D erkrankt am 02.08. an einer Grippe und ist bis einschließlich 20.08. arbeitsunfähig. Am 24.08. bricht er sich den Fuß und ist erneut arbeitsunfähig. – Da es sich um unterschiedliche Leiden handelt, hat D aufgrund des gebrochenen Fußes erneut Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung, ohne dass er sich die Krankheitstage aufgrund der Grippe hierauf anrechnen lassen muss.
Hinzutreten weiterer Ursachen
Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Ursache hinzu, die ebenfalls allein genommen zur Arbeitsunfähigkeit führen würde, verlängert sich der sechswöchige Anspruch dadurch jedoch nicht. Selbst wenn die erste Ursache nach gewisser Zeit abgeklungen ist, entsteht kein erneuter sechswöchiger Anspruch für das zweite Leiden.
Beispiel: C erkrankt am 01.08. an einer Mandelentzündung und ist arbeitsunfähig bis zum 20.08. Am 14.08. bricht er sich das Handgelenk und ist infolgedessen arbeitsunfähig bis zum 20.09. – C hat insgesamt nur Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Auch nach Abklingen des ersten Leidens am 20.08. entsteht kein erneuter sechswöchiger Anspruch, mithin erhält C Entgeltfortzahlung nur bis zum 11.09.
Zwölf-Monats-Frist
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für eine Krankheit für längstens sechs Wochen innerhalb von 12 Monaten. Führt also dieselbe Erkrankung innerhalb von zwölf Monaten wiederholt zu einer Arbeitsunfähigkeit, wird die bisherige Arbeitsunfähigkeit auf den Anspruch angerechnet. Nach Ablauf dieser Zeit – beginnend mit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit – entsteht ein neuer sechswöchiger Anspruch. Mit Beginn dieser Arbeitsunfähigkeit beginnt gleichzeitig auch ein neuer Zwölf-Monats-Abschnitt.
Beispiel: D ist ab 06.01. immer wieder aufgrund eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig erkrankt. Zwischen den einzelnen Krankheitsphasen liegen auch weniger als sechs Monate. Innerhalb eines Jahres hat D nur einmal Anspruch auf insgesamt sechs Wochen Entgeltfortzahlung. D erkrankt schließlich erneut am 14.01. Da diese Erkrankung nach Ablauf von 12 Monaten nach Beginn des ersten Entgeltfortzahlungsanspruchs eingetreten ist, hat er erneut Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.
Sechs-Monats-Frist
Tritt aufgrund derselben Erkrankung jedoch für sechs Monate keine erneute Arbeitsunfähigkeit auf, entsteht bereits dann ein erneuter sechswöchiger Fortzahlungsanspruch. Arbeitsunfähigkeiten aufgrund anderer Erkrankungen spielen dabei keine Rolle.
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