Geld zurück aus Online-Sportwetten: Trotz gültiger Lizenz muss bet365 Spieler 17.000 Euro zurückzahlen

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Das Oberlandesgericht Stuttgart setzt mit seiner aktuellen Entscheidung einen wichtigen Meilenstein in der Bekämpfung von illegal angebotenem Online-Glücksspiel. Es ist das erste OLG, das jetzt einen Anbieter von Sportwetten zur Rückzahlung von Spielverlusten nach dem Erwerb einer gültigen Lizenz verurteilt hat. Grund dafür ist, dass bet365 Regeln zum Spielerschutz nicht eingehalten hat – insbesondere wurde das 1000-Euro-Limit nicht beachtet. Der Spieler konnte also pro Monat mehr als 1000 Euro einsetzen. Insgesamt soll er rund 212.000 Euro zurückbekommen, davon fallen rund 17.000 in den Zeitraum, als bet365 bereits im Besitz einer deutschen Konzession gewesen ist. Bisher wurden lediglich Anbieter von Online-Sportwetten verurteilt, die keine speziellen Lizenzen für den deutschen Markt hatten. Dieses Urteil zeigt, dass Spielverluste zu jeder Zeit zurückgefordert werden können, wenn der Anbieter nachweislich wichtige Regeln zum Spielerschutz nicht eingehalten hat. 


Es kommt also nicht darauf an, ob ein Sportwettanbieter eine gültige Lizenz hat, sondern darauf, ob er sich an die wichtigen Regeln zum Spielerschutz hält. Tut er das nicht, hat jeder Spieler Anspruch auf Schadensersatz. Weshalb das Oberlandesgericht dies so sieht, macht es in allen Einzelheiten in seinem außergewöhnlich langen Urteil auf 68 Seiten klar.


Bei Online-Sportwetten in drei Monaten rund 20.000 Euro verzockt


Im aktuellen Fall ( Az.: 5 U 118/23) steht dabei das 1000-Euro-Limit im Fokus. Denn eigentlich hätte der Spieler nicht mehr als 1000 Euro pro Monat einsetzen dürfen. So schreibt es eine Regelung aus dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) vor. Die Auszüge seines Spielerkontos zeigen aber, dass er im Schnitt pro Monat 2.700 Euro verzockt. Das Beispiel dieses Mannes aus dem Kreis Heilbronn zeigt, wie Spieler durch die Missachtung dieser Regelung zunächst in der Sucht und dann im finanziellen Ruin landen. Insgesamt hatte er rund 800.000 Euro im Zeitraum von Oktober 2024 bis Dezember 2020 gesetzt. Bis zum Oktober 2020 lief das Angebot von bet365 ohne gültige Lizenz in Deutschland. Dann erwarb der Sportwettanbieter zwar hierzulande eine Konzession, doch an den Spielerschutz hielt er sich nicht.


Im Schitt 5000 Euro pro Monat statt der erlaubten 1000 bei Sportwetten verzockt


„Es hatte sich gar nichts verändert“, erzählt der Mandant der HFS Rechtsanwälte. Auch nach der Lizenzerteilung konnte er so viel Geld setzen, wie er gerade hatte und verzockte schließlich alles: Sein sehr gutes Einkommen, Kredite und Finanzspritzen von seinen Eltern. „Das Geld, mit dem sich andere eine eigene Existenz aufgebaut haben, habe ich verspielt“, sagt der 39-Jährige. Seine Hoffnung war zunächst, vor allem aus seinem Tenniswissen über das Wetten Geld machen zu können. Immer wieder hatte er schließlich auch etwas gewonnen. Am Schluss entstand aber ein Verlust von mehr als 280.000 Euro. Diese Summe soll er nun zurückbekommen. Darin enthalten sind auch rund 17.000 Euro, die er in drei Monaten verzocken konnte, nachdem bet365 eine gültige Lizenz hatte. Dabei sind die erlaubten 1000 Euro bereits herausgerechnet. Folglich konnte er uneingeschränkt mehr als 5000 Euro pro Monat verzocken. Erst im Dezember 2020 wurde sein Konto von bet365 gesperrt. Die notwendige Überprüfung seiner Finanzen erfolgte wesentlich zu spät. Nach einer solchen Überprüfung ist es tatsächlich rechtens, das Limit des jeweiligen Spielers zu erhöhen. Je nach finanzieller Situation darf ein Spieler dann Beträge von 3000 bis maximal 30.000 Euro einsetzen. Da in diesem Fall eine solche Überprüfung aber nicht stattfand, liegt ein Verstoß gegen vertragliche Schutzpflichten vor und der Kläger hat daher einen Anspruch auf Schadensersatz.


Bislang versuchten sich Glücksspiel-Anbieter, wie auch bet365, mit fadenscheinigen Behauptungen aus der Affäre ziehen. Anwalt Achim Görg, der den Mandanten der HFS Rechtsanwälte vor dem OLG Stuttgart vertreten hat, erklärt dies wie folgt: „Für den Zeitraum nach Oktober 2020, seit dem deutsche Lizenzen für das Angebot von Online-Sportwetten erworben werden können, vertraten die Anbieter bisher die Meinung, dass sie sich an die gesetzlichen Limit Vorschriften nicht halten müssten, da diese angeblich keine Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis zum Spieler hätten. Die gesetzlichen Vorschriften seien nur eine Nebenbestimmung und hätten für den Kunden daher keine Wirkung. Dieser fehlerhaften Ansicht hat das OLG Stuttgart nun zurecht eine Absage erteilt. Die Vorschriften des GlüStV haben laut Ansicht des OLG natürlich eine Wirkung in Bezug auf das Vertragsverhältnis mit dem Kunden, da die Limits konkreter Ausdruck des Spielerschutzes sind. Verstöße führen daher zum vertraglichen Schadensersatz.“


Das Gericht sagt dies in seinen Worten wie folgt:


Die Beklagte (…) war dem Kläger aus dem mit ihm geschlossenen Rahmenvertrag über die Führung eines Spielerkontos verpflichtet, die monatlichen Einsätze des Klägers auf 1.000 € zu limitieren, und eine Erhöhung des Limits von einer Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers abhängig zu machen. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine wirkungslose Nebenbestimmung der Konzession, sondern um eine in das vertragliche Verhältnis des Klägers zur Beklagten hereinragende vertragliche Nebenpflicht.“


Mit seiner Meinung steht das Oberlandesgericht dabei nicht alleine da: Auch der BGH bezeichnete die Limits in seinem bekannten Beschluss vom 22. März 2024 (Az. I ZR 88/23) als "eine zentrale Regelung zur Verwirklichung des mit dem Glücksspielstaatsvertrag angestrebten Spielerschutzes." „Die Ansicht von bet365 und anderen großen Anbietern wie Tipico und Bwin, dass gesetzliche Vorgaben, die gerade den Spieler schützen sollen, diesem gegenüber keinerlei Wirkung haben sollen, war daher seit jeher abwegig. Das OLG Stuttgart hat hierüber nun deutlich geurteilt“, sagt Görg. Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde diesbezüglich nicht zugelassen.


Das Thema „Geld zurück aus Online-Sportwetten“ liegt dem EuGH vor


Außerdem holt das Gericht in einem Rundumschlag weit aus und legt deutlich seine Meinung dazu dar, weshalb es dieses Verfahren nicht aussetzt, obwohl eine ähnliche Sache gerade dem Europäischen Gerichtshof vorliegt und der Bundesgerichtshof auf eine Entscheidung des EuGH wartet. „Die Vorlagefragen des BGH zu Sportwetten vom 25. Juli 2024 haben auf Ansprüche nach Lizenzierung ebenfalls keine Auswirkung, da diese Vorlagefragen nur den Zeitraum vor Lizenzierung betreffen“, erklärt Görg. 


Mehr zu diesem Thema finden Sie hier auf unserem Blog.


Spieler können Geld von Sportwettanbietern zurückfordern, die eine deutsche Lizenz haben!


Wer bei diesem oder anderen Anbietern gespielt und mehr als 1000 pro Monat gesetzt hat, kann sein Geld nun jedenfalls auch dann zurückfordern, wenn er nach Oktober 2020 gezockt hat. Wichtig ist jetzt schnell zu handeln. Denn die Ansprüche darauf verjähren bereits nach drei Jahren. Denn hier gilt ein etwas anderer Anspruch auf Schadensersatz als bei Fällen vor Oktober 2020. Hatte ein Anbieter keine Lizenz für sein Angebot auf dem deutschen Markt, gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren.


Thomas Schopf, Gründer der Kanzlei „HFS Rechtsanwälte“, sagt dazu:


Das ist ein wegweisendes Urteil und wenn sich andere Gerichte daran orientieren, haben die Spieler endlich etwas in der Hand, um den Spielerschutz tatsächlich durchzusetzen. Die GGL (Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder), die eigentlich dafür zuständig wäre, hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, Regeln zum Spielerschutz durchzusetzen. Fakt ist, dass sich bet365 weder vor noch nach der Lizenzerteilung an das 1000-Euro-Limit gehalten hat – und zahlreiche weitere Anbieter auch nicht. sondern auch zahlreiche weitere Anbieter. Zum Beispiel liegt uns ein Fall von Tipico vor, bei dem es ein Mandant geschafft hat, innerhalb von einem Monat ca. 60.000 Euro zu verspielen.“ 


Sie haben auch Geld bei einem Anbieter von Sportwetten verspielt, der das 1000-Euro-Limit nie eingehalten hat? Und ihre finanzielle Situation wurde vom Anbieter nie überprüft? Dann haben Sie gute Chancen Ihre Verluste zurückzubekommen! Ich helfe Ihnen gerne! Bitte kontaktieren Sie mich über Anwalt.de oder über schopf@hfs-rechtsanwaelte.de













Foto(s): i-stock

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