Zahlungsverzug: Was können Gläubiger und Schuldner tun, wenn das Geld ausbleibt?
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Inhaltsverzeichnis
- Gefahren bei Kauf auf Rechnung und Ratenzahlungsmöglichkeit
- Voraussetzungen für einen Zahlungsverzug
- Verzugszinsen, Mahngebühren und Inkassokosten
- Inkassobüro, Mahnbescheid und Klage
- Alternative Lösung: Vereinbarung oder Anpassung der Ratenzahlungsvereinbarung
- Verjährung von Forderungen und Zwangsvollstreckung
- Rechte des Verkäufers bei Zahlungsverzug
- Rechte des Arbeitnehmers bei ausbleibendem Gehalt
Experten-Autorin dieses Themas
Gefahren bei Kauf auf Rechnung und Ratenzahlungsmöglichkeit
Viele Online-Shops, Elektronikgeschäfte und Möbelgeschäfte werben mit der Möglichkeit: „Jetzt kaufen, später bezahlen“, beziehungsweise mit der Möglichkeit eines Kaufs auf Rechnung und einer Zahlung in Raten. Nicht selten unterschätzen Verbraucher die zahlreichen Zahlungsverpflichtungen, die sie auf diese Weise eingehen und die sich schnell zu hohen monatlichen Belastungen summieren. Können die offenen Forderungen beziehungsweise Raten nicht mehr pünktlich beglichen werden, bleibt oft nur noch der Gang zur Schuldnerberatung. Nicht ohne Grund steigt seit Jahren die Zahl der Verbraucherinsolvenzen. Auf der anderen Seite kommen gerade kleinere Unternehmen – z. B. Handwerksbetriebe, Soloselbstständige, Familienunternehmen, kleine Geschäfte beziehungsweise Online-Shops – oft selbst in finanzielle Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz, wenn sich offene Forderungen zu hohen Außenständen aufaddieren.
Voraussetzungen für einen Zahlungsverzug
Der Schuldner einer Geldforderung kommt in Verzug, wenn die vereinbarte Zahlungsfrist – z. B. 14 Tage ab Rechnungsdatum – beziehungsweise das vereinbarte Zahlungsdatum – z. B. bis zum 31.10.2022 oder bis Ende der 42. Kalenderwoche (KW) – abgelaufen ist. Fehlt es an einer bestimmten Zahlungsfrist beziehungsweise einem bestimmten Zahlungsdatum – steht z. B. in der Rechnung nur der Rechnungsbetrag, aber nicht, bis wann er zu zahlen ist –, kommt der Schuldner in Verzug, wenn ihn der Gläubiger nach Fälligkeit der Rechnung mahnt. Auch ohne Mahnung tritt Verzug spätestens 30 Tage nach Erhalt der Rechnung ein. Bei einem Verbraucher ist aber Voraussetzung, dass der Schuldner auf diese Folge in der Rechnung besonders hingewiesen wurde.
Verzugszinsen, Mahngebühren und Inkassokosten
Ist der Schuldner ein Verbraucher, kann der Gläubiger Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem ersten Tag des Verzuges verlangen. Dies sind derzeit Zinsen von 6,62 Prozent jährlich (Stand 2023). Beauftragt er ein Inkassobüro oder einen Anwalt mit der Beitreibung der Forderung, fallen weitere Kosten an, die der Schuldner tragen muss.
Ist der Schuldner kein Verbraucher, beträgt der Verzugszins neun Prozentpunkte über Basiszinssatz – mit dem zuletzt Anfang 2023 geänderten Basiszinssatz also 10,62 Prozent pro Jahr – und der Gläubiger kann anstelle von Mahngebühren eine einmalige Verzugspauschale von 40 Euro verlangen.
Ist dem Gläubiger ein darüber hinausgehender Schaden entstanden, kann er auch Ersatz für diesen Schaden verlangen. In Betracht kommt hier insbesondere, dass der Gläubiger aufgrund der ausbleibenden Zahlung mit seinem Konto ins Minus gerutscht ist und daher den Dispositionskredit in Anspruch nehmen muss. Ebenfalls sehr häufig sind Rücklastschriftgebühren der Bank für eine nicht eingelöste oder zurückgeholte Lastschrift (Abbuchung aufgrund Einzugsermächtigung).
Inkassobüro, Mahnbescheid und Klage
Zahlt der Schuldner auch nach einer Mahnung nicht, schaltet der Gläubiger oft ein Inkassounternehmen oder einen Anwalt ein. Bringt auch ein Mahnschreiben des Inkassobüros beziehungsweise eine anwaltliche Zahlungsaufforderung nichts, kommt es im Regelfall zu einem Mahnbescheid oder direkt zu einer Klage bei Gericht. Hierdurch fallen weitere Anwaltskosten und Gerichtskosten an. Dabei sollten Schuldner bedenken, dass der Gläubiger nicht verpflichtet ist, mehrfach zu mahnen. Sofern eine Mahnung überhaupt erforderlich ist, reicht eine Mahnung aus, auch wenn in der Praxis oft mehrfach gemahnt wird.
Alternative Lösung: Vereinbarung oder Anpassung der Ratenzahlungsvereinbarung
Merkt der Schuldner, dass er offene Forderungen beziehungsweise Raten nicht bezahlen kann, lohnt es sich daher zur Vermeidung weiterer Kosten, den Kontakt mit dem Gläubiger zu suchen und das Problem offen anzusprechen. In vielen Fällen ist eine Ratenzahlungsvereinbarung beziehungsweise – wenn eine solche schon besteht – eine Änderung der Ratenzahlungsvereinbarung mit geringeren monatlichen Raten und einer längeren Laufzeit möglich.
Verjährung von Forderungen und Zwangsvollstreckung
Die Verjährungsfrist für Forderungen beträgt grundsätzlich drei Jahre, deren Lauf mit Ende des Jahres beginnt, in dem die Forderung entstanden ist. Nach maximal vier Jahren kann sich der Schuldner also auf die Verjährung berufen und muss nicht mehr zahlen. Hat der Gläubiger in der Zwischenzeit aber einen Vollstreckungsbescheid vom Amtsgericht erwirkt oder ein Urteil vom zuständigen Gericht, ist dieser beziehungsweise dieses 30 Jahre lang vollstreckbar. Zahlt der Schuldner nicht, kann der Gläubiger also 30 Jahre lang versuchen, zu seinem Geld zu kommen. In Betracht kommen dabei insbesondere eine Lohnpfändung über den Arbeitgeber und eine Kontopfändung bei der Bank. Über eine Vermögensauskunft, die der Gerichtsvollzieher beim Schuldner abnimmt – auch eidesstattliche Versicherung oder Offenbarungseid genannt–, kann der Gläubiger an entsprechende Informationen gelangen.
Rechte des Verkäufers bei Zahlungsverzug
Liegt dem Zahlungsverzug ein Kaufvertrag und eine offene Kaufpreisforderung zugrunde, kann der Verkäufer auch vom Vertrag zurücktreten. In diesem Fall muss der Käufer die gekaufte Ware zurückgeben und erhält im Gegenzug – sofern er bereits eine Anzahlung geleistet oder Raten auf den Kaufpreis gezahlt hat – den bereits gezahlten Kaufpreis(-anteil) zurück. Voraussetzung für einen Rücktritt ist aber, dass der Verkäufer dem Käufer eine angemessene Nachfrist gesetzt hat. Eine Frist von 14 Tagen ist im Regelfall ausreichend.
Rechte des Arbeitnehmers bei ausbleibendem Gehalt
Da im Arbeitsvertrag der Zeitpunkt, an dem das Gehalt zu zahlen ist, meist geregelt ist – z. B. Monatsletzter, letzter Tag des Folgemonats, 15. des Monats oder des Folgemonats –, kommt der Arbeitgeber automatisch in Verzug, wenn er das Gehalt nicht pünktlich bezahlt. Eine Mahnung ist daher im Regelfall nicht nötig.
Kommt das Gehalt nicht wie eingeplant, ist ein Arbeitnehmer schnell in finanziellen Schwierigkeiten, da beispielsweise zu Beginn des Monats die Miete zu zahlen ist. Raten für einen laufenden Kredit und Abbuchungen für Strom, Telefon, Internet beziehungsweise eine Fahrkarte werden meist am Ende des Monats oder Anfang des Folgemonats abgebucht. Entsteht dem Arbeitnehmer durch die verspätete oder ganz ausbleibende Lohnzahlung ein Schaden – etwa Überziehungszinsen auf dem Konto wegen Inanspruchnahme des Dispos –, kann der Arbeitnehmer Ersatz dieses Schadens verlangen. Zudem stehen dem Arbeitnehmer Verzugszinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu, seit Anfang 2023 also 6,62 Prozent Zinsen jährlich.
Da in den meisten Arbeitsverträgen eine Ausschlussfrist vereinbart ist, sollten Arbeitnehmer unbedingt darauf achten, diese einzuhalten. Danach muss der Arbeitnehmer offene Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist in Textform (einstufige Ausschlussfrist) und gegebenenfalls innerhalb einer weiteren Frist mit einer Klage (zweistufige Ausschlussfrist) geltend machen. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist oder beachtet er die Form der Geltendmachung nicht – mündlich reicht meist nicht–, verfallen die Ansprüche. Meist beträgt die Frist drei Monate.
Zahlt der Arbeitgeber weiterhin nicht, bleibt dem Arbeitnehmer nur die Klage vor Gericht. Er muss dann vor dem zuständigen Arbeitsgericht auf Zahlung des Bruttolohns klagen. Um einen entsprechenden Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, den Lohn zu zahlen, hat der Arbeitnehmer zudem ein Zurückbehaltungsrecht. Er kann also die Arbeit vorübergehend verweigern, bis er das ausstehende Gehalt bekommen hat. Für die Zeit, in der er die Arbeitsleistung zu Recht zurückbehalten hat, steht ihm dennoch das im Arbeitsvertrag vereinbarte Gehalt zu. Ein solches Recht besteht nicht, wenn nur eine verhältnismäßig geringfügige Vergütung offen ist, nur mit einer geringfügig verspäteten Zahlung zu rechnen ist oder dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen würde. Um seinen Lebensunterhalt decken, die Miete zahlen sowie sonstige Ausgaben bestreiten zu können, sollte der Arbeitnehmer parallel Arbeitslosengeld bei der Arbeitsagentur beantragen. Will der Arbeitnehmer von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen, muss er dem Arbeitgeber dies und den Grund mitteilen. Der offene Betrag sollte dann genau mitgeteilt werden.
Ist sich der Arbeitnehmer relativ sicher, dass er schnell eine neue Stelle findet, kann er auch den Arbeitsvertrag fristlos kündigen. Da für eine fristlose Kündigung ein wichtiger Grund nötig ist, muss das ausstehende Gehalt aber erheblich sein, also mindestens zwei Monatsgehälter betragen. Vor Ausspruch der Kündigung muss zudem zuerst eine Abmahnung gegenüber dem Arbeitgeber ausgesprochen werden. Hat der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis wirksam fristlos gekündigt, steht ihm ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber zu. Er kann dann das Gehalt für die Zeit der Kündigungsfrist verlangen und zudem eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, also eine Abfindung.
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