Kostenvoranschlag - das müssen Sie wissen und beachten!
- 6 Minuten Lesezeit
Ob Bauarbeiten, Sanierungen oder Reparaturen – bevor Dachdecker, Fliesenleger, Elektriker oder andere Handwerker beauftragt werden, lassen sich nicht nur Verbraucher gern einen Kostenvoranschlag geben. Aus dem täglichen Wirtschaftsleben sind Kostenvoranschläge deshalb nicht mehr wegzudenken, denn als Kunde will man vorher wissen, welchen Preis man am Ende zahlen soll. Rechtlich gesehen gibt es viele Fragen rund um den Kostenvoranschlag. Zu den absoluten Klassikern der Rechtsfragen beim Kostenvoranschlag gehören die Fragen nach der Vergütung, die Verbindlichkeit von Kostenvoranschlägen und inwieweit Kostenvoranschläge überschritten werden dürfen.
Kann der Kostenvoranschlag in Rechnung gestellt werden?
Die Verärgerung vieler Verbraucher beginnt schon damit, dass Handwerker und Co. den erstellten Kostenvoranschlag vergütet haben wollen. Als potenzieller Kunde beabsichtigt man mit dem Kostenvoranschlag aber, eine Vorstellung von den zu erwartenden Kosten für Reparatur oder Sanierung zu bekommen und durch Preisvergleich den günstigsten Anbieter zu finden. Der Spareffekt geht jedoch verloren, wenn man jeden einzelnen Kostenvoranschlag gesondert bezahlen muss. Deshalb stellt sich rechtlich die Frage, ob Handwerker und Co. einen Rechtsanspruch auf Vergütung eines Kostenvoranschlags haben.
Vergütung muss gesondert vereinbart werden
Wie so oft im juristischen Bereich gibt es auf diese scheinbar simple Frage keine eindeutige Antwort, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge zwar, besagt aber, dass der Kostenanschlag – wie es den Kostenvoranschlag nennt – „im Zweifel“ nicht zu vergüten ist. Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass die Vergütung eines Kostenvoranschlags gesondert vereinbart werden muss. Entscheidend für die Frage, ob Handwerker und Co. einen Vergütungsanspruch haben, ist daher die getroffene Vereinbarung mit dem Auftraggeber. Nur wenn explizit vertraglich ausgemacht wurde, dass der Unternehmer den Kostenvoranschlag in Rechnung stellen darf, muss der Verbraucher oder Kunde seine Erstellung als eigene Dienstleistung bezahlen.
Verweis auf AGB ist nicht ausreichend
Kostenvoranschläge sind also in der Regel nicht zu vergüten. Nur wenn der Handwerker vorher explizit darauf hinweist, dass sein Kostenvoranschlag nicht kostenlos ist, und der Kunde sich darauf einlässt, hat der Handwerker einen Zahlungsanspruch für den Kostenvoranschlag. Rechtsgrundlage für diesen Zahlungsanspruch ist dann ein eigenständiger Vertrag über die Erstellung des Kostenvoranschlags. Dabei ist es nicht ausreichend, wenn der Unternehmer lediglich auf seine AGB verweist und diese eine Regelung zur Vergütungspflicht von Kostenvoranschlägen enthalten. Eine derartige Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam, weil die Gerichte sie entweder als überraschende Klausel einstufen oder als unzumutbare Benachteiligung des Kunden werten. Die Kostenpflicht des Kostenvoranschlags muss damit vor Erstellung des Kostenvoranschlags ausdrücklich vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung muss nicht schriftlich erfolgen, ein mündlicher Hinweis des Handwerkers genügt.
Ausnahme: Vergütung ist branchenüblich
Grundsätzlich gilt also, dass die Vergütung eines Kostenvoranschlags explizit vereinbart werden muss. Von dieser Grundregel gibt es aber eine bedeutende Ausnahme: Ist die Vergütung des Kostenvoranschlags branchenüblich (wie z. B. bei Reparaturen im Elektrobereich oder Kfz-Wesen), besteht der Vergütungsanspruch auch ohne ausdrückliche Vereinbarung.
Sind Kostenvoranschläge rechtsverbindlich?
Die zweite klassische Rechtsfrage im Zusammenhang mit Kostenvoranschlägen ist die Frage nach der Verbindlichkeit, denn nicht selten weichen die tatsächlichen Kosten von den veranschlagten Kosten ab.
Kostenvoranschläge sind normalerweise unverbindlich
Auch wenn landläufig viele der Ansicht sind, ein Kostenveranschlag sei eine verbindliche Kostenaufstellung, ist dem rechtlich nicht so. Grundsätzlich dient ein Kostenvoranschlag dazu, sich eine Vorstellung zu verschaffen, was ein bestimmter Auftrag kosten würde. Deshalb handelt es sich beim Kostenvoranschlag definitionsgemäß um die fachmännische Kalkulation von Kosten, die für einen bestimmten Auftrag wahrscheinlich anfallen werden. Der Handwerker schätzt also beim Kostenvoranschlag, welche Kosten bei der angefragten Reparatur anfallen werden, welche Materialien er benötigen und wie viel Zeit er brauchen wird. Auf diesen Schätzungen beruhend rechnet er die einzelnen Kostenpositionen aus, sodass der potenzielle Kunde einschätzen kann, welcher Kostenaufwand in etwa auf ihn zukommt. Da der Kostenvoranschlag somit lediglich die ungefähr zu erwartenden Kosten beziffert, ist er im Regelfall nicht rechtsverbindlich. Rechtlich gesehen ist der Kostenvoranschlag also lediglich eine unverbindliche Schätzung.
Ausnahme: Festpreisvereinbarung
Auch wenn Kunden mit dem Kostenvoranschlag bezwecken, herauszufinden, wie viel eine Reparatur, ein Bauauftrag oder eine Sanierung kostet, stellt der Kostenvoranschlag also im Regelfall keine verbindliche Preiszusage dar. Bei der Ausführung des Auftrags ist der Unternehmer daher nicht an die veranschlagten Kosten gebunden. Aber auch von dieser Grundregel gibt es wichtige Ausnahmen. So ist es z. B. bei der Erteilung des Auftrags möglich, den Kostenvoranschlag als verbindlich zu erklären. Lässt sich der Unternehmer auf eine solche Vereinbarung ein, spricht man von einer Festpreisvereinbarung, weil hier der Preis aus dem Kostenvoranschlag als rechtsverbindlich vereinbart wird. Wird also vereinbart, dass eine Reparatur, ein Bauprojekt oder eine Renovierung zum Preis des Kostenvoranschlags durchgeführt werden soll, wird der Kostenvoranschlag verbindlich. Daneben ist der Kostenvoranschlag auch dann verbindlich, wenn der Unternehmer garantiert, dass der Auftrag die veranschlagte Summe nicht überschreiten wird. In diesen Ausnahmefällen darf dann nicht mehr in Rechnung gestellt werden, als auf dem Kostenvoranschlag veranschlagt wurde.
Darf der Kostenvoranschlag überschritten werden?
Da der Kostenvoranschlag nur in Ausnahmefällen verbindlich ist, darf er vom Unternehmer überschritten werden. Jedoch ist die Überschreitung des Kostenvoranschlags nicht grenzenlos möglich, denn auch der im Grundsatz unverbindliche Kostenvoranschlag hat eine rechtliche Bedeutung. So sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ausdrücklich vor, dass der Unternehmer den Auftraggeber – auch Besteller genannt – rechtzeitig über wesentliche Überschreitungen informieren muss.
Unterscheidung wesentlicher und unwesentlicher Überschreitung
Es ist also auch beim unverbindlichen Kostenvoranschlag nicht jede Überschreitung zulässig, sondern es muss zwischen einer unwesentlichen Überschreitung und einer wesentlichen Überschreitung unterschieden werden. Während Kunden eine unwesentliche Überschreitung der Gesamtkosten akzeptieren müssen, haben sie bei einer wesentlichen Überschreitung verschiedene Rechte (z. B. Recht auf Information, außerordentliches Kündigungsrecht oder Schadensersatzansprüche). Wo genau die Grenze zwischen einer wesentlichen und einer unwesentlichen Überschreitung verläuft, lässt sich aber mangels festen Prozentsatzes nicht eindeutig festlegen. Die Gerichte schwanken hier zwischen einer Überschreitung von zehn bis zu zwanzig Prozent. Überschreitet der Unternehmer die Gesamtsumme also um mehr als 10, 15 oder 20 %, muss er den Kunden darüber informieren, dem dann verschiedene Rechte zustehen.
Rechte des Kunden bei wesentlicher Kostenüberschreitung
Eine erhebliche Überschreitung des Kostenvoranschlags müssen Kunden nicht hinnehmen, sondern sie haben die Wahl zwischen der Fortführung zum höheren Preis oder einer außerordentlichen Kündigung. Bei der außerordentlichen Kündigung müssen sie allerdings die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Daneben kommen auch Schadensersatzansprüche in Betracht. Diese bestehen z. B., wenn der Unternehmer die zu niedrige Kalkulation zu vertreten hat oder den Kunden zu spät über die Kostensteigerung informiert. Da der Kunde aber den Fehler des Unternehmers bei der Kalkulation und den dadurch entstandenen Schaden nachweisen muss, sind Schadensersatzansprüche in der Regel nur schwer durchsetzbar.
Fazit:
Rechtlich sorgt der Kostenvoranschlag also oft für Zündstoff, wenn er etwa gesondert vergütet werden soll oder der veranschlagte Preis überschritten wird. Im Regelfall ist der Kostenvoranschlag nicht extra zu vergüten, da für einen Vergütungsanspruch eine gesonderte Vereinbarung notwendig ist. Da ein Kostenvoranschlag nur eine Einschätzung der zu erwartenden Kosten ist, stellt er aber auch keine verbindliche Kostengarantie dar. Handwerker sind deshalb im Normalfall nicht an den Kostenvoranschlag gebunden, müssen Kunden aber rechtzeitig auf erhebliche Abweichungen hinweisen.
Häufige Fragen und Antworten zum Thema Kostenvoranschlag
Welche Informationen muss der Kostenvoranschlag enthalten?
Unternehmer sollten bei der Erstellung des Kostenvoranschlages auf eine korrekte Aufschlüsselung gemäß der Berechnungsgrundlage achten. Ein professioneller Kostenvoranschlag sollte deshalb grundsätzlich schriftlich formuliert werden und folgende Informationen enthalten:
- Art und Umfang der Arbeiten
- (geschätzte) Arbeitszeit
- (geschätzte) Arbeitskosten der Arbeitskräfte
- Materialkosten
- Gültigkeit des Kostenvoranschlags
Ist ein Kostenvoranschlag verbindlich?
Aus § 649 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) lässt sich ableiten, dass es sich bei einem Kostenvoranschlag lediglich um eine „Kosteneinschätzung“ handelt – und er damit unverbindlich ist. Da dies den meisten Kunden nicht klar ist, sollten Betriebe und Unternehmen immer einen entsprechenden Hinweis in das Schriftstück einfügen.
Darf ein Kostenvoranschlag überschritten werden?
In einem bestimmten Rahmen muss der Auftraggeber eine Überschreitung hinnehmen. In der Vergangenheit sahen Gerichte eine Überschreitung von 10 % bis 20 % als akzeptabel an. Wann eine Abweichung wesentlich ist, muss ebenfalls im Einzelfall gerichtlich geklärt werden.
Gemäß § 649 Abs. 2 BGB ist der Auftragnehmer verpflichtet, dem Auftraggeber die Überschreitung mitzuteilen. Dieser kann dann entscheiden, ob er die Überschreitung akzeptiert oder außerordentlich kündigt. In diesem Fall sind die bereits erbrachten Bauleistungen abzurechnen.
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Kostenvoranschlag?
Rechtstipps zu "Kostenvoranschlag" | Seite 12
-
01.07.2010 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… die Handwerkerleistungen auch angemessen sind (s. o.). Tipp Vermieter : Prüfen Sie vor Auftragsvergabe, ob die im Kostenvoranschlag der Handwerkerfirma aufgeführten Kosten auch angemessen …“ Weiterlesen
-
Erstattung des vollständigen Sachverständigenhonorars auch bei quotenmäßiger Regulierung des Unfalls18.06.2010 Rechtsanwalt Jan Marx„… in diesem Fall noch hervor, dass die beklagte Versicherung aufgrund eines vom Kläger eingeholten Kostenvoranschlages nicht regulieren, sondern selbst besichtigen wollte. Im Hinblick darauf sei es aus Gründen …“ Weiterlesen
-
16.06.2010 Rechtsanwalt Christoph Häntzschel„… von Vertragsgrundlagen (z.B. Behandlungsplan, Heil- und Kostenplan, Kostenvoranschlag des Dentallabors usw.). Wichtig ist aus Sicht des Behandelnden, dass Umfang und Kosten der gesamten Behandlung vor deren Beginn (!) für …“ Weiterlesen
-
21.04.2010 Rechtsanwalt Fachanwalt für Verkehrsrecht Sven Skana„… nach einem erlittenen Verkehrsunfall in die Werkstatt kommt, wird ein Kostenvoranschlag mit den Unfalldaten in elektronischer Form an die Versicherung versendet. Dort wird dieser nach den zwischen …“ Weiterlesen
-
Verkehrsunfall u. FairPlay der Versicherung: Vorteile für Versicherungen = Nachteile für Versicherte20.04.2010 Rechtsanwalt Fachanwalt für Verkehrsrecht Sven Skana„… wird es behauptet. Ein Beispiel: Wenn ein Kunde nach einem erlittenen Verkehrsunfall in die Werkstatt kommt, wird ein Kostenvoranschlag mit den Unfalldaten in elektronischer Form an die Versicherung …“ Weiterlesen
-
25.03.2010 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… weiterer Arbeiten. Dann ist eine Aufforderung unter Umständen entbehrlich. Tipp Vermieter: Beschreiben Sie sehr genau, welche Arbeiten Sie vom Mieter verlangen (am besten zwei Kostenvoranschläge einholen …“ Weiterlesen
-
13.01.2010 KUCKLICK dresdner-fachanwaelte.de„… , dass der Eigentümer eines Fahrzeuges die Schadenshöhe durch ein Gutachten bzw. Kostenvoranschlag ermitteln lässt und dabei die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt zugrunde gelegt …“ Weiterlesen
-
18.12.2009 Melzer Penteridis Kampe Rechtsanwälte PartGmbB„… den Kostenvoranschlag eines Hörgeräteakustikers vor. Grundlage dafür waren im November 2003 durchgeführte Anpassungsversuche, bei der vier Geräte unter Einschluss eines zuzahlungsfreien Hörgeräts getestet …“ Weiterlesen
-
02.10.2009 Rechtsanwaltskanzlei Schwerin & Weise Partnerschaft„… ggf. auch die Kosten für ein gewerbliches Umzugsunternehmen vom kommunalen Träger übernommen werden. Es sind allerdings verschiedene Kostenvoranschläge einzuholen und dem Träger zu übermitteln …“ Weiterlesen
-
23.09.2009 KUCKLICK dresdner-fachanwaelte.de„… , die Arbeiten in Eigenleistung zu erledigen oder sie durch Verwandte und Bekannte erledigen lassen, kann in diesen Fällen nicht abschließend auf einen Kostenvoranschlag zurückgegriffen werden. Der Wert …“ Weiterlesen
-
09.03.2009 Rechtsanwalt Christian Demuth„… einen Kostenvoranschlag oder ein Schadensgutachten vor, orientiert sich die Schadenshöhe allein am Nettobetrag, da die Mehrwertsteuer nur zu erstatten ist, soweit diese bei der Durchführung …“ Weiterlesen
-
16.07.2008 Rechtsanwalt Andreas Schwartmann„… wird, eine unterdurchschnittliche Abnutzung deshalb nicht berücksichtigt, die Klausel nicht eindeutig und klar formuliert ist, der Kostenvoranschlag verbindlich ist oder dem Mieter keine Abwendungsbefugnis …“ Weiterlesen
-
19.12.2007 Rechtsanwalt Fachanwalt für Verkehrsrecht Sven Skana„… einen Kostenvoranschlag für die Reparaturkosten ein, woraufhin diese noch ein eigenes Gutachten erstellen ließ. Nachdem dieses 10 Tage später vorlag, forderte die Klägerin von der Versicherung …“ Weiterlesen
-
16.11.2005 anwalt.de-Redaktion„… Ersatzteile im Auftragsformular anzugeben. Aus diesem Grund sollten Sie auf jeden Fall auf einen Kostenvoranschlag bestehen. Lassen Sie sich unbedingt den Durchschlag des Auftragszettels geben; dann …“ Weiterlesen
-
26.10.2005 anwalt.de-Redaktion„… einen Bagatellschaden gehandelt hat. In diesem Fall sollten Sie einen Kostenvoranschlag Ihrer Fachwerkstatt einholen und den Schaden dementsprechend abrechnen. Für die Dauer der Reparatur können …“ Weiterlesen