Wechselmodell: Zwei Hauptwohnsitze für Kinder?
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Eine Scheidung ist für keinen der Beteiligten leicht – weder für die Ex-Eheleute noch für die Kinder. Denn eine Scheidung bedeutet in den meisten Fällen, dass ein Elternteil auszieht, daher nicht mehr so häufig wie bisher anwesend ist und auch weniger Zeit mit den Kindern verbringt. Um diese Umstellungen möglichst gering zu halten, wurde das sogenannte paritätische Wechselmodell entwickelt. Im Rahmen dieses Modells halten sich die Kinder zu völlig gleichen Teilen bei den beiden Elternteilen auf und diese nehmen alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Betreuung und Erziehung der Kinder gemeinsam oder zu etwa gleichen Teilen wahr. Aber auch in diesem Zusammenhang gibt es Streitpotenzial, wie dieser aktuelle Fall zeigt.
Kinder wohnen bei Mutter und Vater
Im vorliegenden Fall praktizieren die geschiedenen Eltern das sogenannte paritätische Wechselmodell. Das bedeutet, dass sich die beiden Kinder zu völlig gleichen Teilen in den beiden Wohnungen der Eltern aufhalten; an zwei Tagen der Woche bei der Mutter, an zwei Tagen der Woche beim Vater und von Freitag bis Sonntag abwechselnd bei einem der beiden Elternteile. Alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Betreuung und Erziehung der Kinder nehmen die Eltern gemeinsam oder zu etwa gleichen Teilen wahr. Nachdem der Vater im Februar 2011 aus der ehelichen Wohnung in eine eigene Wohnung in derselben bayerischen Stadt zog, meldete er diese Wohnung für die beiden Kinder als Nebenwohnung an. Im April 2011 beantragte er unter Hinweis auf das praktizierte Wechselmodell das Melderegister dahingehend zu ändern, dass die beiden Kinder auch in seiner Wohnung den Hauptwohnsitz und nicht nur den Nebenwohnsitz hätten. Die Stadt Erlangen lehnte diesen Antrag mit dem Hinweis ab, dass es die Möglichkeit von zwei Hauptwohnsitzen nicht gebe.
Vater klagt vor Verwaltungsgericht
Diesen ablehnenden Bescheid wollte der Vater nicht hinnehmen und klagte zunächst vor dem Verwaltungsgericht (VG) Ansbach auf Eintragung von zwei Hauptwohnungen für seine beiden Kinder. Hilfsweise beantragte er das Melderegister dahingehend zu ändern, dass weder die Wohnung der Mutter noch seine Wohnung Haupt- oder Nebenwohnsitz ist. Die Richter machten in ihrem Urteil deutlich, dass der Vater nicht der Betroffene ist und daher die Klage schon deshalb abzuweisen ist. Betroffen sind nur die beiden Kinder. Da diese aber noch nicht 16 Jahre alt sind, sind sie melderechtlich handlungsunfähig. Nach § 13 Abs. 3 S. 2 1. HS Meldegesetz (MeldeG) brauchen sie für Anträge einen gesetzlichen Vertreter. Im vorliegenden Fall haben die Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder und können diese nur gemeinsam vertreten. Da die Mutter jedoch gegen die Änderung des Melderegisters war, waren die Kinder nicht ordnungsgemäß vertreten. Damit war die Klage schon aus diesen Gründen unzulässig und wurde vom VG abgewiesen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof lehnt Berufung ab
Im Berufungsurteil stellten die Richter fest, dass die Eltern für ihre Kinder die öffentlich-rechtlichen Meldepflichten, die zu den sog. amtsähnlichen Handlungen gehören, wahrnehmen müssen. Erfüllt ein Elternteil eine öffentlich-rechtliche Pflicht wie die Meldepflicht, so hat dieser für diesen Fall eine Alleinvertretung, da er keinerlei Entscheidungsspielraum hat. Das bedeutet, dass ein Elternteil alleine mitteilen kann, welche Wohnung, wenn bei seinen Kindern mehrere vorhanden sind, die Hauptwohnung sein soll. In § 12 Abs. 1 S. 1 Melderechtsrahmengesetz (MRRG) und § 15 Abs. 1 MeldeG ist bestimmt, dass ein Einwohner, der mehrere Wohnungen im Inland hat, nur eine Hauptwohnung haben kann. Dies gilt auch für Minderjährige, deren Eltern das paritätische Wechselmodell praktizieren. Die Richter führten in ihrem Urteil aus, dass im Fall von Minderjährigen, die mehrere Wohnungen benutzen, und es daher an einer nach § 15 Abs. 2 S. 3 MeldeG bestimmbaren Hauptwohnung fehlt, keine Berichtigung des Melderegisters verlangt werden kann. Es könne weder die Eintragung mehrerer Wohnungen als Hauptwohnung noch die Eintragung mehrerer Wohnungen, ohne dass eine davon Hauptwohnung ist, erfolgen. Aus diesem Grund wurde die Berufung des Vaters als unbegründet zurückgewiesen und hatte im Ergebnis ebenfalls keinen Erfolg.
Bundesverwaltungsgericht weist Revision zurück
Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) führten in ihrem Urteil aus, dass der Berichtigungsanspruch des Vaters auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet ist und deshalb nicht berücksichtigt werden kann. Nach den geltenden Bestimmungen des Melderechts ist es unzulässig, dass mehrere Hauptwohnungen bzw. mehrere Wohnungen ohne den Status der Haupt- oder Nebenwohnung in das Melderegister eingetragen werden. Denn diese Unterscheidung dient dazu, einen eindeutigen Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit verschiedener Behörden bzw. für Rechte und Pflichten definieren zu können. Bei mehreren Wohnungen kann nur eine die Hauptwohnung sein. Bei Minderjährigen ist das generell die Wohnung der Personensorgeberechtigten, bei getrennt lebenden Eltern die Wohnung, die der Minderjährige überwiegend benutzt. In Zweifelsfällen ist die Hauptwohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen liegt. Auch bei Kindern, deren Eltern das Sorgerecht im paritätischen Wechselmodell ausüben, gelten diese Regeln. Lässt sich nicht feststellen, welche Wohnung den Schwerpunkt bildet, müssen sich die Eltern darüber einigen, welche Wohnung Hauptwohnung ist. Ist eine Einigung nicht möglich, ist die Wohnung Hauptwohnung, die in der Vergangenheit bereits Hauptwohnung der Minderjährigen war. Im vorliegenden Fall war die Hauptwohnung der Kinder die frühere Ehewohnung und jetzige Wohnung der Frau. Diese war für die Kinder auch im Melderegister als solche eingetragen. Daher konnte der Vater seine Wohnung nur als Nebenwohnung für seine Kinder melden.
(BVerwG, Urteil v. 30.09.2015, Az.: 6 C 38.14)
(WEI)
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