Nach dem Dieselgate an der Hauptstraße Holzofengate mit giftiger Luft im Wohngebiet - Teil 1
- 15 Minuten Lesezeit
Aus Bundesmitteln (BAFA) werden immer noch bestimmte "Holzfeuerungsanlagen“, z.B. mit Anschluss an den Wärmekreislauf der Zentralheizung, bezuschusst sowie günstigen Krediten über die Förderbank KfW subventioniert. Im überarbeiteten Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sind alle Holzheizungen entgegen den Tatsachen zur Eindämmung Emission von Treibhausgasen als "sichere Heizungen der Zukunft" vorgesehen.
Unter der früheren Bundesregierung wurden sie mit bis zu 45% bezuschusst. Mit den Millionen Holzöfen und ca. 1 Mio. Pelletheizungen wird inzwischen lt. dem Umweltmagazin GEO mit Berufung auf Datenerhebungen des Umweltbundesamts mehr Feinstaub PM2,5 ausgestoßen, als mit dem gesamten Straßenverkehr über Bremsen- und Reifenabrieb sowie Abgase zusammen. In Wohngebieten wurde abends bei Betrieb von Holzöfen schon die dreifache Feinstaubbelastung des berühmten Stuttgarter Neckartors zur Rush-Hour gemessen.
Daher forderte auch Dirk Messner, der Präsident des Umweltbundesamts zuletzt:
"Wir sollten darauf verzichten, Holz zu verheizen."
Obwohl die Heiztechnologie aus der Steinzeit gerade wegen der massiven Schädigung der Gesundheit längst überwunden galt, und die EU-Kommission zahlreiche Regelungen erlassen hat, um das ebenso schädliche Tabakrauchen nicht nur aus der Werbung zu verbannen, sondern auch mit Antiwerbung zurückzudrängen, sind lodernde Flammen aus Wohnzimmer-Feuerstellen in der Werbung ohne jeglichen Hinweis auf ihre negativen Auswirkungen omnipräsent.
In Werbung verschwiegener Feinstaub und Schadgase - wettbewerbsrechtlich unlauter und eine Haftungsgefahr für den Einzelhandel und Handwerksbetriebe?
Auch das „grüne“ Umweltministerium des Landes Baden-Württemberg wirbt durch den Minister persönlich für den Einbau einer Pelletheizung im Rahmen einer Modernisierung und zeichnete ein Unternehmen noch 2021 mit einem Umweltpreis für den Einbau einer Pelletheizung aus! Auch der Kauf von Pelletheizungen wurde bisher hoch bezuschusst und die Brennstoffe werden von staatlicher Seite gegenüber fossilen immer noch mehrfach vergünstigt (fehlende CO2-Steuer, Energiesteuer, niedrige Umsatzsteuer).
Kommunen präsentieren stolz neue Pelletheizungen in kommunalen Einrichtungen, meist sogar Schulen.
So geht die staatliche Förderung und Politwerbung Hand in Hand mit einer „glanzvollen“ kommerziellen Werbung mit durchgestylten Feuerstellen, in denen stimmungsvolles Feuer knistert. Praktisch keine Werbung von Bauträger- und Architekturunternehmen scheint mehr ohne diese Lifestyle-Idylle auszukommen. Dazu kommt massive Werbung der Baumärkte mit den (jedenfalls von außen) strahlend-sauberen Edelstahl-Kaminen und sogenannten „Brennwertöfen“.
Immer einher geht diese Werbung mit Behauptungen wie „klimaneutral“, „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“.
Die dreckige Realität wird ausgeblendet
Allerdings lassen sich weder politische Förderung mit massiven Zuschüssen noch einseitige Werbeaussagen mit den Schadstoffwerten der Holzöfen in Einklang bringen.
So emittieren auch moderne Pelletkessel nach Messungen der Schweizer Bundesumweltbehörde die 400 bis 800-fache Menge an Staub gegenüber einer Erdgasheizung. Holzöfen können sogar eine tausend bis zweitausendfache Menge an Feinstaub emittieren.
Die Menge an Kohlenmonoxyd vergrößert sich mit Pelletheizungen nach den Messungen um das zehn bis fünfzigfache gegenüber einer Gasheizung, bei Holzöfen kann die Menge den vierhundertfachen Wert erreichen. Die NOx-Werte betragen im Schnitt das drei- bis sechsfache gegenüber dem Ausstoß von Gasheizungen.
Da Holz ein buntes Stoffgemisch darstellt, ist es der ineffizienteste aller zulässigen Brennstoffe. Daher benötigt ein durchschnittliches Wohnhaus bei Einsatz einer Pelletheizung laut dem Wirtschaftsverband der Pellethersteller im Schnitt 4,7 Tonnen des Brennmaterials pro Jahr. Es fällt dadurch nach Angabe der Schweizer Umweltbehörde auch eine gegenüber Gas um 60% erhöhte Menge an CO2 für die gleiche Menge an erzeugter Wärmeenergie an, nämlich 56,4 g/Megajoule bei Gas und 92 g/MJ bei jeglicher bestmöglich betriebenen Holzheizung. Zudem stoßen Holzöfen deutlich höhere Mengen hochgiftiger polyzyklischer Kohlenwasserstoffe aus. Bei einem Betrieb mit feuchtem Holz waren die gemessenen Werte hundert bis tausendfach höher als bei Gasheizungen.
Leider verbreiten auch lokale und überregionale Medien einschließlich der öffentlich-rechtlichen Anstalten nach wie vor auch unkommentierte Verdrehungen der Lobby und beteiligen sich an der gesundheitsgefährdenden und klimaschädlichen Irreführung, anstelle einer Aufklärung mit längst bekannten wissenschaftlichen Fakten. Man kann dies allerdings nur als Ignoranz bezeichnen, zumal fachkundige Journalisten wie vor allem der Wetterexperte Jörg Kachelmann schon seit Jahren über die Schäden durch Holzverbrennung unermüdlich in Fachartikeln und über soziale Medien aufklären.
Die in der EU bei der Zulassung der Holzöfen vorgegebene Emissionsmessung erinnert ebenfalls sehr an Dieselgate:
So wird Herstellern erlaubt, nur eine Schadstoffmessung des länger angeheizten Ofens bei Vollbrand durchzuführen. Damit haben die Herstellerdaten logisch nichts mit dem Realbetrieb zu tun, zumal beim Anheizen wegen noch schlechterer Verbrennung die meisten Schadstoffe anfallen. Aber auch diese werden in der Umgebung eingeatmet. So erklären sich auch Abweichungen in Schadstofftabellen.
Der Forschungsverbund "be real" führte eigenständige Messungen über alle Betriebsphasen durch. Dabei wurden die jeweiligen Herstellerangaben lt. eines Berichts des Verbands NABU mehrfach überschritten.
Gesundheitsschäden durch Feinstaub
Holzrauch aus dem Schornstein ist wesentlich gefährlicher als der geächtete Zigarettenrauch.
Sowohl im Haus wie auch in der Nachbarschaft drohen mit dem Betrieb von Holzöfen und Holzheizanlagen nach wissenschaftlichen Untersuchungen erhebliche Schädigungen verschiedener Organe, bei Kindern sogar bleibende Entwicklungsstörungen und chronische Erkrankungen. Ultrafeine Staubpartikel, die bei der Holzverbrennung in großer Menge mit anfallen, dringen in den Blutkreislauf ein und erreichen so alle Organe. Massive Emissionen stammen vor allem von den verbreiteten, einfachen Holzöfen ohne jede Staubabscheidung. Feinstaub gilt nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen zwischenzeitlich als wesentlich schädlicher als Stickoxide, die durch die Grenzwertüberschreitungen durch PKW im Zuge des Diesel-Gate bekannt wurden. Sie werden auch in hundertfacher Menge im Vergleich zu Gasverbrennung ausgestoßen. Über entsprechende Forschungsergebnisse der Universität Rostock berichtete zuletzt spektrum.de - dazu mehr in der erläuterten Quellensammlung.
Die nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina bezeichnet in einer Veröffentlichung im Rahmen einer internationalen Initiative u.a. mit der U.S. National Academy of Medicine und der U.S. National Academy of Sciences unter Bezeichnung zahlreicher Studien aus dem Jahr 2019 verschmutzte Atemluft als eine der wesentlichen Bedrohungen für die Gesundheit. Sie sei Ursache für Schäden an der Lunge, dem Herz, Gehirn, Haut und anderer Organe. Das Risiko von chronischen Erkrankungen und Behinderungen werde erhöht. Kinder würden in ihrer Entwicklung vor allem durch Feinstaub und Ruß dauerhaft geschädigt. Sie seien wesentlich gravierender betroffen, da Feinstaub vor allem die Entwicklung der Lunge und des Gehirns beeinträchtige. Symptome bei Asthma würden massiv verschlimmert.
Wissenschaftlich nachgewiesen durchdringen Feinststäube die Blut-Hirnschranke und können so die Denkleistung unmittelbar beeinträchtigen. Forscher der Universität Maastricht haben nach einem Bericht des Sender SWR über Experimente mit Schachspielen über drei Jahre und knapp 600 Partien den Einfluss von Feinstaub auf die Denkfähigkeit untersucht. Unter Einwirkung von Feinstaub stieg die Fehlerquote dabei deutlich messbar, um 26 Prozent an.
Gemäß einem Bericht der Zeitung The Guardian vom 05.10.2022 fanden Forscher in den Lungen und dem Gehirn von Embryos tausende dieser Kohlenstoffpartikel aus Luftverschmutzung, die nur über die Atemluft der Mütter dorthin gelangt sein konnten. Alle Mütter der untersuchten Ungeborenen hatten nie geraucht. Die reaktionsaggressiven Mikro-Rußpartikel können gerade in dem frühen Entwicklungsstadium der Kinder bleibende Schäden an der Organentwicklung verursachen.
Schließlich sind Feinstäube auch nachgewiesen Ursache für Krebserkrankungen, insbesondere an Lunge und Bronchien.
Das Zentrum für Energieforschung der Uni Stuttgart fasste im Jahr 2019 Schadstoffmessungen in einem Wohnhaus mit den medizinischen Erkenntnissen zusammen und errechnete daraus die nicht unerheblichen Gesundheitsrisiken beim Betrieb eines Holzofens in einem Einfamilienhaus je nach Intensität der Nutzung. Zielsetzung war hier nicht die Feststellung der Schadstoffbelastungen über die Außenluft, sondern durch den brennenden Ofen im Haus. Sehr genau wurden auch die Schadstoffanstiege beim Öffnen bei Kaminöfen zum Nachlegen von Holz und dem Reinigen von Pelletheizungen berücksichtigt. Die Ergebnisse sind alarmierend.
Wegen unmittelbaren Gefahren raten die Experten Haushalten mit Babys in ihren Schlussfolgerungen von jedem Betrieb eines Holzofens ab. Nachweislich verursachte der Feinstaub lt. der Umwelt-Epidemiologin Dr. Barbara Hoffmann auch Frühgeburten).
Außerdem vervielfachen sich nach den Forschungsergebnissen Risiken für Gesundheitsschäden, wenn Kamine als tägliche Hauptheizung eingesetzt werden.
Weitere Schadgase im Holzrauch sind polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, die bei einer unsauberen Verbrennung in den Emissionen ebenfalls stark zunehmen, sowie Formaldehyd, Acrolein, Proionaldehyd, Butyraldehyd, Acetaldehyd und Furfural. Dazu kommt auch noch Dioxin, das tödliche und stark krebserregende Gift, bekannt vom epochalen Chemieunfall im italienischen Seweso.
In einer sehr hörenswerten Reportage des swr bezeichnet Prof. Hoffmann, weitere Gefahren: Am Herz-Kreislauf-System wissen wir, dass sich vermehrt Blutklümpchen bilden, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen können. Auch sie bestätigt die besonderen Risiken für das Gehirn, bei Ungeborenen und Kinder mit dauerhaften Schäden: Demenz und chronische Nervenerkrankungen, Diabetes mellitus und sogar eine Beeinträchtigung des ungeborenen Lebens, denn Kinder von Müttern, die der Belastung ausgesetzt sind, kommen mit weniger Gewicht zur Welt.
Unmittelbare Lebensgefahr durch Kohlenmonoxyd
Schließlich melden die Feuerwehren zunehmend Kaminbrände, bei denen sich der infolge feuchtem Brennstoff oder Müllverbrennung abgelagerte Ruß unter hoher Temperatur des Ofens entzündet. Verstopfungen des Kamins durch solche Ablagerungen können zum Eintrag des völlig geruchlosen Kohlenmonoxyds in die Wohnräume führen. Dann besteht unmittelbar Lebensgefahr.
Förderung mit Steuergeldern – Verbote durch Kommunen, Verordnungen und Nachbarklagen?
Was als umweltfreundlich beworben und staatlich gefördert wird, führt daher zunehmend zu Nachbarbeschwerden und folgenden Betriebsverboten durch Kommunen.
Wegen der massiven Einwirkungen der Schadstoffe hat die Stadt Stuttgart zuletzt den Betrieb von Luxus-Kaminöfen zeitweise vollständig untersagt. Die Stadt Ravensburg verbot ab sofort jegliche Holzheizungen für sämtliche Neubauten. In verschiedenen Stadtteilen dort und in anderen Städten ist der Betrieb von Holzöfen generell untersagt. Die Verbote sollen nunmehr strenger kontrolliert werden.
Wegen der zunehmenden Luftbelastung beschloss der Bundesrat zuletzt eine neue Mindestvorgabe zur Höhe von Schornsteinen bei neuen Holzheizungen. Bei Hanglagen, Windstille oder entsprechender Inversionslage dürfte diese Maßnahme praktisch nutzlos sein. Stattdessen müsste die Subventionierung und Privilegierung der Holzheizungen vollständig beendet werden und dringende Sofortmaßnahmen zur Eindämmung umgesetzt werden.
So ergaben Luftmessungen in Wohngebieten abends und an Wochenenden inzwischen oft höhere Schadstoffwerte zu den berühmten Maximalwerten in Stuttgart-Neckartor. 3sat Wissen berichtete im März 2021 mit einem Beitrag über die dadurch gesunkene Luftqualität in Wohngebieten. Das KIT Karlsruhe führte gemäß dem Bericht im Beitrag Schadstoffmessungen in einem Wohngebiet abends praktisch ohne Verkehr aber während des Betriebs etlicher holzbetriebener Heizungen durch. Dabei waren die Feinstaubwerte gegenüber den Maximalwerten der bekannten Hauptverkehrsstraße zur Rush-Hour dreifach höher. Dabei ist sollte schon eine Geruchsbelastung über Stunden ausgeschlossen sein.
Auch die deutsche Umwelthilfe meldet alarmierende Messergebnisse, auch mit Anteilen von stark krebserregenden Furanen.
Allerdings sind Messtationen, die dauerhaft Daten zur Feinstaubentwicklung liefern, in der Regel in Innenstädten und nicht in den typischen Wohngebieten platziert. Aber dort werden gerade die maximal Schadstoffe ausstoßenden Luxus-Holzöfen als „Zusatzheizung“ betrieben. Daher läuft die deutlich spürbare Schafstoffbelastung und Gesundheitsschädigung derzeit leider überwiegend unter dem Radar.
Nur in Städten mit Messstationen fielen logischer Weise auch die abendlichen Feinstaublawinen der Holzöfen nach dem Ende der Rush-Hour auf. Zur daraus zwingenden Abhilfe erließ die Stadt Stuttgart durch Umrechnung einen eigenen Alarmgrenzwert auf der Grundlage von § 4 Absatz 1 der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung.
Bei zu erwartender Überschreitung des Grenzwerts von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel kann ein Verbot des Betriebs von Holzöfen zwischen 15.10 und 15.04. erlassen werden. Ausnahmen können nur für Geräte mit Staubabscheider erteilt werden.
Ansonsten enthält das Immissionsschutzrecht nur sehr eingeschränkte Vorgaben mit zahlreichen Ausnahmen. So heißt es zu offenen Kaminen in § 4 Abs. 4 der 1. BImschV: "Offene Kamine dürfen nur gelegentlich betrieben werden. In ihnen dürfen nur naturbelassenes stückiges Holz nach § 3 Absatz 1 Nummer 4 oder Presslinge in Form von Holzbriketts nach § 3 Absatz 1 Nummer 5a eingesetzt werden."
Die Rechtsprechung geht trotz der schwammigen Begrifflichkeiten dennoch davon aus, dass der regelmäßige Betrieb von Holzöfen, auch solchen mit Staubabscheider (blauer Engel) illegal sein kann. Abwehransprüche gegen den Betrieb von Holzheizungen hängen immer von der individuellen Immissionslage der Betroffenen ab.
Außerdem weisen Experten darauf hin, dass Staubabscheider die Konzentration von Schadgas (Aldehyden) im Rauch sogar erhöhen! Es wären also wie bei PKW/LKW - aber wegen der xfachen Schadstoffmenge bei Holzverbrennung viel dringender - Katalysatoren nötig, die es praktisch nicht gibt.
Näheres können Sie dazu in Teil 3 dieser Artikelserie nachlesen.
Angesichts der zunehmenden Proteste Betroffener kann es bei der weitgehenden behördlichen Untätigkeit vor allem in besonders stark betroffenen Neubaugebieten mit ausgeprägtem Neo-Steinzeitkult heimischer Waldverbrennung nicht bleiben. Insbesondere für gesundheitlich Empfindliche und Kranke werden sonst ganze Siedlungen schlicht unbewohnbar. Sie werden faktisch aus ihren Wohnungen vertrieben.
Denn niemandem hilft tagsüber am Arbeitsplatz die saubere Luft zu Hause, wenn man dann abends seine Wohnung lüften muss, wenn Immissionen gerade am stärksten sind. Das Schädigungspotential ist sogar ungleich höher, da sich Menschen – insbesondere Kinder – weniger in der City als zu Hause aufhalten und dort die Schadstoffe im Winter spätnachmittags und am Abend, bei Windstille noch bis in die Nacht intensiv einatmen können. Pendelnde maximieren eine Belastung im Stadtbereich und am Arbeitsplatz tagsüber mit der allabendlichen Zwangsräucherung durch ihre holzverbrennenden Nachbarn.
Die für Feinstäube unterschiedlicher Partikelgrößen geltenden gesetzlichen Maximalgrenzwerte im Immissionsschutzrecht sind über das jeweilige örtliche Jahresmittel festgelegt. Damit erfassen sie logisch auch nur eine regelmäßige Belastung wie durch den Straßenverkehr oder Industrieanlagen, nicht aber die saisonal oder auch ereignisbezogen (z.B. Osterfeuer, Gartenfeuer, Weihnachtsmärkte) nachweislich stark schwankenden Emissionen aus der Holzverbrennung. Anders als bei Ozon fehlen die hierfür nötigen, gesetzlich einheitlichen Alarmschwellen und entsprechende Überwachungspflichten, die Behörden zu Maßnahmen auch gegen akute Immissionen verpflichten. Alarmschwellen gibt es allerdings für die auch bei Holzöfen relevant anfallenden Stickstoffoxide (NOx).
Bei Anfragen verweisen kleine Gemeinden daher gerne auf Schätzwerte und Hochrechnungen.
Im Ergebnis kann also niemandem beim Kauf versichert werden, dass er/sie und die Nachbarschaft ja gegen eine gesundheitliche Schädigung schon über Einhaltung der gesetzlichen Mess-Grenzwerte durch das einzelne Gerät und die Vorgaben des Immissionsschutzrechts vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen auch in jedem Einzelfall und bei jeglicher Nutzung des Ofens abgesichert sei.
Fehlende Aufklärung - Rechtswidrige Irreführung
Das nach Vorgabe der EU-Verordnungen und Richtlinien fortlaufend modernisierte deutsche Wettbewerbsrecht verbietet zwischenzeitlich nicht nur irreführende Werbeaussagen im Wettbewerb, insbesondere gegenüber Verbraucher/innen, sondern verpflichtet darüber hinaus in dem dazu in das Gesetz eingefügten § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dazu, Endkunden aktiv über alle relevanten Umstände aufzuklären, die Verbraucher/innen benötigen, um „um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen“.
Noch gravierender sind Angaben, die von den Gefahren noch ablenkt, so wie die Angabe "umweltfreundlich", "saubere Verbrennung" oder "nachhaltig". Solche Angaben sind infolge des Verbots irreführender Werbung in § 5 UWG bereits unlauter.
Angesichts dieser Umstände erscheint die im Bild gezeigte, aktuelle Produktbeschreibung von Baumärkten für Holzpellets und Brennholz grob irreführend. Das Verbrennen mit 25% Restfeuchte, einem Wert deutlich über der Empfehlung von max. 15% und exakt am Maximalgrenzwert des Bundesimmisionsschutzgesetzes, führt bei einer Verbrennung im Ofen exakt zu den durch das Schweizer BAFU nach eigenen Angaben gemessenen maximalen Schadstoffemissionen (s. ausführlich oben). Bei den empfohlenen max. 15% wären die Emissionen schon erheblich geringer.
Dennoch fehlt in der Beschreibung dieses aktuellen Angebots (November 2021) jeglicher Hinweis.
Warum dies anscheinend auch von den sonst agilen Umweltverbänden und Verbraucherzentralen bisher hingenommen wird, die eigentlich gegen unlautere Methoden wie diese leicht vorgehen könnten, ist unklar.
Obligatorische Hinweise auf Feinstaubbelastung
Entsprechende Verpflichtungen ergeben sich für Hinweise auf die Gefahren durch Feinstaub und Ultrafeinstaub, selbst wenn auch dazu konkrete Gestaltungsvorgaben der EU Kommission fehlen. Dies gilt selbst für Warnhinweise zu der massiven Gefährdung von Babys und Kindern.
Selbst Fachbetriebe sind selbst oft ahnungslos – mit hohem Risiko
Wir haben einen Betrieb direkt auf die Probleme angesprochen. Der Inhaber gab wie erwartet an, dass er den grob irreführenden und unzureichenden Herstellerangaben vertraut hat. Von dort hat das Unternehmen keinerlei Hinweise auf drohende Gesundheitsbeeinträchtigungen erhalten. Mit der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte glaubte man sich mit den angebotenen Anlagen auf der „sicheren Seite“. Konfrontiert mit den echten Daten der angebotenen Geräte nahm er sämtliche Holzheizungen und -öfen sofort aus dem Programm.
Aus fehlenden gesetzlichen Vorgaben kann man jedoch nicht schlussfolgern, dass Hersteller und Anbieter die bekannten Auswirkungen ihrer Produkte folgenlos verschweigen können. Denn die umfassende rechtliche Verantwortung, dass Endkunden über alle Eigenschaften des angebotenen Produkts informiert werden, liegt bei dem unmittelbaren Anbieter, dem Einzelhandel. Niemand kann sich gegenüber Verbrauchern auf eine Täuschung durch Hersteller herausreden.
Gesetzlich geregelt sind die Informationspflichten für den Einzelhandel in Art. 246 EGBGB. An erster Stelle begründet das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit dieser Vorschrift die Verpflichtung aller Unternehmen, die Verbrauchern Waren wie auch Öfen oder Heizungen unmittelbar zum Kauf anbieten, über alle wesentlichen Eigenschaften des Produkts in klarer und verständlicher Weise zu informieren.
Dies muss insbesondere für deutliche Warnhinweise wegen Gefahren durch Feinstaub und Ultrafeinstaub gelten. Trotz der wissenschaftlich lückenlos nachgewiesenen Gesundheitsschädigungen fehlen jegliche Hinweise auf die Feinstaubentwicklung im Haus, insbesondere beim Öffnen des Kamins oder erst recht bei den immer noch zugelassenen, offenen Feuerstellen in Altbauten.
Wird feuchtes Brennholz, wie im aktuellen Beispiel oben zu sehen ist, im oberen Grenzbereich angeboten, ist zudem auf die dadurch erhöhten Emissionen hinzuweisen.
Chronische Krankheiten wie Asthma, die schon bei Kindern infolge Luftverschmutzung zu einer akuten Gesundheitsbeeinträchtigung führen können, sind verbreitet. Eine entsprechende Veranlagung schließt den regelmäßigen Betrieb eines Holzofens im Haus ganz oder in der Nachbarschaft ohne Staubabscheider wegen der Gesundheitsgefahren aus.
Auf Warnungen in der Presse oder durch Gesundheitsbehörden zu den Produktgattungen können Anbieter nicht verweisen. Abgesehen davon fehlen systematische Aufklärungsmaßnahmen ganz offensichtlich. Genau wie schon beim Dieselgate sind Behörden sehr zögerlich, vor der gleichzeitig staatlich geförderte Technologie wegen Gesundheitsgefahren zu warnen.
Hinweis auf die Folgen einer Fehlbedienung
Auch die bei Holzheizungen vielfältig und mit schwerwiegenden Folgen mögliche Fehlbedienung muss durch aktive Aufklärung bestmöglich ausgeschlossen sein. Denn Hersteller wie Anbieter sind verpflichtet, auch auf unbeabsichtigte Schädigungen mit den angebotenen Geräten, wie durch ungeeignete Brennstoffe wie chemisch behandeltem Altholz, lückenlos hinzuweisen.
Maßstab von Warnungen kann dabei nur die zu erwartende Schädigung bei einer intensiven, täglichen Nutzung sein.
Schließlich ist im Rahmen der Verkehrssicherungspflichten auch auf die Folgen einer zu erwartenden Fehlbedienung mit zu nassem Holz oder Überlastung der Brennkammer mit zu viel Holz hinzuweisen. Die Gefahr der Verrußung, eines Kaminbrands und schlimmstenfalls tödlichen, weil unbemerkten Ausbreitung des geruchlosen Kohlenmonoxyds ist als Folge der Fehlbedienung klar zu bezeichnen.
Drohende Haftung aus unterlassener Aufklärung
Bei Unterlassung drohen nicht nur wettbewerbsrechtliche Maßnahmen, sondern auch berechtigte Mängelrügen und zivilrechtliche Haftungsansprüche betroffener Kunden wegen der durch den Betrieb eines Ofens oder der Nutzung von Brennholz verursachter Gesundheitsschäden.
Wie schnell sich angesichts einer lobbyhörigen Politik, die ähnlich wie beim Diesel-Gate jede effiziente Regulierung unterlässt und Holzverbrennung sogar noch mit massiven Zuschüssen subventioniert, die Stimmung drehen kann, wenn Abmahn- und Klagewellen rollen, kann man an der Prozesslawine nach dem Dieselgate gut erkennen.
Die lokalen Einzelhandels- und vor allem Handwerksbetriebe, die auf eine langfristige Kundenbindung mit Serviceverträgen und Folgeaufträgen setzen müssen, sollten sich gut überlegen, welche Geräte sie mit welchen Hinweisen noch anbieten wollen. Denn die Tage der Steinzeittechnologie sind offensichtlich gezählt.
Sicher ist jedenfalls, dass Verwaltungen und Regierung nicht an einer verpflichtenden Nachrüstung mit sehr aufwendigen Staubabscheidern und Katalysatoren für jegliche Holzheizung vorbeikommen werden. Umweltverbände haben bereits ein entschiedeneres Vorgehen bei Grenzwertüberschreitungen angekündigt.
Nach den Ergebnissen der weiteren Daten zur Klimaverträglichkeit der Holzenergie gemäß Teil 2 dieser Ratgeberserie ist zudem absehbar, dass es mit der Zielsetzung Klimaneutralität auch bei aktuell billigsubventionierten und steuervergünstigten Holzpellets und Brennholz dringenden Handlungsbedarf gibt. Die Anpassung der Umsatzsteuer und eine CO2-Steuer wären hier zwingend logisch und politisch unumgänglich.
Zudem finden Sie dort Hinweise auf die rechtlichen Folgen irreführender Angaben zu Emissionen und Umwelt- wie Klimaschäden beim Verkauf von Holzheizungen.
In Teil 3 stellen wir Ihnen die rechtlichen Schranken des Betriebs von Holzheizungen vor und in Teil 4 die dringend zu fordernden Abhilfemaßnahmen zum Gesundheits- und Klimaschutz
Artikel teilen: