Artikel 6 EMRK – die umfassende Garantie des fairen Verfahrens

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In der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gibt es wohl keine in der Praxis wichtigere Vorschrift als Artikel 6 EMRK.

Ein Artikel mit großer Bedeutung

Art. 6 EMRK verbürgt eine Vielzahl von prozessualen Rechten, die in Gerichtsverhandlungen und behördlichen Verfahren eine erhebliche Rolle spielen. Menschenrechtsbeschwerden werden zu einem ganz erheblichen Anteil auf die Verletzung dieser Norm gestützt, in über einem Drittel aller Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geht es darum.

In Artikel 6 der EMRK stehen umfassende Rechte, die im Grundgesetz fast auch alle bekannt sind, dort aber auf verschiedene Artikel (siehe mein Text über Justizgrundrechte, Teil 1 | Teil 2) verteilt sind.

Zahlreiche prozessuale Rechte

Ausdrücklich genannt werden folgende Rechte:

  • unabhängiges und unparteiisches Gericht in Straf- und Zivilsachen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK)
  • faires, öffentliches und schnelles Verfahren (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK)
  • Ausschluss der Öffentlichkeit nur aus zwingenden Gründen (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 EMRK)
  • öffentliche Urteilsverkündung (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 EMRK)
  • Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK)
  • Information über strafrechtliche Vorwürfe (Art. 6 Abs. 3 a) EMRK)
  • angemessene Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 b) und c) EMRK)
  • Benennung und Befragung von Zeugen (Art. 6 Abs. 3 d) EMRK)
  • Dolmetscher (Art. 6 Abs. 3 e) EMRK)

Art. 6 EMRK geht über Wortlaut hinaus

Über den Wortlaut hinaus werden aber auch noch weitere Rechte angenommen. So wird Art. 6 Abs. 1 bspw. auch auf Verwaltungsverfahren angewandt, obwohl dort nur von Zivil- und Strafrecht die Rede ist. Außerdem wird bspw. ein Recht auf Rechtsfrieden hergeleitet, dass also ein einmal gefallenes Urteil grundsätzlich endgültig ist und auch vollstreckt werden kann. Ebenso kann sich aus Art. 6 EMRK ein Verbot ergeben, unrechtmäßig beschaffte Beweise zulasten des Bürgers zu verwerten.

Insgesamt ermöglicht Art. 6 EMRK es, jedes nationale Urteil auf die Einhaltung von Mindeststandards zu überprüfen. Zu beachten ist hier jedoch, genau wie bei der Verfassungsbeschwerde, dass es nicht reicht, sich einfach nur über das "falsche Urteil" zu beschweren.

Detaillierte Menschenrechtsbeschwerde erforderlich

Vielmehr müssen detaillierte Angriffe gegen tragende Teile des Verfahrens oder der Entscheidung vorgebracht werden. Der Beschwerdeschriftsatz muss zudem die Rechtsprechung des EGMR berücksichtigen und die Verstöße klar herausarbeiten und belegen. Dies kann meist nur durch einen auf Menschenrechtsbeschwerden spezialisierten Rechtsanwalt erfolgen.

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