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Gewährleistung und Garantie: Welche Regelungen gelten bei der Mängelhaftung?

  • 19 Minuten Lesezeit
Gewährleistung und Garantie: Welche Regelungen gelten bei der Mängelhaftung?

Eine soeben gekaufte Sache erfüllt nicht die vereinbarten oder erwartbaren Anforderungen. Damit muss sich der Käufer nicht abfinden, denn es kann ein Mangel vorliegen. Der Verkäufer hat dann die Option, gegenüber dem Käufer Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Zudem kann eine oft vom Hersteller eingeräumte Garantie greifen. Wann das der Fall ist und welche Möglichkeiten Sie als Käufer haben, erklären Rechtsanwalt Kia Noghrekar und Rechtsanwalt Christian Schilling im Ratgeber.

Bei welchen Mängeln greift die Gewährleistung?

Im Kaufrecht entzünden sich die meisten Rechtsstreitigkeiten an der Frage der Gewährleistung, also der Mängelhaftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer.  

Zentraler Ausgangspunkt im Kaufrecht ist der Begriff des „Sachmangels“. Nur bei Vorliegen eines Sachmangels bei „Gefahrübergang“ (im Regelfall die Ablieferung der Ware an den Kunden) eröffnen sich dem Käufer entsprechende Rechtsbehelfe.  

Das neue, seit dem 01.01.2022 geltende Gewährleistungsrecht unterteilt den Sachmangel in drei Kategorien: Die objektiven Anforderungen, die subjektiven Anforderungen und die Montageanforderungen. Das Gesetz räumt zumindest bei Verbraucherverträgen seit dem 01.01.2022 den objektiven Anforderungen an die Ware gewissen Vorrang ein (dazu später mehr). 

Entscheidend für die Frage, ob bei der Gewährleistung das alte oder das neue ab dem 1.1.2022 geltende Recht anwendbar ist, ist das Datum des Vertragsschlusses. Bei Verträgen, die bis 31.12.2021 abgeschlossen wurden, gilt noch das alte Recht, danach das neue. 

Objektive Anforderungen an die Ware

Die objektiven Anforderungen an die Ware meinen die sogenannte „Eignung für die gewöhnliche Verwendung“ und die „übliche, erwartbare Beschaffenheit“. 

Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung umschreibt, ob die Ware sich für den üblichen Zweck, für den der Gegenstand erworben wird, eignet, so z. B. eine Spülmaschine für die private Haushaltsnutzung, ein Pkw zum Zurücklegen von Wegstrecken etc. Ein Mangel ist hier gegeben, wenn die Spülmaschine nicht spült oder der Pkw nicht fährt. 

Die übliche und erwartbare Beschaffenheit bestimmt sich beispielsweise nach der Art der Ware, so etwa dem Stand der Technik, dem Herstellungsmaterial oder etwa der Autoklasse bei einem Pkw-Kauf. 

Daneben können die öffentlichen Äußerungen des Herstellers, etwa aus der Werbung (Prospektmaterial, TV-Spots) zur Bestimmung der üblichen und erwartbaren Beschaffenheit herangezogen werden. Als Beispiele zu nennen sind hier die in Ausstattungslisten der Prospekte der Kfz-Hersteller genannten Serien- und Sonderausstattungen oder etwa die technischen Angaben zur Geschwindigkeit eines Tintenstrahldruckers. 

Auch vom Verkäufer bereitgestellte Proben oder Muster können bei der Bestimmung der erwartbaren Beschaffenheit von Bedeutung sein, so etwa im Verkaufsraum ausgestellte Vorführgeräte (Vorführwagen etc.). 

Zu guter Letzt darf der Käufer auch die Lieferung des zugehörigen Zubehörs, der Verpackung, Montage- und Installationsanleitungen etc. erwarten. 

Subjektive Anforderungen an die Ware 

Bei der Frage der Mangelhaftigkeit der gekauften Ware und der sich anschließenden Gewährleistung des Verkäufers sind als weitere Kategorie die subjektiven Anforderungen zu berücksichtigen. Hierbei geht es um die Frage, was Käufer und Verkäufer als Eigenschaften vereinbart haben, etwa hinsichtlich der Art, Menge, Qualität und Funktionalität der Ware, oder welche Eigenschaften nach der vertraglich vorausgesetzten Verwendung erforderlich sind. 

In erster Linie ist bei der Mängelhaftung die vereinbarte Beschaffenheit praxisrelevant. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr sind nach wie vor umfassende Vereinbarungen zwischen den Parteien über die Beschaffenheit der ausgetauschten Ware ohne besondere Formerfordernisse möglich. 

Im Bereich des Verbrauchergeschäfts, also bei einem Käufer, der Verbraucher ist, sind sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarungen nur noch unter besonderen, engen Voraussetzungen möglich. Als negative Beschaffenheitsvereinbarung gilt beispielsweise beim Pkw-Kauf die Eigenschaft als „Unfallauto“ oder „Mietwagen“. 

Solche Vereinbarungen sind gegenüber Verbrauchern nur noch wirksam, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht, und die Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Hintergrund ist, dass dem Käufer als Verbraucher genügend Zeit zur Überlegung über die Vertragsentscheidung eingeräumt werden soll, insbesondere Überraschungsentscheidungen vermieden werden sollen. 

Dies dürfte zweierlei erfordern: (1) Zwischen vorvertraglicher Information über die Negativabweichung und Unterzeichnung des Vertrages muss ein gewisser zeitlicher Abstand liegen (zum Beispiel eine kurze Kaffeepause) und (2) im Vertrag muss die Negativabweichung gesondert vom Käufer unterzeichnet werden, d. h., es sind im Ergebnis mindestens zwei Unterschriften erforderlich, einmal für den Vertrag selbst und zum anderen gesondert für die Vereinbarung einer negativen Abweichung. 

Durchführung einer Montage 

Soweit nach dem Vertrag auch eine Montageleistung ausgeführt werden muss, so etwa häufiger anzutreffen beim Kauf von Möbeln oder einer Einbauküche oder Maschinen, so ist die Ware nur frei von Sachmängeln, wenn die Montage sachgemäß durchgeführt wurde. Daneben ist die Montage auch dann mangelhaft, wenn zwar der Käufer die Montage selbst durchführt, jedoch die vom Verkäufer mitgelieferte Montageanleitung fehlerhaft ist. 

Falschlieferungen 

Zu guter Letzt besteht auch dann ein Sachmangel, wenn der Verkäufer eine andere als die gekaufte Sache liefert, zum Beispiel beim Autokauf nicht das bestellte Modell X, sondern das Modell Y. 

Lieferung einer zu geringen Menge 

Auch die Lieferung einer zu geringen Menge als die vertraglich vereinbarte stellt einen Sachmangel dar, beispielsweise werden statt der bestellten 10 Liter Olivenöl lediglich 5 Liter geliefert. 

Änderungen bei der Beweislastumkehr  

Im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs gibt es zahlreiche, für den Verbraucher günstige Regelungen. Die wichtigste dürfte die sogenannte Beweislastumkehr sein (§ 477 BGB). Bei der Beweislastumkehr wird vermutet, dass ein Sachmangel, der sich nach Übergabe zeigt, bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Ware vorhanden war. Dies erleichtert dem Verbraucher als Käufer die Beweisführung und Geltendmachung entsprechender Rechtsbehelfe im Rahmen der Mängelhaftung. 

Bei Verträgen, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 geschlossen worden sind, galt eine sechsmonatige Beweislastumkehr. D. h., Mängel, die binnen der ersten 6 Monate ab Ablieferung der Ware aufgetreten sind, unterlagen der Vermutung der Mangelhaftigkeit im Übergabezeitpunkt. Dabei musste der Verkäufer als Unternehmer beweisen, dass der Mangel erst nach Übergabe aufgetreten ist und im Übergabezeitpunkt noch nicht latent vorhanden war. Im Einzelfall konnte diese Beweisführung für den Verkäufer sehr schwierig werden, häufig bedurfte es der Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens. 

Bei Verträgen, die seit dem 1.1.2022 geschlossen wurden, hat sich die Rechtslage für den unternehmerischen Verkäufer nochmals verschärft oder im Umkehrschluss für den Verbraucher deutlich verbessert. Statt der bislang geltenden 6 Monate wird zugunsten des Käufers nunmehr 12 Monate nach Übergabe vermutet, dass der Mangel bereits von Anfang an bestand. Selbstverständlich kann auch hier der Verkäufer das Gegenteil beweisen, wobei jedoch anzumerken ist, dass mit zunehmendem Zeitablauf seit Übergabe die Beweisführung für den Verkäufer einfacher werden dürfte, da die Ware einem Verschleiß ausgesetzt ist.

Beispiele für Sachmängel

Der Rechtsmangel im Kaufrecht 

Neben dem Sachmangel gibt es auch den sogenannten Rechtsmangel (§ 435 BGB), für den ebenfalls Gewährleistung gilt. Hier geht es darum, dass Dritte in Bezug auf die gekaufte Sache keine Rechte gegen den Käufer geltend machen können. Hierunter fällt beispielsweise die Eintragung eines gekauften Pkw im Schengener Fahndungssystem (aufgrund eines Diebstahls), Rechte von Mietern aus Mietverträgen oder öffentlich-rechtliche Belastungen wie zum Beispiel behördliche Bauverbote oder die Widmung eines Grundstücksteils als öffentliche Straße.  

Im Bereich des Immobilienkaufs erlangen hier in das Grundbuch einzutragende Rechte eine gewisse Bedeutung: So können etwa dingliche Rechte auf dem Grundstück lasten, beispielsweise die Eintragung einer Vormerkung, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, eine Grunddienstbarkeit, Vorkaufsrechte etc. Auch hier haftet der Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung für die Freiheit von Rechtsmängeln.

Gesetzliche Gewährleistung beim Kauf und Gewährleistungsansprüche

Für den Fall, dass ein Sachmangel vorliegt, kann der Käufer gegen den Verkäufer die folgenden Ansprüche im Rahmen der Gewährleistung geltend machen: 

  • Nacherfüllung 
  • Rücktritt 
  • Minderung 
  • Schadensersatz 

Dabei hat der Käufer grundsätzlich die Wahl, welche der Rechte er geltend macht, die indes an verschiedene Voraussetzungen geknüpft sind. 

Nacherfüllung 

Liegt nach den oben beschriebenen Kriterien ein Sachmangel vor, so hat der Käufer im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung einen Gewährleistungsanspruch gegen den Verkäufer. Primärer Anspruch ist die Nacherfüllung. 

Im Rahmen der Nacherfüllung kann der Käufer vom Verkäufer entweder die sogenannte Nachbesserung (das ist im Wesentlichen die Reparatur der mangelhaften Ware) oder aber die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Zwischen der Beseitigung des Mangels und der Lieferung einer mangelfreien Sache hat der Käufer die Wahl. Auch kann der Käufer noch immer Nachlieferung verlangen, wenn er bereits zuvor vergeblich Nachbesserung verlangt hat. 

Dabei gilt der sogenannte Grundsatz des Vorrangs der Nacherfüllung. D. h., der Käufer muss zunächst primär auf Nacherfüllung dringen, bevor er zu den weiteren Rechten übergehen kann. Der Verkäufer hat sodann das Recht, aber gegebenenfalls auch die Pflicht, die Mängelrüge auf ihre Berechtigung hin zu untersuchen. Dabei hat die Untersuchung grundsätzlich am Betriebssitz des Verkäufers zu erfolgen. 

Sollten die Kosten der Nacherfüllung unverhältnismäßig hoch sein, so kann der Verkäufer die Nacherfüllung allerdings verweigern. Dies dürfte etwa der Fall sein, wenn die Kosten der Reparatur den Wert der Ware übersteigen. Im Falle der Verweigerung der Nacherfüllung bleibt es dem Käufer natürlich unbenommen, vom Vertrag zurückzutreten. 

Gleiches gilt, wenn der geltend gemachte Mangel unerheblich ist oder eine Reparatur beispielsweise aus technischen Gründen unmöglich ist. 

Entscheidet sich der Käufer für die Lieferung einer mangelfreien Sache, so kann der Verkäufer die mangelhafte Ware zurückverlangen. 

Wichtig ist, dass der Verkäufer die im Rahmen der Nacherfüllung entstehenden Kosten, insbesondere Transport-, Lohn- und Materialkosten, zu tragen hat. Im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs kann der Käufer zudem für die voraussichtlichen Aufwendungen, beispielsweise Fahrt- und Transportkosten, einen angemessenen Vorschuss vom Verkäufer verlangen. 

Grundsätzlich muss der Käufer dem Verkäufer zwei Versuche zur Nachbesserung einräumen und kann erst bei Scheitern beider Versuche vom Kaufvertrag zurücktreten. Hierbei muss der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. 

Bei Verträgen, die nach dem 1.1.2022 abgeschlossen wurden und bei denen auf der Käuferseite ein Verbraucher steht, besteht allerdings das Erfordernis zur Fristsetzung und zweimaligen Nachbesserung nicht mehr (§ 475 d BGB). Hier genügt nunmehr, dass der Unternehmer die Nacherfüllung trotz Ablaufs einer angemessenen Frist seit Unterrichtung über den Mangel schlicht nicht vorgenommen hat oder der Mangel trotz eines Nachbesserungsversuchs immer noch fortbesteht. Gleiches gilt bei besonders schwerwiegenden Mängeln, bei Verweigerung der Nacherfüllung oder wenn nach den Umständen absehbar ist, dass der Unternehmer eine Nacherfüllung nicht vornehmen wird. Hier wird künftig eine Einzelfallbetrachtung durch die Rechtsprechung vorzunehmen sein. 

Rücktritt 

Der Käufer kann unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungsfrist auch vom Vertrag zurücktreten. Dies setzt im Normalfall voraus, dass er dem Verkäufer durch Fristsetzung die Gelegenheit zur Beseitigung des Mangels (Nacherfüllung) gegeben hat. Im unternehmerischen Verkehr bedarf es hier nach wie vor eines zweimaligen Scheiterns der Nacherfüllung, einer Verweigerung der Nacherfüllung durch den Verkäufer oder der erwähnten Unmöglichkeit. 

Wie bereits oben erwähnt, gilt dies jedoch seit dem 1.1.2022 im Bereich der Verbraucherverträge nicht mehr. Eine Fristsetzung durch den Verbraucher als Käufer ist insoweit nicht mehr erforderlich, es genügt, dass nach einer Mängelanzeige eine angemessene Frist abgelaufen ist, ohne dass der Unternehmer den Mangel beseitigt hätte. 

Der Rücktritt ist grundsätzlich nicht möglich bei lediglich unerheblichen Pflichtverletzungen des Verkäufers. Ob ein Sachmangel erheblich oder unerheblich ist, ist grundsätzlich eine Wertungsfrage im Einzelfall. Der Bundesgerichtshof hat jedoch entschieden, dass eine Erheblichkeit im Regelfall anzunehmen ist, wenn die Reparaturkosten zur Beseitigung des Mangels 5 % des Kaufpreises erreichen. Es ist jedoch nicht der Umkehrschluss erlaubt, dass jeder Mangel unterhalb von 5 % des Kaufpreises unerheblich wäre, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch das im Einzelfall vorhandene Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung eine Rolle spielen kann. Es gibt also auch Mängel, die mit geringem Aufwand beseitigt werden können, jedoch die Nutzbarkeit der Ware erheblich einschränken. 

Durch den Rücktritt wird der Kaufvertrag umfassend rückabgewickelt, d. h., der Käufer hat die Ware dem Verkäufer zurückzugeben und erhält im Gegenzug den Kaufpreis zurück. Dabei hat der Verkäufer im Regelfall die Ware beim Käufer auf eigene Kosten abzuholen. 

Wichtig und zentral ist allerdings der Umstand, dass der Käufer für die zwischenzeitliche Nutzung der Ware einen sogenannten Nutzungsersatz leisten muss. Beispielsweise sind beim Pkw-Kauf die gefahrenen Kilometer zu vergüten. 

Minderung 

Anstatt vom Kaufvertrag zurückzutreten, kann der Käufer auch durch Erklärung den Kaufpreis nachträglich mindern. Bei der Minderung spielt es im Gegensatz zum Rücktritt keine Rolle, ob der Sachmangel erheblich oder unerheblich ist. Gemäß § 441 BGB ist bei der Minderung durch Erklärung des Käufers der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Ware in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert (mangelbehaftet) gestanden haben würde. 

Der Minderwert ist durch Schätzung zu ermitteln und begegnet in der Praxis zahlreichen Problemen, weshalb aus anwaltlicher Sicht im Regelfall von der Erklärung der Minderung abzuraten ist. 

Zum einen ist der Minderwert nicht mit den Mangelbeseitigungskosten gleichzusetzen, sondern kann im Einzelfall deutlich niedriger sein. 

Beispiel: Der Käufer eines Pkw moniert das Fehlen von vertraglich vereinbarten Ausstattungsmerkmalen (Rückfahrkamera und Navigationsgerät). Die Nachrüstung beider Ausstattungsmerkmale würde in einer Fachwerkstatt 2500 EUR kosten. 

Verbreiteter Irrglaube ist nun, dass der Käufer hier als Minderungsbetrag den Kaufpreis um 2500 EUR mindern könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. 

Bei der Minderung ist nicht der Wert der Ausstattungsmerkmale nach der Aufpreisliste des Herstellers heranzuziehen, sondern der merkantile Minderwert. 

Es ist also zu fragen, welchen Marktwert die Fahrzeuge jeweils mit und ohne die genannten Ausstattungsmerkmale haben. Anders gewendet geht es um die Frage, ob ein objektiver Dritter einen geringeren Preis für das Fahrzeug zahlen würde, wenn dieses nicht über die genannten Merkmale verfügt. 

Im obigen Beispiel ist davon auszugehen, dass ein Fahrzeug ohne Navigationsgerät und Rückfahrkamera gegebenenfalls lediglich 500 bis 1000 EUR günstiger gehandelt würde als eines mit der entsprechenden Ausstattung. Oft werden die Fahrzeuge unabhängig von bestimmten Ausstattungsmerkmalen zu identischen Preisen gehandelt. Für die Ausstattungsmerkmale gibt es keinen relevanten Markt, sodass auch ein Sachverständiger keinen merkantilen Minderwert feststellen kann. 

Zudem kann es im Einzelfall passieren, dass der Käufer die Ware ursprünglich günstiger erworben hatte, als der Marktpreis es gerechtfertigt hätte. Auch dies „frisst“ einen etwaigen Minderwert rechnerisch auf. 

Es gibt jedoch durchaus andere Fallkonstellationen, wo die Beseitigungskosten für den Mangel mit dem Minderwert identisch sein können. 

Der Vorteil ist, dass der Käufer die mangelbehaftete Ware unkompliziert behalten kann, was sich insbesondere bei technisch unbedeutenden Mängeln, beispielsweise lediglich kosmetischen Mängeln, lohnen kann. 

Dabei gilt folgende Formel zur Berechnung der Minderung:  

Geminderter Kaufpreis = Wert der mangelhaften Sache x Kaufpreis : tatsächlicher Wert in mangelfreiem Zustand 

Schadensersatz 

Der Käufer hat zudem die Möglichkeit, neben den genannten Rechtsbehelfen auch Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend zu machen. Insbesondere schließt die Erklärung des Rücktritts einen Schadensersatzanspruch nicht aus. 

Grundsätzlich zu differenzieren ist hier zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung. 

Beim Schadensersatz statt der Leistung kann der Käufer beispielsweise die Kosten für die Beseitigung von Mängeln, die der Verkäufer nicht vorgenommen hat, fordern. Beispielsweise kann der Käufer bei einem defekten Motor nach Ablauf der gesetzten Nachfrist den Schaden in einer Werkstatt beheben lassen und sodann die Beseitigungskosten vom Verkäufer verlangen. Der Schadensersatzanspruch setzt den erfolglosen Ablauf einer Nachfrist voraus, d. h., der Verkäufer muss zunächst die Gelegenheit gehabt haben, den Mangel im Rahmen der Nacherfüllung zu beseitigen und drohende Folgeschäden zu verhindern. 

Beim Schadensersatz neben der Leistung handelt es sich häufig um sogenannte Mangelfolgeschäden. Beispiel: Ein defektes Computerkabel verursacht einen Brand, wodurch die Büroeinrichtung beschädigt wird. 

Wichtig ist, dass ein Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu den Mängelgewährleistungsrechten ein Verschulden des Verkäufers voraussetzt. Das Gesetz vermutet das Verschulden des Verkäufers, der Verkäufer kann jedoch den Beweis für seine Entlastung antreten. Der Verkäufer muss sich allerdings ein etwaiges Verschulden weiterer Personen, die er zur Erfüllung seiner eigenen Verpflichtungen eingeschaltet hat, zurechnen lassen.  

Beispiel: So liegt der Fall etwa, wenn ein Gebrauchtwagenhändler sich im Rahmen einer Reparaturmaßnahme eines Werkstattbetriebes bedient und die Reparatur dort fehlerhaft erfolgt. 

Im Hinblick auf Mangelfolgeschäden kommt zudem eine Produkthaftung des Herstellers nach dem Produkthaftungsgesetz in Betracht. Der Hersteller haftet verschuldensunabhängig für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit oder an anderen Sachen, die auf einen Fehler eines Produkts zurückzuführen sind. 

Aufwendungsersatz 

Anstelle des Schadensersatzes (und nicht zusätzlich) kann der Käufer auch den Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen vom Käufer verlangen. Auch dieser Anspruch setzt ein Verschulden des Verkäufers voraus, das vermutet wird und widerlegbar ist. 

Aufwendungsersatz setzt voraus, dass der Käufer Aufwendungen auf eine gekaufte Sache getätigt hat, die sich später als mangelhaft erweist. Vergeblich sind diese Aufwendungen im Regelfall, wenn der Käufer die Sache später wegen ihrer Mangelhaftigkeit zurückgeben muss und deshalb auch die Investitionen nutzlos geworden sind. 

Beispiel: So können etwa bei einem Pkw-Kauf die Lackierung der Stoßfänger, der Kauf von Leichtmetallfelgen und Breitreifen sowie die Nachrüstung von Ausstattungsmerkmalen wie Tempomat, Navigationssystem etc. im Falle des späteren Rücktritts vergebliche Aufwendungen sein. Maßgeblich ist, dass die Aufwendungen wegen des Mangels ihren Zweck verfehlen.  

Werden die Investitionen erst nach Entdeckung des Mangels oder dem bereits erklärten Rücktritt getätigt, kann es jedoch an dem erforderlichen Vertrauen auf den Erhalt der Leistung fehlen.

Gewährleistungsfrist: Wie lange gilt die Mängelhaftung?

Gewährleistungsansprüche des Käufers unterliegen der Verjährung. Nach Eintritt der Verjährung  darf der Verkäufer eine Nacherfüllung verweigern und muss auch keinen Schadensersatz leisten. Der Käufer kann nicht mehr wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Rücktritt und Minderung muss er somit vor Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist erklären.  

Beginn und Ablauf der Gewährleistungsfrist sind unabhängig davon, welches der verschiedenen Mängelrechte der Käufer im Einzelfall geltend macht. Für den Beginn der Frist spielt es zudem keine Rolle, wann Kenntnis vom Mangel erlangt wurde. Allein entscheidend ist, wann die Kaufsache geliefert bzw. beim Grundstückskauf das Grundstück an den Käufer übergeben wurde. Mit der Ablieferung/Übergabe beginnt auch die Gewährleistungsfrist zu laufen. Kommt der Verkäufer einem Nacherfüllungsverlangen des Käufers vorbehaltlos nach, fängt die Frist regelmäßig wieder von Beginn an zu laufen. Bei Verhandlungen über den Mangelanspruch ist der Lauf der Frist unterbrochen, bis eine der Parteien die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. 

Die Länge der Gewährleistungsfrist hängt davon ab, worum es sich bei der Kaufsache handelt und ob ein Sach- oder ein Rechtsmangel gegeben ist. Bei Bauwerken und Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für das Bauwerk verwendet worden sind, beträgt die Frist für Sachmängel fünf Jahre. Bei allen anderen Kaufsachen beträgt die Frist für Sachmängel zwei Jahre.  

Bei Rechtsmängeln verlängert sich die Frist auf 30 Jahre, wenn ein Dritter aufgrund eines dinglichen Rechts (insb. Eigentum) die Herausgabe der Kaufsache vom Käufer verlangen kann oder im Falle eines im Grundbuch eingetragenen Rechts eines Dritten. 

Eine Ausnahme macht das Gesetz im Fall eines vorsätzlichen Handelns des Verkäufers. Hat dieser den Mangel arglistig verschwiegen, gilt zum Schutz des Käufers die „regelmäßige“ Verjährung. Diese beträgt einheitlich drei Jahre zum Schluss des Jahres, beginnt jedoch erst zu laufen, nachdem der Käufer Kenntnis vom Mangel erlangt hat. Zur Bejahung der Arglist des Verkäufers ist seine sichere Kenntnis vom Mangel oder gar sein absichtliches Vorgehen zum Schaden des Käufers nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Verkäufer den Mangel für möglich hält und zugleich damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. 

Aufgrund der Privatautonomie kann die Mängelhaftung des Verkäufers durch eine vertragliche Individualvereinbarung der Parteien ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, zum Schutz des Verbrauchers beim Verbrauchsgüterkauf (Verbraucher kauft vom Unternehmer eine bewegliche Sache), aber nur und erst, nachdem der Verbraucher vom Mangel Kenntnis erlangt und diesen dem Unternehmer mitgeteilt hat (oder umgekehrt).  

Die gesetzliche Gewährleistungsfrist kann dagegen auch beim Verbrauchsgüterkauf bereits vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer durch Vereinbarung der Parteien verkürzt werden, bei neuen Sachen aber nicht auf weniger als zwei Jahre und bei gebrauchten Sachen nicht auf weniger als ein Jahr ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn.

Garantie: Unterschied zur Gewährleistung

Von der Gewährleistung zu unterscheiden ist die Garantie. Mit dieser geht der Garantiegeber „zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung“ eine Verpflichtung gegenüber dem Käufer ein (§ 443 Abs. 1 BGB). Als mögliche Verpflichtungen nennt das Gesetz exemplarisch die Erstattung des Kaufpreises, den Austausch der Kaufsache, die Nachbesserung und die Erbringung von sonstigen Dienstleistungen. Je nachdem, wer Garantiegeber ist, wird von Verkäufer- oder Herstellergarantie gesprochen. 

Anders als die Gewährleistung folgt der Garantieanspruch nicht aus dem Gesetz, sondern unmittelbar aus der Garantieerklärung als privatrechtlicher Verpflichtungserklärung und richtet sich ausschließlich gegen den Garantiegeber. Wie der Gesetzestext (§ 443 Abs. 1 BGB) zeigt, kann auch eine vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbare einschlägige Werbung eine Garantieerklärung darstellen. Durch die Garantie werden die gesetzlichen Gewährleistungsrechte nicht berührt. Die gesetzliche Mängelhaftung des Verkäufers bleibt unverändert bestehen.  

Voraussetzungen und Inhalt des Garantieanspruchs bestimmt der Garantiegeber in der Garantieerklärung. Dies betrifft insb. die Beschreibung des Garantiefalls. Hat der Verkäufer eine Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache übernommen (Beschaffenheitsgarantie), kann er sich auf eine anderweitige Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen (§ 444 BGB).  

Bei der Haltbarkeitsgarantie übernimmt der Garantiegeber eine Garantie dafür, dass die Garantiesache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält. Tritt während der Geltungsdauer der Haltbarkeitsgarantie ein Sachmangel auf, wird gesetzlich vermutet, dass der Sachmangel die Rechte aus der Garantie begründet (§ 443 Abs. 2 BGB). Regelmäßig sieht die Garantie vor, dass der Mangel bzw. der Garantiefall dem Garantiegeber innerhalb der Garantiezeit anzuzeigen und Beseitigung zu verlangen ist. Die Anzeige sollte zu Beweissicherungszwecken schriftlich erfolgen.

Gewährleistung und Garantie: Was ist der Unterschied?

Beim Verbrauchsgüterkauf statuiert das Gesetz verschiedene Mindestanforderungen für den Inhalt der Garantieerklärung (§ 479 BGB), z. B. das vom Verbraucher für die Geltendmachung der Garantie einzuhaltende Verfahren und die Bestimmungen der Garantie, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes. Die Garantieerklärung ist dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Wird eine dieser Anforderungen nicht eingehalten, berührt dies jedoch nicht die Wirksamkeit der Garantieverpflichtung des Garantiegebers. Im Falle einer Haltbarkeitsgarantie des Herstellers hat der Verbraucher verschiedene Nacherfüllungsansprüche als gesetzliche Mindestansprüche (§ 479 Abs. 3 BGB).

Gewährleistung und Garantie: So gehen Sie vor!

Überprüfen Sie den Kaufvertrag samt AGB vorsorglich auf besondere Regelungen zur Verjährung.  

Unabhängig von der Frage einer etwaigen Wirksamkeit sollten Sie rechtzeitig vor Ablauf einer im Vertrag genannten Verjährungsfrist alle Voraussetzungen für die Durchsetzung des von Ihnen verfolgten Gewährleistungsrechts schaffen. Das bedeutet zunächst, den festgestellten Mangel dem Verkäufer anzuzeigen und im Rahmen der Mängelhaftung Nacherfüllung (Nachbesserung oder Neulieferung) sowie ggf. bereits Schadensersatz zu verlangen. Dem Verkäufer sollten Sie dabei bereits eine konkrete Frist zur Vornahme der verlangten Nacherfüllung bzw. zur Zahlung des begehrten Schadensersatzes setzen. Um die Verjährung Ihrer Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche zu verhindern, müssen Sie diesbezüglich rechtzeitig vor Ablauf der Gewährleistungsfrist gerichtliche Schritte gegen den Verkäufer einleiten (insb. Klage einreichen).  

Scheitert die verlangte Nacherfüllung, verweigert der Verkäufer diese oder stellt sich diese als unmöglich heraus, müssen der Rücktritt vom Kaufvertrag oder die Minderung des Kaufpreises als Gestaltungsrechte zwingend vor Ablauf der Gewährleistungsfrist dem Verkäufer gegenüber erklärt werden. Zu Beweissicherungszwecken sollten Sie sämtliche Erklärungen schriftlich bzw. per Mail/Fax abgeben. 

Überprüfen Sie ferner, ob es für die Kaufsache eine Garantieerklärung des Verkäufers oder des Herstellers gibt, ggf. auch in der Werbung (insb. Beschaffenheitsgarantie oder Haltbarkeitsgarantie). Wenn das der Fall ist, sollten Sie zur Wahrung Ihrer Garantieansprüche unbedingt das in der Garantieerklärung beschriebene Verfahren für die Geltendmachung der Garantie einhalten. Dabei sollten Sie stets ein Auge darauf haben, ob die Garantie Ihnen zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung weitere Rechte gegen den Verkäufer oder den Hersteller einräumt, durch die Sie das gewünschte Ziel schneller und effektiver erreichen können.  

Bei bestehenden Zweifeln und Schwierigkeiten bei der Anspruchsdurchsetzung gegenüber dem Verkäufer bzw. Garantiegeber empfiehlt es sich immer, anwaltlichen Rat und Unterstützung hinzuzuziehen.

Häufige Fragen und Antworten zu Gewährleistung und Garantie

Was ist der Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie?

Bei der Garantie handelt es sich um eine freiwillige Verpflichtung gegenüber anderen. Der Garantiegeber kann also entscheiden, ob, wie und wem gegenüber er einen Garantieanspruch geben will. Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte gelten dagegen unabhängig vom Willen des Vertragspartners. Er kann sie allenfalls in gesetzlich vorgegebenen Grenzen einschränken.

In der Regel gibt der Hersteller eines Produkts eine Garantie, seltener der Verkäufer. Oft will der Garantiegeber dafür einstehen, dass die Kaufsache eine von ihm bestimmte Qualität für einen von ihm festgelegten Zeitraum behält. Ist das nicht der Fall, kann der Begünstigte dann den Garantieanspruch gegen den Garantiegeber geltend machen.

Bei einer sogenannten unselbstständigen Garantie erweitert der Garantiegeber lediglich die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Zum Beispiel kann er eine längere als nach dem Gesetz geltende Gewährleistungsfrist einräumen. Eine selbstständige Garantie gilt dagegen selbstständig neben den gesetzlichen Gewährleistungsrechten und gibt einen eigenen Anspruch.

Wann beginnt die Gewährleistungsfrist zu laufen?

Die Gewährungsfrist beginnt bei beweglichen Sachen regelmäßig mit der Ablieferung beim Käufer. Oft fällt diese mit deren Übergabe zusammen. Wird die Kaufsache geliefert, genügt jedoch regelmäßig die Bereitstellung am Lieferort. Muss die Kaufsache noch vereinbarungsgemäß eingebaut oder montiert werden, beginnt die Frist erst, wenn das vollständig erfolgt ist.

Foto(s): ©Shutterstock/Nattakorn_Maneerat, ©anwalt.de/LES

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